Für viele Menschen hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass sie sich wieder vermehrt auf das Fahrrad setzen. Sei es um zur Arbeit zu fahren oder um in der Freizeit kleine Touren zu unternehmen. Die Gründe sind dabei vielfältig, doch lässt sich beobachten, dass vermehrt aufgrund der Corona-Ansteckungsgefahr und des eingeschränkten Freizeitangebots das Rad eine Renaissance ungeahnte Ausmaßes feiert.
Welches Rennrad ist das Richtige?
Dabei steigt auch die Freude am sportlichen Radfahren, sodass Rennräder wieder hoch im Kurs stehen. Dabei sehen sich Interessierte einem großen Angebot gegenüber. Deshalb widmen sich Paulus Müller und Klaas Reese in der 15.Episode des Radfunks der Faszination Rennradfahren, um Anfängerinnen und Anfängern wichtige Tipps zu geben.
Jens Klötzer, passionierter Rennradfahrer und Redakteur beim Rennrad-Magazin "Tour" erklärt im Radfunk, dass im Prinzip jede und jeder auf das Rennrad steigen kann, denn der Markt ist mittlerweile so ausdifferenziert, dass alle Wünsche erfüllt werden können.
Wichtig sei nur, dass man sich zwei Fragen beantworte: "Was will man damit machen? Auf welchem Untergrund will man damit fahren?" Dies sei der größte Unterschied bei den Rennrädern, die sich vor allem in Straßenrennräder und Gravelbikes unterscheiden. Letztere lassen sich als "Kiesfahrräder" übersetzen und eignen sich auch für unebenen Untergrund und können vielseitig eingesetzt werden, während klassische Rennräder glatten Untergrund benötigen. Gravelbikes sind nämlich "befreit von dem technischen Reglement der UCI, des Radsportweltverbandes, der Reifenbreiten vorgeschrieben hat von maximal 33 Millimetern", erklärt Klötzer.
Wer sich dann für eine Fahrradart entschieden hat, der sollte den eigenen Trainingszustand einschätzen und Ziele definieren, denn der Fahrradmarkt hält zum einen Wettkampfräder mit gestreckter Haltung bereit, wobei hier Hobbyfahrern vor allem fehlende leichte Gänge für Berggänge fehlen. Andererseits steht Endurance oder Komfort-Rennräder bereit, die nach Ansicht des Radsportexperten eher auf Hobbyrennfahrer zugeschnitten sind. Breitere Reifen, entspanntere - weil aufrechte - Sitzposition und leichtere Übersetzungen erleichtern auch für Einsteiger den Anfang.
"Genug trinken, genug essen."
Preislich seien Fahrräder ab etwa 800 €uro zu empfehlen, auch wenn diese zumeist sehr schwer sind. "Der Spaß an der Sache, der Spaß an der Technik und ein leichtes Rad zu fahren vermittelt auch mehr Fahrspaß," so Klötzer. Doch würden für den unerfahrenen Radsportler die Unterschiede im Gewicht zunächst nicht das Fahrerlebnis beeinträchtigen, wenn man darauf achtet, dass die Strecken und die Fahrzeit zum eigenen Vermögen passen.
Deshalb lauten die wichtigsten Tipps des Profis Jens Klötzer: "Genug trinken, genug essen. Ein Helm ist Pflicht, ein sportliches Trikot und eine gute Fahrradhose. Nicht zu viel auf einmal wollen. Erstmal kurz angehen und sich langsam steigern. Dann behält man den Spaß bei der Sache."
Den Spaß an der Sache hat Johanna Jahnke, Ultrasportlerin vom FC St. Pauli und Podcasterin des Gesprächsformats "Die wundersame Fahrradwelt", erst nach der ersten Sportkarriere gefunden. Die ehemalige Rugbynationalspielerin kaufte sich nach ihrer Karriere ein Rennrad, um aus Hamburg herauszufahren. Doch bei ihrer ersten Teilnahme beim Hamburger Radrennen "Cyclassics" wurde sie direkt Dritte. Schnelles Radfahren wurde für sie zu einem wichtigen Lebensinhalt und führte sie zu nächtlichen Ausfahrten durch Hamburg oder entlang des Deiches.
Es folgten internationale 40-Runden-Rennen, sogenannte Fixedgearkriterien, und das 4000 Kilometer lange "Transcontinental Race", das sie mit ihrer Partnerin Marion Dziwnik als erstes Frauenteam innerhalb des Zeitlimits beenden konnte.
Jahnke bietet außerdem beim FC St. Pauli reines Frauentraining an, wo Anfängerinnen sowohl technische als auch radsportliche Hinweise bekommen. Für sie ist Rennradfahren eine Möglichkeit sich zu beweisen und allein oder im Team Ziele zu erreichen.
Sandro Schröder ist beim Deutschlandradio für die Podcastentwicklung zuständig und in seiner Freizeit Radrennfahrer. Seit seinem 14. Lebensjahr fährt er Rennrad und geht auch im Urlaub auf Radreisen mit seinem Vater, um Touren des Giro d´Italia oder der Tour de France nachzufahren.
Suchtfaktor Rennrad
Ihm geht es mittlerweile nicht mehr darum sich mit anderen zu messen, eher sind "Selbsterfahrung, Herausforderung und wachsen" für ihn wichtige Motive, um sich schon vor der Arbeit nach einem von einer App konzipierten Trainingsplan aufs Rad zu setzen. Der Vergleich mit sich selbst motiviert Schröder und das Rennradfahren gibt ihm die Chance sich auf sich selbst zu konzentrieren und den Kopf ausschalten zu können.
Beide Rennrad-Experten geben zu, dass ihr Rad einen hohen Suchtfaktor hat: "Ich merke, wenn ich nicht aufs Rennrad kann, dann macht das was mit mir", gesteht Schröder. "Ich glaube, dass man auch irgendwann anfängt sich zu verändern, weil man so viel Sport macht. Sport macht disziplinierter, ausgeglichener und konzentrierter. Da gibt es wirklich schlimmere Süchte, als Sport zu treiben." Für Anfänger biete sich der Sport an, weil man sich Schritt für Schritt an das Radfahren gewöhnen kann und den Sport nicht nach bestimmten Kriterien Pflichten erfüllen muss.
Sattel und Sonnenbrille
Für Einsteiger empfehlen Jahnke und Schröder nicht zu viel zu investieren, sondern zunächst einfach mit Laufkleidung auf das Rad zu steigen. Vermeintliche Radsportregeln, die Vorgaben machen, wie man was zu tragen hat, sollte man aus der Sicht beider Gesprächspartner nicht zu ernst nehmen.
Die wichtigste Investition nach dem Rad war für Sandro Schröder eine gute Sonnenbrille. Johanna Jahnke empfiehlt besonders für Frauen sich, um einen bequemen Sattel zu bemühen. Für wen ein Bike-Fitting, also das komplette Einstellen des Rades durch einen Profi, zu teuer ist, der sollte ein Sattel-Fitting in Erwägung ziehen.
Schwierig ist es dann die passende Route zu finden. Hilfsmittel sind Planungstools bei unterschiedlichen Radfahrapps, aber auch die Empfehlungen von Sportlern in Radvereinen können eine Hilfe sein.
Bei den Apps gäbe es sehr viele Daten und Messwerte, die man für die Trainingssteuerung nutzen kann und Sandro Schröder gibt zu, dass er alle Klischees bediene, wenn es um das Messen von verschiedensten Daten geht, um das Radfahren zu optimieren. Man solle es damit aber nicht übertreiben, denn es könne einem "die Aufmerksamkeit von den schönen Sachen wegnehmen. Sich einfach so selber erfahren, dazu brauche ich keinen Sensor, der mir sagt, dass mir das Spaß macht", erklärt der passionierte Radsportler.
Rennradfahren ist ein zeitaufwändiges Hobby, aber es lohnt sich, sich den Herausforderungen zu stellen, weil sich schnell Erfolge einstellen und der Spaß am Radfahren noch einmal gesteigert werden kann.