"Project 2025"
Radikaler Plan für eine zweite Präsidentschaft Trumps

Es hat Befürchtungen über eine künftige Entwicklung der USA in Richtung einer Diktatur ausgelöst: Das "Project 2025" ist das Manifest einer rechtskonservativen Denkfabrik für die Politik nach einem möglichen Wahlsieg Donald Trumps. Dieser will offiziell nichts damit zu tun haben - doch es gibt enge Verbindungen zu seinen Republikanern.

17.07.2024
    Eine grauhaarige Frau hält ein Schild mit dem Bild Trumps und der Aufschrift "Stop Project 2025". Hinter ihr der Eingang zum Gebäude mit der Aufschrift "Trump Tower".
    Protest in New York gegen Trump und das "Project 2025". (dpa / ZUMAPRESS.com / Gina M Randazzo)
    Das Dokument "Mandat für Führung. Das konservative Versprechen" hat mehr als 900 Seiten und wurde von der sogenannten "Heritage Foundation" als "Project 2025" veröffentlicht. Es handelt sich um einen radikalen Politik-Entwurf für den nächsten republikanischen Präsidenten. Zwar versucht Trump offiziell Abstand zu der Schrift zu nehmen. Doch die Stiftung und die Republikanische Partei sind eng miteinander verbunden - sie gehört zu den Sponsoren des Parteitags in Milwaukee. Demokraten warnen vor den Inhalten. Joe Biden sagt: "Project 2025 wird Amerika zerstören."

    Blaupause für die ersten 180 Tage Trumps

    Dem "Project 2025" haben sich zahlreiche konservative Organisationen angeschlossen. Es bietet eine Blaupause für die Gestaltung der ersten 180 Tage nach dem Amtsantritt Trumps. Der Plan sieht weitreichende strukturelle Änderungen vor. "Es reicht nicht aus, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen", heißt es in der Anpreisung des Projekts. "Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen." Es handelt sich dabei nicht um Trumps Plan, aber es ist ein Plan, der für Trump gemacht ist.

    Vier große Themen

    Der Plan nennt vier Hauptziele:
    1. "Die Wiederherstellung der Familie als Kernstück des amerikanischen Lebens und Schutz unserer Kinder"
    Das "Project 2025" vertritt gesellschaftspolitisch erzkonservative Positionen. Die Autoren lehnen Abtreibung ab, fordern ein Verbot von Pornografie und machen sich für Maßnahmen stark, die "Ehe, Arbeit, Mutterschaft, Vaterschaft und die Kernfamilien" fördern sollen.
    2. "Abschaffung des Verwaltungsstaates und Rückgabe der Selbstverwaltung an das amerikanische Volk"
    Die Autoren wollen die Beamten in Bundesbehörden und Ministerien weitgehend durch politische Angestellte ersetzen. Dahinter steht der Deep-State-Mythos, wonach in Washington im Verborgenen Beamte regieren, die angeblich Trump in seiner Amtszeit entgegenwirkten. Die Macht des Präsidenten soll ausgeweitet, der Kongress geschwächt werden. Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde, zu der auch der Wetterdienst oder das US-Hurrikanzentrum gehören, soll aufgelöst werden, weil sie "einer der wichtigsten treibenden Kräfte der Klimawandel-Alarmindustrie" sei. Ihre Funktionen sollen auf andere Behörden übertragen oder privatisiert werden.
    3. "Verteidigung der Souveränität, der Grenzen und des Reichtums unserer Nation gegen globale Bedrohungen"
    Der Schutz der US-Grenze wird in dem Manifest als eine Priorität genannt. An der Südgrenze zu Mexiko soll Trumps Grenzmauer fertig gebaut und die Einwanderungsgesetze sollen verschärft werden. Die Inhaftierung und Abschiebung illegal Eingereister sei von "entscheidender Bedeutung, wenn wir die Kontrolle über die Grenze zurückgewinnen" wollen.
    4. "Sicherung unserer gottgegebenen individuellen Rechte auf ein freies Leben"
    Die Autoren sprechen sich für sogenannte Religionsfreiheit aus. Anders als es klingen mag, bedeutet das eigentlich, dass christliche Werte mit öffentlichen Geldern gefördert und im Alltag eine zentrale Stellung einnehmen sollen. Das Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste soll für eine "eine biblisch begründete, sozialwissenschaftlich untermauerte Definition von Ehe und Familie" einstehen.

    Trump geht öffentlich auf Distanz

    Die Demokraten und Präsident Biden warnen im Wahlkampf eindringlich vor "Project 2025". Die Blaupause gebe Trump mehr Macht über das tägliche Leben der Menschen und schaffe demokratische Kontrollmechanismen ab.
    Trump selbst teilte mit, er wisse nichts von "Project 2025". "Ich stimme mit einigen der Aussagen nicht überein, und einige der Aussagen sind absolut lächerlich und katastrophal." Doch sein Versuch, sich von dem Manifest zu distanzieren, ist nicht wirklich glaubwürdig. Verbündete des Republikaners und frühere Mitarbeiter seiner Regierung haben daran mitgearbeitet. Trumps Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, J.D. Vance, hat enge Verbindungen zur Heritage Foundation.
    Kevin Roberts ist der Vorsitzende der Heritage Foundation. Er sagte, die USA stünden vor einer zweiten amerikanischen Revolution, die "ohne Blutvergießen ablaufen wird, wenn die Linken dies zulassen". Die Aussage löste in vielen US-Amerikanern Sorge über erneute gewalttätige Ausschreitungen nach einer republikanischen Niederlage bei der kommenden Präsidentschaftswahl aus.
    Es gibt außerdem große Überschneidungen zwischen dem Manifest und Trumps Politikversprechen sowie dem Parteiprogramm der Republikaner. Beim Parteitag in Milwaukee, bei dem Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt wurde - wurde auch das Parteiprogramm verabschiedet.

    Differenzen beim Thema Abtreibung

    Auffällig ist, dass das Thema Abtreibung nur einmal Erwähnung findet. "Wir werden Spätabtreibungen ablehnen", heißt es da. Von strikten Abtreibungsverboten ist keine Rede - religiöse Unterstützer hat das verärgert. Mit der Ernennung drei rechtskonservativer Richter für das Oberste Gericht der USA hat Trump es möglich gemacht, dass das landesweite geltende Recht auf Abtreibung gekippt wurde. Trump feierte das zunächst als Erfolg. Eine Mehrheit der Menschen in den USA unterstützt allerdings das Recht auf Abtreibung. Deshalb windet sich Trump mittlerweile bei dem Thema und vermeidet klare Bekenntnisse. Das zeigt sich auch beim Parteiprogramm und mit dem Versuch, zu der Blaupause auf Distanz zu gehen. Trump will gemäßigtere Konservative nicht mit diesen radikalen Positionen verschrecken.
    Lesen Sie hier ein Interview mit dem Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Link, zur Trump-Kandidatur.
    Diese Nachricht wurde am 17.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.