Wie weit die Übereinstimmungen zwischen den Regierungen Ungarns und Russlands gehen, wurde letzte Woche in Moskau deutlich, als die Außenminister beider Länder den Staatsbesuch Putins in Budapest vorbereiteten. Der Ungar Peter Szijjarto verriet der russischen Zeitung "Kommersant", ihm gefalle Russlands Auslandssender "RT". Das Europaparlament hingegen wirft dem russischen Staatssender antieuropäische Propaganda vor.
Die Sanktionen gegen Russland, getragen von allen EU-Staaten, Ungarn inklusive, bezeichnete Szijjarto in Moskau als "ineffektiv und schädlich". Ungarn wolle eine Säule beim Neustart der Beziehungen zwischen Russland und der EU werden. Und bei einer Pressekonferenz mit seinem russischen Amtskollegen sagte er – hier in den Worten des Dolmetschers:
"Der Konflikt zwischen der EU und Russland hat für Ungarn schlimme Folgen. Als Ungar habe ich eine interessante historische Beobachtung gemacht. Wenn der Osten und der Westen miteinander streiten, dann verliert immer Zentraleuropa. Für Ungarn als einem zentraleuropäischen Staat ist es unabdingbar, dass der Westen und der Osten positiv, kultiviert und pragmatisch zusammenarbeiten."
Handel zwischen Ungarn und Russland gesunken
Der bilaterale Handel zwischen Ungarn und Russland ist in den letzten drei Jahren auf die Hälfte gesunken, die Regierungen machen dafür die Sanktionen gegen Russland verantwortlich. Ungarns Regierungschef Orban hat Russlands Präsidenten zuletzt vor zwei Jahren empfangen. Damals war Putin in der EU wegen der Annexion der Krim nicht gern gesehen.
Anfang 2016 kam Orban dann zum Gegenbesuch nach Moskau. Putin lobte ihn als Retter der europäischen Identität. Mittlerweile hat Russland international an Gewicht gewonnen. Der heutige Besuch steht zudem im Kontext von Donald Trumps Wahlsieg in den USA. Die Regierungen Ungarns und Russlands hoffen auf eine neue amerikanische Außenpolitik und versprechen sich davon Vorteile. Ungarns Außenminister Szijjarto in Moskau:
"Dass Donald Trump den Export von Demokratie stoppen will, ist eine gute Nachricht."
Die USA hätten sich mehrfach in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt, so Szijjarto. Und Außenminister Sergej Lawrow meinte:
"Donald Trump setzt in der internationalen Politik nicht auf Ideologie, nicht darauf, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen, sondern auf die ureigenen Interessen der USA. So eine Position vertritt auch Russland in der Außenpolitik."
Wirtschaftliche Themen auf der Tagesordnung
Ungeachtet der geopolitischen Entwicklungen stehen bei dem Treffen in Budapest aber vor allem wirtschaftliche Fragen auf der Tagesordnung. Allen voran der geplante Ausbau des Atomkraftwerkes Paks. Es wurde noch mit sowjetischer Technologie errichtet. Der russische Staatskonzern Rosatom will das AKW erweitern. Russland hat vor Jahren zugesichert, das Projekt mit einem Milliardenkredit zu finanzieren. Außenminister Lawrow sagte dazu letzte Woche:
"Unsere ungarischen Partner haben bestätigt, dass Budapest am Ausbau des Atomkraftwerks mithilfe von Rosatom festhält. Das bilaterale Abkommen reicht vom Bau über die Lieferung von Brennstäben bis hin zur technischen Wartung des Kraftwerks. Das ist ein strategisches Projekt."
Atomkraftwerke schlüsselfertig – neben Rohstoffen und Waffen zählen sie zu den wenigen international gefragten russischen Exportgütern. Der Baubeginn in Paks ist für 2018 geplant. In der EU ist das Projekt umstritten, die Europäische Kommission vermutete Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Putins Berater Jurij Uschakow warf der EU gestern vor, das Projekt künstlich hinauszuzögern. Er sprach von "Schikanen".
Aus dem Kreml heißt es, Putin und Orban wollten in Budapest auch über Gas reden: Über einen möglichen Abzweiger für die russische Exportpipeline Nord Stream durch die Ostsee und über die geplante Gasröhre Turkish Stream durch das Schwarze Meer. Ungarn bezieht 60 Prozent seines Gases aus Russland und dies zu einem vergleichsweise günstigen Preis. Orban könnte versuchen, einen weiteren Preisnachlass zu erwirken.