Am ersten Verhandlungstag sagt Kreshnik B. kein Wort. Als der Richter ein Telefonat vorspielt, das der 21-Jährige während der Zeit in Syrien mit seiner Schwester geführt hat, wirkt er verlegen, versteckt sein Gesicht hinter seiner Hand. "Komm nach Hause!", fleht die Schwester da, der Wind rauscht im Handy. "Wenn ihr mich liebt, dann folgt mir", hört man Kreshnik am Telefon. Ein Jahr ist das jetzt her.
Kreshnik ist dann doch nach Hause gekommen, am Frankfurter Flughafen hat ihn die Polizei im Dezember letzten Jahres empfangen und festgenommen, am Frankfurter Oberlandesgericht läuft jetzt der Prozess gegen ihn. Der erste Prozess in Deutschland gegen ein mutmaßliches Mitglied der Terrororganisation IS. Doch wenn man diesen mutmaßlichen Ex-Terroristen so im Gerichtssaal sitzen sieht, wirkt er eher wie ein Ausstellungsstück eines missratenen Jugendlichen: Jogginghose, Kapuzenpulli, Bart im Salafisten-Style, der aber eigentlich mehr Salafistenflaum ist.
"Ich glaube, dass der Angeklagte, in – wenn man überhaupt Hierarchie sagen darf oder sagen kann – sich ganz ganz weit unten befindet."
Wird Kreshniks Anwalt Mutlu Günal später sagen, über die Rolle die sein Mandant im syrischen Bürgerkrieg gespielt hat.
"Ich glaube, er befindet sich da in einem Verarbeitungsprozess. Ich würde sagen dass der Angeklagte unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Ich bin da aber kein Experte dafür, aber ich glaube, dass der Angeklagte eine Therapie braucht."
Der Richter hat ihm Milde angeboten. Weil er dem 21-Jährigen sein Leben nicht verbauen will, wie er sagt. Sicher aber auch, weil er möchte, dass dieser erste deutsche IS-Prozess ein kleines bisschen Klarheit schafft, bei einer Frage die das ganze Land beschäftigt: Was bringt junge Deutsche dazu, sich der brutalsten Terrororganisation der Welt anzuschließen? Und: Wie gehen wir damit um?
Über 450 Islamisten sind ausgereist, in den Dschihad gezogen, einige Dutzend da gestorben – und mehr als 120 sind zurückgekommen. Einigen von ihnen wird wie Kreshnik B. der Prozess gemacht werden. Viele werden von den Sicherheitsbehörden beobachtet. Manche aber auch nicht – zu wenig Personal. Umso wichtiger ist es, zu verstehen wie das alles passieren konnte, um daraus zu lernen.
Hilfe durch Beratungstellen
Das Oberlandesgericht Frankfurt vertagt diese Bemühungen für heute. Die Verhandlung wird geschlossen. Während Kreshnik B. sich also von seinem Jahr an der Seite islamistischer Kämpfer zwischen Bürgerkrieg und Kalifat erholt und überlegt, ob er mit dem Gericht darüber reden will, klingelt in Nürnberg mal wieder das Telefon.
"Hier ist die Beratungsstelle Radikalisierung, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wie kann ich ihnen helfen?"
Hier melden sich Mütter, Väter, Freunde oder Lehrer aus ganz Deutschland, die jemanden kennen, schätzen oder lieben, der Salafist geworden ist. Jeden Tag klingelt es, mehrmals. Eigentlich so oft, dass Florian Endres und seine Kollegen gerade vollkommen überlastet sind - dabei haben sie eigentlich die Aufgabe, zu verhindern, dass junge Leute radikal werden.
"Das ist sehr belastend teilweise, was da kommt. Also, es ist durchaus so, dass die Eltern anrufen und erst mal weinen und sehr verzweifelt sind und man muss sie erst mal beruhigen"
Und das kann schonmal eineinhalb Stunden dauern. Die Nürnberger erfassen den "Fall". Manchmal reichen Informationen. Zum Beispiel wenn der Sohn oder die Tochter zum Islam konvertiert ist und die Eltern nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen.
Das sollten sie nämlich, erklärt ihnen Florian Endres, weil sie – in Augen der Beratungsstelle – die wichtigste Instanz sind, um das zu verhindern, wovon jetzt gerade alle sprechen: eine "Radikalisierung".
Eine große Belastung für die Familie
"Selbst solche banalen Geschichten wie, ja, man hat sonst immer zusammen Weihnachten gefeiert. Das ist immer der größtmögliche Punkt um zu provozieren. Am Heiligen Abend bin ich nicht mehr da, weil das ist nicht mehr mein Thema. Und das ist für viele Familien natürlich ein Riesenproblem. Wir haben Fälle, wo die Eltern sagen: Ich schmeiß den Morgen raus. Ich halte es mit dem nicht mehr aus. Wir versuchen dann natürlich auch zu beschwichtigen und dann zu sagen: Nee, wir müssen dieses Vertrauensverhältnis stärken und diese Kommunikation wieder irgendwie erst mal geradziehen, das die Eltern in der Lage sind eben mit diesem Jugendlichen auch wieder zu arbeiten, weil wir eben ganz klar davon überzeugt sind und das auch wirklich die Erkenntnisse aus der Deradikalisierungarbeit sind, dass die Eltern der zentrale Punkt sind, wenn man was erreichen will."
Manchmal reicht das nicht. Nordrhein-Westfalen und Hessen – die Bundesländer, aus denen die meisten jungen Dschihadisten ausgereist sind - haben jetzt angefangen, auch direkt mit jungen Leuten aus der Salafistenszene zusammenzuarbeiten.
Das Ziel: ihnen beibringen, dass Salafismus ja Geschmackssache ist – Gewalt aber nicht.
In Bayern gibt es solche Projekte nicht. Auch ein Programm des Verfassungsschutzes, das beim Ausstieg aus der salafistischen Szene helfen soll, wurde eingestellt – man hört, es hätte sich fast niemand gemeldet. Nur bei Florian Endres klingelt das Telefon. Und klingelt und klingelt und klingelt.
"Die Jugendlichen sind sehr stark auf Missionierung teilweise ausgelegt, also sie versuchen, das familiäre Umfeld zu missionieren. Ihre Form des Islam auch den anderen Familienmitgliedern überzustülpen, weil sie dann beispielsweise mit dem Argument kommen: Ja, wir wollen uns ja alle im Paradies wiedersehen"
Der Weg in die Hölle führt also durch das Leben in Deutschland. Aber das zeigt sich an diesem Samstag von seiner besten Seite.
Die Münchner flanieren shoppend und von der Sonne begleitet die Leopoldstraße entlang, vorbei an Cafés, Kinos und den Männern die den Koran verteilen. Kostenlos, mit beigelegter DVD.
Jeden Samstag ist die mobile Propagandatruppe von der Lies!-Kampagne im Einsatz, in jeder größeren deutschen Stadt. Heute sind es vier Jungs um die 20. Zwei tragen Vollbart und weite, weiße T-Shirts mit dem Aufdruck Lies-Ausrufezeichen über ihren Klamotten, dazu eine umgeschnallte Werbefahne mit dem Logo ihrer Organisation. Einer, in traditioneller weiter Hose mit Bündchen am Knöchel, ist blond und erzählt, er sei erst vor einem Jahr konvertiert.
Ein Interview geben sie mir nicht, nur den Koran, und als ich mich vorstelle reicht mir keiner die Hand. Auch auf das Thema Syrien und Dschihad reagieren sie zurückhaltend – damit hätten sie nichts zu tun.
Irgendwann kommt der fünfte Mann um die Ecke, knöpft sein weißes Koranverteiler-Hemd auf – und hat was zu erzählen. Sein Bruder sei in Syrien, er will mit mir darüber sprechen. Als wir Handynummern austauschen sehe ich seinen Bildschirmhintergrund. Es ist ein Foto von Osama bin Laden.
Eine Stunde später treffe ich Basayev in einer Shisha-Bar in der Nähe vom Münchner Hauptbahnhof. Basayev ist nicht sein richtiger Name, vor einem halben Jahr hat er den Koran für sich entdeckt. Das hat sein Leben verändert.
Das Ziel: ins Paradies kommen
"Wenn ich jetzt denke früher, ich kann mich nicht mehr wiedererkennen, für was ich gelebt hab. Für Frauen, für Alkohol, für Sachen die mir nichts gebracht haben. Ich habe keinen Sinn gehabt."
Jetzt ist Basayev Salafist, und sein Sinn des Lebens ist: "Meinem einzigen und alleinigen Herrn zu dienen und das zu leben, was unser Prophet gelebt hat, damit ich in Paradies komme."
Sein Bruder, auch Salafist, ist nach Syrien gegangen und hat sich der Terrororganisation Islamischer Staat angeschlossen – das beweist ein Foto, das er Basayev über Whatsapp geschickt hat.
"Einmal haben wir ihn hier. Das ist die Flagge von ISIS. Islamischer Staat. Irak und Sham."
Davor post der Bruder, stolz wie vor einem erreichten Gipfelkreuz, in Tarnkleidung und mit Maschinenpistole. "Der ist jetzt in Rakka, seit ungefähr einem Jahr und sechs Monaten, sieben Monaten. Das ist eine Stadt in Syrien."
Wie es dazu gekommen ist? Basayevs Bruder ist eben einer dieser "Fälle" geworden, die die Nürnberger Beratungshotline erfasst. Er hat sich "radikalisiert". Vielleicht bei der Lies!-Kampagne, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, weil ihr Chef ganz offen die Scharia einführen würde, wenn er die Wahl hätte. Vielleicht aber auch einfach im Internet.
"Diese Videos im Youtube, und die Berichte, die im Fernsehen gezeigt werden, wo Frauen vergewaltigt werden, wo Kinder getötet werden, das hat er nicht mehr ausgehalten, sein Herz wurde zu schwach, und dann hat er gesagt, ich erhebe mich. Ich bleibe nicht mehr hier sitzen, sondern werde an der Front kämpfen gegen die Ungläubigen."
Als wir uns verabschieden, sagt Basayev noch, dass er immer weniger mit seinem Leben in Deutschland anfangen kann. Dass er auch in diesem Fall konsequent sein wird, ahne ich da noch nicht.
Politiker diskutieren über Ausreiseverbote
Zurück nach Frankfurt ans Gericht, wo Kreshnik B. heute Brille zum Bart trägt – rahmenlos. Dritter Verhandlungstag. Kreshnik hat eine Aussage vorbereitet, während Politiker in der Zwischenzeit über Ausreiseverbote und Ausweisungen diskutiert haben, und sogar kurz die Idee gefallen ist, Dschihadisten die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Anwalt Mutlu Günal ist sich derweil sicher, dass das Problem mit den Salafisten ganz einfach vor Gericht gelöst werden kann.
"Der Rechtsstaat ist stark genug, auch das auszuhalten, da mach ich mir wenig Sorgen."
Im Saal II des Oberlandesgerichts kann man eine Stecknadel fallen hören, als sein Anwalt vorliest, warum Kreshnik nach Syrien gegangen ist.
Empört sei er gewesen von den Internet-Videos aus dem Bürgerkrieg.
Und helfen wollte er. Die harte Realität vor Ort habe ihn aber zu sehr mitgenommen – und wirklich brauchen konnte man ihn an der Front auch nicht.
Die Einlassung klingt wie der Erlebnisaufsatz eines Dschihadisten.
"Ich glaube, dass er ein sensibler Junge ist. Er ist sehr höflich, sehr zuvorkommend, sehr freundlich, macht sich viele Gedanken, manchmal habe ich den Eindruck dass er sich zu viele macht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass von ihm in Zukunft irgendeine Gefahr ausgehen könnte, den Eindruck hat er mir nicht vermittelt."
Die Richter sind sich da nicht sicher. Im Zuschauerbereich des Oberlandesgerichts hört auch Bernhard Falk genau zu. Ende 40, groß, massig, Vollbart, Bündchenhose – das übliche Salfistenoutfit.
Beobachtung durch den Verfassungsschutz
Unüblich hingegen: Falk hat Kreshnik im Gefängnis besucht, und ihm seinen Anwalt vermittelt – seinen eigenen.
Bernhard Falk gilt als einer der gefährlichsten Salafisten in Deutschland und wird vom Verfassungsschutz beobachtet.
"Ja ich brauch halt nen Anwalt, um abschätzen zu können, dass bei dem, was ich sage oder schreibe nicht irgendetwas dabei ist, wo man mir einen Strick draus drehen kann."
Bernhard Falk reist viel – heute fährt er von seinem Wohnort Mannheim nach Düsseldorf, zu einem anderen Gerichtsprozess. Falk "betreut" Gefangene und besucht Islamisten-Prozesse im ganzen Land.
"Diejenigen Geschwister, also Brüder oder Schwestern, die inhaftiert sind, sind erst mal Muslime. Und in einem politischen Kontext angeklagt oder beschuldigt. Und dann muss man schauen dass man da Solidarität zeigt."
Früher war er Linksextremist, baute für die sogenannte Antiimperialistische Zelle eine Bombe, die nur aus Zufall niemanden verletzte als sie explodierte. 13 Jahre Gefängnis. Da konvertierte er endgültig zum Islam, wurde Salafist. Und er sagt auch, dass er Al Quaida-Sympathisant ist – die Anschläge vom 11. September – Mittel zum Zweck. "Wir sind im Krieg, ganz klar. Leider."
Das kommt ihm ohne Probleme und irgendwie auch ohne echtes Bedauern über die Lippen, als er im Nieselregen am Düsseldorfer Stadtrand nach etwas zum Mittagessen sucht.
"Natürlich tun mir die unschuldigen Opfer leid, weil ein Krieg ist immer mit Grausamkeiten verbunden. Deswegen hoffe ich auch, dass die unterdrückenden Staaten möglichst schnell einsehen, dass sie ihre Politik ändern müssen. Und vor alle Dingen möglichst schnell einsehen, dass es nichts bringet, die Muslime weltweit zu unterdrücken, die Muslime haben auch ihre Rechte. Ich kann es nicht verstehen, wenn der deutsche Staat den Muslimen so viele Hindernisse in den Weg stellt."
Islamist Bernhard Falk hasst auch den IS
Mit den Hindernissen, die Muslimen im Weg stehen, meint Bernhard Falk eigentlich alles. Der Staat und die ganze westliche Welt benachteiligt sie strukturell. Die Islamisten sind Islamisten geworden, um genau das zu ändern.
Der Islamist Bernhard Falk bestellt Kartoffelsuppe – er muss aufs Geld schauen, seine Frau finanziert ihn und seine Reisen durch das Land, das versucht, gegen Islamisten wie ihn anzukämpfen, und das er so hasst. Interessanterweise hasst Bernhard Falk aber auch den Islamischen Staat – weil der sich von der "Mutterorganisation" Al Kaida abgespalten hat, und weil dessen Anhänger in Deutschland es gar nicht gerne hören, wenn Bernhard Falk sie als schlechte Kopie des Originals bezeichnet.
"Das sind zum Beispiel Drohanrufe. Das sind Droh-SMA."
Vielleicht herrscht also wirklich Krieg, so wie Bernhard Falk es sagt, wenn Islamisten nicht nur vom System, sondern nebenbei auch von Hooligans und Rockern bekämpft werden, und auch noch von anderen Islamisten. Und selbstverständlich kann es da zu Anschlägen kommen, sagt Falk, selbstverständlich auch in Deutschland.
Auf dem Weg zurück nach München melde ich mich bei Basayev. Ich will ihn wiedertreffen, wissen wie es ihm und seinem Bruder geht.
Basayev kann nicht, schreibt nur kurz: "Bin in Syrien. Das Kalifat wurde ausgerufen – jeder Muslim muss Hijra machen".
Hijra macht man, wenn man sich von den Ungläubigen abwendet und ein Leben im Zeichen des Islam führt. Bist du bei deinem Bruder, bei IS, will ich wissen.
"Ja", antwortet er. Abhalten konnte ihn davon niemand. Dann reißt der Kontakt ab.
Keine andere extremistische Gruppierung in Deutschland gewinnt gerade so viele neue Fans.
Islamwissenschaftler Steinberg über "Al Quaidas deutsche Kämpfer"
Das ist Guido Steinberg. Er hat ein Buch über sie geschrieben und stellt es auf der Frankfurter Buchmesse vor. "Al Quaidas deutsche Kämpfer" heißt es.
Oft sind das Scheidungskinder, Schulabbrecher, junge Männer mit Migrationshintergrund wie Kreshnik oder Basayev, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht gefunden haben. Steinberg ist Islamwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und mit Mitte 40 der vielleicht versierteste Islamismus-Experte in Deutschland.
"Es gibt kaum noch ein Profil der deutschen Szene und das macht sie so interessant. Wir haben in Hamburg 2001 eine relativ kleine Gruppe von Arabern, in der vor allem Nordafrikaner stark vertreten sind, die später dann drei der Piloten des 11. September stellt. Fünf, sechs Jahre später sehen wir dann, dass viele Türken und Kurden, die bereits hier geboren sind oder lange hier gelebt haben in Deutschland, in dieser Szene auftreten, aber dann fächert die sich immer weiter auf, es kommen deutsche Konvertiten hinzu, Frauen, sogar Russlanddeutsche, Indonesier, Afghanen, Pakistanis. Alles was die deutsche muslimische Szene hergibt hat auch ihre Vertreter in der dschihadistischen Szene."
Wie also kann man dieser Szene begegnen?
"Mein Eindruck ist, dass deutsche Politik häufig Nebensächlichkeiten diskutiert."
So wie das Verbot des "Islamischen Staats - das gab es auch schon vor de Maizières Gesetzesvorstoß, sonst würde Kreshnik B. jetzt nicht viel Zeit am Frankfurter Gericht verbringen. Und während ihm und anderen Rückkehrern immerhin der Prozess gemacht wird, schaffen es Islamisten wie Basayev weiterhin scheinbar unbemerkt, mit der Gesellschaft zu brechen und sich in einen Bus nach Syrien zu setzen.
"Wenn man bei den Sicherheitsbehörden anfängt, dann ist es ganz deutlich, dass die nicht gut aufgestellt sind. Von den insgesamt mindestens 450 Mann und Frau die nach Syrien gegangen sind, sind weit über 125 schon zurück und um wirklich sicherzustellen, dass die nicht gefährlich sind, muss man sie möglichst komplett überwachen. Dazu braucht man die entsprechende Technik, dazu braucht man entsprechende Observationsteams, und an beidem so sagen zumindest die Insider in den Sicherheitsbehörden, fehlt es. Und ich hoffe, dass diese neue Dringlichkeit durch die Terrorgefahr vielleicht dazu führt, dass unsere Politiker jetzt etwas kreativer werden, wenn es darum geht, wie man jungen Leuten in diesen Problembezirken bessere Zukunftschancen verschafft."
Vielleicht muss die Gesellschaft, aus der die Islamisten ausreisen, sich also fragen, ob sie nicht selbst auch ein kleiner Teil des Problems ist. Schließlich hat auch Basayevs Bruder, der Islamist, der nach Syrien gegangen ist, von einem besseren Leben geträumt – das hat er mir Basayev in der Shisha-Bar erzählt.
"Er fühlt sich richtig wohl dort, es wird islamisch gepredigt, es wird nach islamischer Religion gelebt. Mir ist lieber, dass er dort ist anstatt hier zu sitzen und hier sein Abitur zu machen oder hier bei der Bäckerei zwei Sonntagsbrötchen zu verkaufen. Es ist besser, dass er für seine Religion dort stirbt."
Zumindest Basayev hat sich das offensichtlich anders überlegt. Oder es ging ihm wie Kreshnik aus Frankfurt, und dieses islamische Leben mit dem Islamischen Staat war dann eher grausam als gut. Wir haben immer noch keinen Kontakt. Aber Mitte Oktober sehe ich ein Bild von ihm in der Zeitung: Er hat einen Zug gebucht, zurück nach München. An der österreichischen Grenze hat die Polizei mit Handschellen auf ihn gewartet. Jetzt wartet noch ein bekennender Islamist auf seinen Prozess. Ob er auch ein bekehrter Terrorist ist, wird sich zeigen.