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Putschversuch in der Türkei
Armeechef erklärt Revolte für gescheitert

Der kommissarische Generalstabschef hat den Putschversuch für beendet erklärt. Der gestern Abend von Teilen des Militärs gestartete Versuch, die Macht im Land an sich zu reißen, sei gescheitert. Die Zahl der Todesopfer steigt weiter. Mehr als 2.800 Armeeangehörige wurden festgenommen.

    Sie sehen viele Menschen auf der Bosporusbrücke in Istanbul.
    Menschen ziehen über die Bosporusbrücke in Istanbul. (AFP / Ozan Kose)
    Gestern Abend hatten Teile der Armee verkündet, dass sie die Macht übernehmen. Sie riefen das Kriegsrecht aus und verhängten eine Ausgangssperre. Soldaten bezogen an strategisch wichtigen Punkten in der Hauptstadt Ankara und in Istanbul Position. In beiden Städten waren auch Kampfflugzeuge und Hubschrauber in der Luft.
    In der Nacht rief dann Präsident Erdogan seine Anhänger auf, gegen die Putschisten zu demonstrieren. Daraufhin gingen tausende Menschen auf die Straßen. Erdogan selbst kehrte aus dem Urlaub zurück und wandte sich vor dem Flughafen an seine Unterstützer. Er sagte, die Putschisten hätten keinen Erfolg, so lange man sich ihnen mit aller Kraft entgegenstelle. Die Regierung sei weiterhin im Amt, ebenso er selbst.
    Die Gülen-Bewegung weist jede Beteiligung von sich
    Schon vorher hatte der Präsident klargestellt, die Aufständischen würden einen "hohen Preis" für ihren Verrat bezahlen. Er machte die Anhänger des muslimischen Geistlichen Fethullah Gülen für den Putsch verantwortlich. Erdogan und Gülen waren früher Weggefährten, haben sich aber überworfen. Inzwischen geht die Regierung seit längerem mit aller Härte gegen Unterstützer der Gülen-Bewegung vor. Gülen selbst lebt in den USA. Er wies die Vorwürfe in aller Schärfe zurück und distanzierte sich ausdrücklich von dem Putsch.
    Die Lage im Land ist auch zur Stunde noch unübersichtlich, allerdings gibt die Regierung an, dass die Putschisten zurückgedrängt wurden. Laut Justizminister Bekir Bozdag haben die Aufständischen kein wichtiges Gebäude unter Kontrolle.
    Bei dem Putschversuch in der Türkei sind nach Angaben des Militärs insgesamt 194 Menschen ums Leben gekommen. Darunter seien 47 Zivilisten und 104 Putschisten, sagte der kommissarische Militärchef Ümit Dündar. Dazu kämen 41 Polizisten und zwei Soldaten. Es soll mehr als 1.150 Verletzte geben. Nach Regierungsangaben wurdne mehr als 2.800 Menschen festgenommen.
    Tusk: "Von Stabilisierung weit entfernt"
    Generalstabschef Hulusi Akar soll inzwischen in Sicherheit sein. Zuvor hatte es geheißen, die Putschisten hätten ihn als Geisel genommen. Daraufhin war Dündar zum kommissarischen Armeechef ernannt worden.
    Im Ausland wurde der Putsch einhellig verurteilt, viele Länder stellten sich hinter die Regierung in Ankara. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, die Lage scheine inzwischen zwar unter Kontrolle zu sein. Die Situation sei aber von einer Stabilisierung weit entfernt. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, twitterte, die demokratische Ordnung in der Türkei sei zu respektieren.
    (jsc/fwa)