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Qualifizierungsprogramm
Geflüchtete Lehrer geben erstmals Unterricht

Die Universität Potsdam startete im April diesen Jahres ein bundesweit einzigartiges Qualifizierungsprogramm für geflüchtete Lehrerinnen und Lehrer. Nach dem Sprachprogramm und pädagogischen Seminaren beginnt jetzt die Praxisphase.

Von Sandra Voß | 14.12.2016
    Die Leiterin des ersten Intensivsprachkurses, Claudia Hubatsch, steht am 14.04.2016 in Potsdam (Brandenburg) in einem Hörsaal des Campus Griebnitzsee der Universität Potsdam vor einer Klasse mit Geflüchteten, die in Deutschland Lehrer werden wollen, und unterrichtet Deutsch. Am Montag begann das Qualifizierungsprogramm für gegflüchtete Lehrerinnen und Lehrer aus Syrien und anderen Staaten.
    Nach dem Qualifizierungsprogramm für geflüchtete Lehrer hat nun die Praxisphase begonnen. (dpa / picture alliance / Klaus-Dietmar Gabbert)
    "Ich mag die Willkommensklasse, weil ich Deutsch lerne und ich verstehe alles, weil die Lehrerin langsam spricht und versucht, das zu erklären vor den Kindern. Das ist gut für mich, weil ich alles verstehe. "

    Mit leuchtenden Augen erzählt Zahra Alzaher von ihrer ersten Stunde in der Potsdamer Grundschule am Humboldtring.
    Die 28-jährige, lebhafte Frau studierte in Syrien fünf Jahre Pädagogik und arbeitete bereits ein Jahr als Grundschul-Lehrerin in Latakia. Dann floh sie vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland. Seit April ist Zahra Alzaher eine von 45 Teilnehmerinnen an dem bundesweit ersten Programm für geflüchtet Lehrkräfte, das von der Uni Potsdam initiiert wurde. Im ersten Semester der Qualifizierung lernten die ausgebildeten Lehrer Deutsch, 24 Stunden in der Woche.

    "In Allgemeinen ist Deutsch schwere Sprache, ich kann nicht was Besonderes sagen, das ich schwer oder das. Aber die Probleme liegen im Artikel. Der, die, das, in meinem Kopf ist immer der, die, das und ich denke immer das ist der oder die oder der."
    In der Willkommensklasse, in der Zahra Alzaher jetzt mittwochs hospitiert, sitzen 13 Schulanfänger. Sie kommen aus Syrien, Tschetschenien und dem Irak.
    Vier Monate erlebt die syrische Lehrerin vor Ort, was sie bisher nur aus Seminaren kennt. Wie funktioniert das deutsche Schulsystem, wie arbeiten die deutschen Kollegen.
    Die Syrerin bemüht sich, auch mit den Kinder,n die ihre Muttersprache sprechen, auf Deutsch zu reden. So, wie sie dem siebenjährigen Sajed hilft, einen neuen Buchstaben zu lernen.
    "Bravo Sajed. Das ist alles richtig."

    Gut sei das Programm für geflüchtete Lehrkräfte auf jeden Fall, findet die Schulleiterin der Grundschule am Humboldtring, Kerstin Barz.
    Leichter für Schüler und Eltern
    Doch es müsse weiter gedacht werden. Sie könne sich durchaus vorstellen, im kommenden Schuljahr ein bis zwei Absolventen aus dem Programm einzustellen. Immerhin sind in ihrer Schule 75 fremdsprachige Schüler. Der Bedarf sei also da, sagt Kerstin Barz.

    "Wenn ich frei entscheiden könnte und Personalhoheit hätte, dann würde ich durchaus solche Kollegen einstellen, weil ich denke, dass einfach die Kinder jemanden brauchen, mit dem sie in der Sprache sich verständigen könne, aber auch die Elternarbeit würde um einige leichter sein. "

    Das Wenn und das Hätte in der Antwort der Schulleiterin deutet es an: Bisher sind viele Fragen offen. Hat das Land Brandenburg Geld für neue Stellen, mit denen die geflüchteten Lehrer bezahlt werden können? Werden die Studienabschlüsse aus Syrien anerkannt oder müssen die ausgebildeten Lehrer in Deutschland erneut studieren?
    Auf all diese Fragen bekommt Zahra Alzaher keine Antwort. So bleibt der jungen Frau erst mal nur die Hoffnung und die Aufgabe, fleißig weiter Deutsch zu lernen.
    "Mein großer Traum finde Arbeit in Deutschland als Lehrerin oder Hilfslehrerin, weil ich mag meinen Beruf und ich liebe meinen Beruf. Ich mag gerne mit Kindern arbeiten."