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Pussy Riot ist wieder da

In einem Video toben vier Frauen der Punkband Pussy Riot mit bunten Masken über dem Gesicht auf einer Tankstelle, malträtieren Gitarren auf Ölpumpen und tollen über Güterwaggons mit Öl. Dabei sitzen die Mitglieder eigentlich wegen einer Kunstaktion im Lager.

Von Thomas Franke | 18.07.2013
    "Du ziehst die Maske über und ..."

    "Ich habe die Maske übergezogen, als eine Frau, die bereit ist, ihre Individualität aufzugeben zugunsten eines gemeinsamen guten Ziels."

    Das Video ist ein erneuter Angriff auf die Machtstrukturen:

    O-Ton Video: "Ihr habt einen Präsidenten, wie die Ayatollahs im Iran. Und Eure Kirche ist wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Bösewichte an den Öltürmen, pumpt, bis alles trocken ist. An der Physikhochschule wird Religion gelehrt. Schulterstücke und Ölquellen. Navalny ist im Knast. Hugo Chavez lebt. Wie in einem roten Gefängnis."

    So heißt auch das Stück. Rote Gefängnisse sind die Lager, in denen Gefangene vollständig kontrolliert werden. Die Macherinnen des neuen Videos sind offensichtlich unbekannt. Der Text soll von der inhaftierten Nadja Tolokonikowa stammen. Katja Samuzewitsch, die auf Bewährung in Freiheit ist, will sich nicht äußern. Sie kenne die Frauen nicht.

    "Grundsätzlich sind Nadja Tolokonikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch nicht mehr so richtig Pussy Riot, sondern enttarnte Pussy Riot. Die, denen man die Maske herunter gerissen hat."

    Wer darf sich Pussy Riot nennen? Wer öffentlich auftreten? Dem Mann der inhaftierten Nadja Tolokonikowa wird vorgeworfen, Pussy Riot zu vermarkten.

    "Man sollte nicht darüber diskutieren, wem Pussy Riot gehört. Denn Pussy Riot ist eine Sicht auf die Welt. Pussy Riot ist nicht ein Mensch, nicht mal ein halber Mensch. Pussy Riot ist kein bestimmtes Gesicht, alt oder jung, hässlich oder schön. Das ist alles unwichtig. Es ist aber sehr wichtig, dass jede persönliche Identität fehlt."

    O-Töne Demonstration: "”Nachdem Unterstützer mit so einer Maske auf der Straße verhaftet wurden, wurde es gefährlich. Aber für mich ist das kein Hindernis, sie zu tragen.""

    "Das ist ein Symbol für diesen Kampf, ein Symbol für diesen großen Aufstand."

    "Vielleicht sollten alle eine Maske überziehen und in diesem anarchischen Chaos losgehen, um die Welt zu verändern."

    O-Ton Video: "Bös fickender Sexist, lasst das Loch in Ruhe."

    Derartige Fäkalsprache ist in Russland ein Tabubruch. An einer Pferdekopfpumpe klebt ein Bild von Ölboss und Putin-Freund Igor Setschin. Eine Frau mit bunter Maske übergießt es mit Öl.

    O-Ton Video: "Homophober Arsch, verschwinde aus der Bildfläche."

    "Wenn niemand weitermacht, gibt es keine weiteren Videos und auch kein Pussy Riot mehr. Es ist deshalb sehr wichtig, nicht zu fragen, wer diese Frauen waren. Ob sie zur Gruppe Pussy Riot gehören, ob sie Bekannte von Mascha und Nadja sind, das ist total unwichtig. Es ist wichtiger, dass es die Idee Pussy Riot gibt. Dass sie funktioniert und diese Gesellschaft analysiert und kritisiert."