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Putsch auf Zypern
"Der Aufstand ist misslungen"

Mit einem Putsch sollte vor 40 Jahren der Anschluss Zyperns an Griechenland erreicht werden. Nur wenige Tage später besetzten türkische Truppen die Insel, auch, um die türkische Minderheit dort zu schützen. Der Putsch und die Militäraktion danach war der Höhepunkt des Zypernkonflikts, der bis heute nicht gelöst ist.

Von Andreas Baum |
    Türkische Panzer in einem Dorf im türkisch besetzten Teil der Insel, aufgenommen im August 1974.
    Unter dem Eindruck eines drohenden Anschlusses der von Griechen und Türken bewohnten Mittelmeerinsel an Griechenland landeten am 20. Juli 1974 türkische Truppen auf Zypern und besetzten rund 40 Prozent des Territoriums im Norden und Nordosten. (dpa / Mehmet Biber)
    In der Mittagshitze des 15. Juli 1974 fährt ein kleiner Konvoi gepanzerter Fahrzeuge durch das Troodos-Gebirge in der Mitte der Insel Zypern. Makarios III., Erzbischof und gewählter Präsident der Republik, ist auf der Flucht. Andreas Neophitou, Makarios‘ Neffe und Mitglied seiner Leibwache, erinnert sich später.
    "Wir suchten Schutz in der Basis der Vereinten Nationen. Wir haben wie durch ein Wunder überlebt. Ich glaube heute, nicht wir haben ihn beschützt, sondern er uns."
    Am Morgen desselben Tages waren Panzer vor dem Regierungssitz in Nikosia aufgefahren. Die zyprische Nationalgarde wollte Makarios aus dem Amt jagen - und sie hatte Befehl, ihn zu ermorden. Wenige Stunden später traf Makarios in Paphos ein, der Hafenstadt an der Südküste der Insel, und begab sich sofort in den örtlichen Radiosender.
    "Hier ist Radio Paphos. Hier spricht Makarios. Ich lebe und bin weiter Präsident der Republik Zypern. Sie haben versucht, mich umzubringen. Aber es ist ihnen nicht gelungen. Ich lebe. Der Aufstand wurde von griechischen Offizieren und Soldaten verübt. Er wurde von Griechenland gesteuert. Der Aufstand ist misslungen. Wir kämpfen weiter."
    Makarios steht für ein unabhängiges Zypern
    Die Verschwörer sind griechische Offiziere der zyprischen Nationalgarde - die ihre Befehle aus Athen erhalten. Denn Griechenland ist, gemeinsam mit der Türkei und dem Vereinigten Königreich, eine der Garantiemächte für den Bestand des zyprischen Staates. In Athen herrscht allerdings seit sieben Jahren eine Militärdiktatur. Die Obristen, die sich 1967 an die Macht putschten, befinden sich 1974 in einer ernsten Krise. In der Ägäis ist Erdöl gefunden worden, das sowohl von der Türkei als auch von Griechenland beansprucht wird. Gleichzeitig plagen Dimitros Ioannidis, den Chef der Junta, rebellierende Studenten und soziale Probleme. Um die Massen wieder hinter sich zu bekommen, setzt er auf das emotionale Thema Zypern. Die Vereinigung mit Griechenland, die Enosis, soll das Ziel sein. Dabei steht ihm Erzbischof Makarios im Weg. Seit die Obristen in Athen herrschen, kämpft Makarios gegen die Vereinigung mit Griechenland. Er steht für eine unabhängige, geeinte und freie Insel Zypern, die Platz für alle Ethnien hat - auch eine Teilung, die Taksim, wie die Türken sie fordern, kommt für ihn nicht in Betracht.
    "Teilung ist eine praktische Unmöglichkeit in Zypern, weil es in keiner Region dieser Insel eine türkische Mehrheit gibt. Im Übrigen würde eine Teilung sich für die ganze Insel katastrophal auswirken. Für Griechen und Türken gleichermaßen."
    Als Makarios am 2. Juli 1974 den Abzug der griechischen Truppen von der Insel fordert, befiehlt Ioannidis, ihn zu ermorden. Und obwohl der Erzbischof überlebt, regiert in Nikosia nun eine Clique von Putschisten rund um den rechtsradikalen Politiker Nikos Sampson, der sich rühmt, in den Fünfzigerjahren Hunderte von Inseltürken ermordet zu haben. Es dauert nur wenige Tage, bis der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit reagiert.
    Der Putsch bringt Griechenland die Freiheit
    "Wir haben erfahren, dass die Griechen ihre Truppen auf Zypern weiter verstärken. Bis heute morgen haben wir nichts dagegen unternommen. Haben versucht, auf diplomatischem Weg die Krise zu lösen. Seit heute Morgen sechs Uhr haben unsere Einheiten mit der Invasion der Insel begonnen, um den Putsch der Griechen niederzuschlagen. Wir eilen unseren türkischen Brüdern zu Hilfe."
    Die Türkei ist Garantiemacht, und Ankara beruft sich auf sein Recht, die verfassungsgemäßen Verhältnisse wiederherzustellen. So steht es im Londoner Garantievertrag von 1959. Ein britischer BBC-Reporter beschreibt am Morgen des 20. Juli 1974 die Operation Attila, die Invasion der türkischen Armee.
    "Jetzt ist es sechs Uhr und drei Minuten. Die ersten türkischen Truppen sind auf Zypern gelandet. Die ersten Fallschirmjäger erreichen in diesem Moment zyprischen Boden."
    Im August 1974 weitet Ankara die Invasion noch einmal aus und besetzt den gesamten Nordteil der Insel, 37 Prozent der Fläche. Paradoxerweise bringt der Coup für Griechenland die Freiheit. Die Junta bricht zusammen, Diktator Ioannidis muss für den Rest seines Lebens ins Gefängnis, und der Übergang zur Demokratie wird eingeleitet. Zypern dagegen ist bis heute geteilt.