Jörg Biesler: Wie läuft's eigentlich? Das ist eine Frage, die im Bildungssystem mittlerweile regelmäßig gestellt wird, vor allem, seit nach Bologna ein Reformprozess auf den nächsten folgt an den Hochschulen. Um zu überprüfen, ob da eigentlich sinnvoll reformiert wird, werden Daten erhoben – über Studiendauer und -erfolg, Abbrecherquoten und Berufsaussichten, Studienfach und Standortwechsel von Studierenden und so weiter und so weiter. Das Ziel ist natürlich, herauszufinden, ob die Hochschulen erfolgreich arbeiten, und das möglichst objektiv. Monitoring heißt das. Heute treffen sich in Berlin auf Einladung der Hochschulrektorenkonferenz Monitoringentwickler, Hochschulvertreter und Datenschützer. Mit dabei ist auch Professor Dr. Thomas Hoffmeister, Konrektor für Lehre und Studium an der Universität Bremen. Guten Tag, Herr Professor Hoffmeister!
Thomas Hoffmeister: Ich grüße Sie, Herr Biesler!
Biesler: Sie stellen in Berlin Ihr Studienerfolgsmonitoring – so heißt das – vor als gelungenes Praxisbeispiel an der Uni Bremen, was für Daten erheben Sie denn da eigentlich und wie funktioniert das?
Hoffmeister: Na ja, wir haben im Rahmen der Systemakkreditierung sozusagen unsere Datenerhebung etwas verändert. Wir hatten früher in jedem Jahrgang geguckt, wie viel Erstsemester haben wir, wie viel Zweitsemester haben wir, Drittsemester und so weiter, und haben uns dann darüber Gedanken gemacht, wo liegt die Abbrecherquote, wo liegen die Probleme eigentlich da drin.
Das machen wir jetzt anders, wir verfolgen also sozusagen Studierende über ihr gesamtes Studium hinweg und das Ganze in anonymisierter Form, sodass wir also nicht jetzt da einzelne Namen freigeben, und gucken uns an, wie gelingt es eigentlich unseren Studierenden, in den Fächern zu studieren. Das heißt, wir erheben wann passiert das, dass Studierende ihr Studium abbrechen, was für Probleme gibt es in bestimmten Modulen.
Wir können aus den Studienverläufen zum Beispiel sehen, dass es bestimmte Module gibt, die vielleicht für manche Studierende so schwer sind, dass sie zu einer Studienverzögerung führen, die unter Umständen sogar daran beteiligt sind, dass Studierende sich dazu entscheiden, das Studium abzubrechen. Und das gibt uns natürlich dann auch Handlungsmöglichkeiten an die Hand, da nachzusteuern durch Tutorien, durch Änderung der Module und so weiter.
"Den Studienerfolg zu messen, ist ein riesiges Diskussionsfeld"
Biesler: Studienerfolgsmonitor ist ja erst mal ein schwieriges Wort, finde ich, denn Studienerfolg zu messen, ist unglaublich schwierig. Also Sie haben vor allen Dingen formale Kriterien, die Sie da überprüfen können, wie Sie es gerade auch gesagt haben: Wann wird abgebrochen, wo gibt es Verzögerungen, also Sie gucken auf die Probleme.
Hoffmeister: Den Studienerfolg zu messen, ist ein riesiges Diskussionsfeld. Wir befassen uns jetzt vor allem damit, erst mal mit dem erfolgreichen Abschneiden und dem erfolgreichen Ende eines Studiums. Wir gucken auch zum Beispiel, indem wir unsere Alumni fragen, wie ist es denn denen gelungen, in der Berufswelt unterzukommen. Was wir mit diesem Studiengangsmonitoring machen, ist aber erst mal, dass wir jetzt gucken, wo liegen denn die Hürden, warum brechen Studierende ihr Studium ab, wann tun sie das, inwieweit sind Prüfungen ein großes Hindernis im Studienverlauf. Und da gibt es dann halt Nachsteuermöglichkeiten, dass man auch die Studierbarkeit immer wieder überprüft und guckt, sind unsere Studiengänge so, wie sie aufgestellt sind, geeignet für die Studierenden, auch studiert zu werden.
"Wir haben ganz bestimmte Studiengänge, in denen es häufig passiert"
Biesler: Das klingt alles vergleichsweise unternehmerisch, also aus Unternehmen kennt man so was natürlich schon länger, dass es da Controlling-Prozesse gibt. Jetzt ist das natürlich auch ein Ergebnis, dass Gesellschaft und Politik starken Druck ausüben auf die Hochschulen, doch überprüfbar zu machen, ob das, was sie da tun, mit Steuergeld ja, sinnvoll ist oder nicht sinnvoll ist, ob das – Sie haben es gerade auch gesagt – in den Arbeitsmarkt sinnvoll mündet, dass die Studierenden am Ende auch einen Job kriegen damit. Sind Sie da auch intrinsisch motiviert, oder ist es vor allen Dingen der Druck von außen, der will, dass Hochschule, sagen wir mal, ein bisschen reibungsloser funktioniert vielleicht, als das in der Vergangenheit war, und nachprüfbarer reibungslos?
Hoffmeister: Wir sehen eigentlich bei unseren Studiengangsverantwortlichen eine hohe intrinsische Motivation, ein möglichst gutes Studium anzubieten und möglichst guten Studienerfolg auch bei den Studierenden zu haben. Das heißt aber nicht, dass es nicht trotzdem Abbrecher gibt, und die Gründe sind mannigfaltig, und ich glaube, dass da das politische Umfeld immer sagt, ihr dürft am besten gar keine Studienabbrecher haben. Und da kommt dann das monetäre Argument in die Reihe, und dann wird gesagt, die kosten ja dem Staat wahnsinnig viel Geld, die gehen an die Universität, und dann brechen die ab und dann gehen die raus, dann haben die nichts davon.
Es gibt neue Studien, die ziemlich deutlich zeigen, dass die Studierenden, die ein Studium abbrechen und hinterher kein anderes Studium weiterführen, aber mit dem, was sie an der Universität gelernt haben, schon eine ganze Menge machen können und dass sie gute Karrieren auch hinlegen. Das heißt, man kann also nicht sagen, das wäre rausgeschmissene Zeit und rausgeschmissenes Geld, also dieses Argument zieht auch schon nicht.
Trotzdem versuchen wir natürlich, nicht unnötig hohe Abbrecherquoten zu haben, aber wir haben natürlich ganz bestimmte Studiengänge, in denen es häufig passiert, dass Studierende eigentlich dachten, dass die Anforderungen ganz anders waren, und sind plötzlich mit etwas konfrontiert, womit sie nicht gerechnet haben, und denken dann auch, das ist nichts für mich. Und dann brechen die ab, und das ist auch gut so. Was wir nicht wollen, ist, dass die Qualität des Studiengangs dazu führt, dass die Studierenden ihr Studium abbrechen, und das ist etwas, was wir im Qualitätsmanagement angehen können.
Biesler: Wenn Sie jetzt Monitoringdaten erheben, das heißt zum Beispiel Befragungen von Studierenden oder von Absolventen machen, dann erklären Ihnen diese erhobenen Daten ja eigentlich noch nicht genau die Lage, und vor allen Dingen sagen sie Ihnen auch nicht, was jetzt zu tun ist. Wie interpretiert man denn solche Daten, die da erhoben wurden, sinnvoll und so, dass sich dann möglicherweise was zum Guten ändert?
Hoffmeister: Sie sagen das völlig richtig. Das große Problem ist bei den ganzen Daten, dass es halt keine Ursache-Wirkung-Beziehung ist, die wir hier offenlegen können, sondern wir können nur sagen, da passiert das und das, wir haben die und die Muster, und die Studiengänge sind aufgefordert, mit diesen Daten zu arbeiten. Und die können sich jetzt Gedanken darüber machen, was können diese Muster eigentlich besorgen. Wir haben immer wieder eben auch zum Beispiel einen Tag der Lehre, wo mit Studierenden darüber diskutiert wird, und da kann man auch nachfragen, um zu sehen, was sind hier die Stolpersteine, können wir hier durch Änderungen tatsächlich etwas bewirken.
Biesler: Professor Thomas Hoffmeister, Konrektor für Lehre und Studium an der Universität in Bremen über die Messung von Studienerfolg an seiner Hochschule. Danke schön!
Hoffmeister: Ich bedanke mich!
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