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Radio und Fernsehen
Männer dominieren in den Führungsetagen der Funkhäuser

In den deutschen Radio-Fernsehanstalten sind die Führungsebenen überwiegend von Männern besetzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Vereins Pro Quote. Von zwölf untersuchten öffentlich-rechtlichen Funkhäusern erreichen nur zwei eine paritätische Besetzung.

    Podiumsdiskussion zur ersten Studie von ProQuote Medien zur Gleichstellung im Rundfunk.
    Erste Studie von ProQuote Medien zur Gleichstellung im Rundfunk (Anke Beims)
    Von den untersuchten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten erzielen die Deutsche Welle und der RBB die beiden Spitzenplätze: Die Hälfte des Führungspersonals ist dort weiblich. Auch der WDR (44,6 Prozent), der NDR (40,1 Prozent) und das ZDF (39,4 Prozent) befinden sich nach der Untersuchung auf dem Weg zu einer ausgeglichenen Teilhabe der Geschlechter in Spitzenpositionen. Weitgehend männlich geprägt sind dagegen die Führungsebenen kleinerer Anstalten: Radio Bremen kommt auf 32,2 Prozent, der Saarländische Rundfunk auf 25,6 Prozent. Von allen analysierten öffentlich-rechtlichen Anstalten weist Deutschlandradio mit seinen drei Programmen (Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur, Deutschlandfunk Nova) den niedrigsten Anteil von Frauen in Führungspositionen auf (24,3 Prozent). Der Schnitt aller öffentlich-rechtlicher Sender liege - so die Studie - bei 37,7 Prozent - und das, obwohl der Frauenanteil insgesamt in den Häusern bei in etwa 50 Prozent liege.
    Giffey fordert Frauenquote
    Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sagte, die Zahlen von Pro Quote seien Beleg dafür, dass sich etwas ändern müsse. Die SPD-Politikerin betonte die Bedeutung von Journalistinnen. Frauen hätten einen anderen Blick auf Themen und erzählten manche Geschichte anders. "Wenn die Bevölkerung zu 50 Prozent aus Frauen und aus Männern besteht, dann ist es nur in Ordnung, wenn auch die Geschichten, die in der Öffentlichkeit erzählt werden, die Themen, die ausgewählt werden, auch von einem ausgewogenen Verhältnis aus Frauen und Männern erzählt werden", betonte Giffey.
    Die Ministerin sprach sich für eine Frauenquote auch im Journalismus aus. Zudem müsse unter anderem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert werden. Damit zusammen hänge aber auch die Möglichkeit der Kinderbetreuung in Kitas, die oftmals nicht zufriedenstellend sei. Giffey betonte, es gebe viele Volontärinnen, aber das spiegele sich nicht in den Führungspositionen wider.
    Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) spricht bei der Vorstellung der Studie "ProQuote" zu Geschlechterverhältnissen im deutschen Rundfunk. 
    Giffey (SPD) fordert eine Frauenquote im Journalismus. (dpa-Bildfunk / Carsten Koall)
    Das zeigt sich auch in der Pro-Quote-Studie. Demnach liegt der Anteil der Volontärinnen in fast allen Sendern bei über 50 Prozent, oftmals sogar über 60 Prozent.
    Führen in Teilzeit ermöglichen
    Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien betonte bei der Vorstellung des Berichts in Berlin, es gebe noch viel zu wenige Frauen in der Führung von Deutschlandradio. Deshalb setze der Sender unter anderem darauf, das Führen in Teilzeit zu ermöglichen.
    Sylvie Deléglise, Personalverantwortliche des Rundfunks Berlin-Brandenburg, berichtete von den Teilzeitmöglichkeiten in ihrem Sender. Es sei kein Problem, sich eine Führungsposition zu teilen. Zudem seien diese Stellen auf einige Jahre befristet, wodurch es eine höhere Fluktuation gebe. Deléglise sprach von einem Gewinn für den Sender, wenn sich zwei Menschen eine Führungsposition teilten.
    Niedrige Frauenquote bei Privatsendern?
    Der Verein ProQuote nahm auch den privaten Rundfunk in den Blick, wobei die Sender keine mit den öffentlich-rechtlichen Sendern vergleichbare Zahlen zur Verfügung gestellt haben. Es bleibe aber festzuhalten, dass das Top-Management der RTL-Gruppe aus einer Frau und elf Männern bestehe und ProSiebenSat.1 in den obersten drei Führungsebenen einen Frauenanteil von 19,8 Prozent erreiche, teilte Pro Quote mit.
    Annette Kümmel, Senior Vice President von ProSiebenSat.1 Media, betonte, es arbeiteten bereits viele Frauen in Führungspositionen. Die Sender seien aber sehr dynamisch.
    Die Studie zum Herunterladen
    Auslandsjobs für Frauen schwieriger
    Für die Studie hat Pro Quote auch den Frauenanteil in den Auslandsstudios gezählt. Demnach sind etwa ein Drittel der Studioleiter und Korrespondenten weiblich. ZDF-Chefredakteur Peter Frey berichtete in Berlin von Problemen, solche Positionen mit Frauen zu besetzen. Mehrfach hätten Journalistinnen Stellen abgelehnt, die einen Umzug oder häufiges Reisen erforderten. Er machte dafür auch die Partner der Frauen verantwortlich. Diese machten offenbar weniger Zugeständnisse, als das umgekehrt der Fall sei.
    Grundlage für die Pro-Quote-Zahlen sind unter anderem die Organigramme der Sender. Bewertet wurde nicht nur der reine Frauenanteil, sondern auch, wie viel Verantwortung die weiblichen Führungskräfte haben (als Frauenmachtfaktor bezeichnet).
    Wir wiederholen die Diskussion heute ab 19 Uhr in unserem Dokumente und Debatten-Kanal.
    (hba/gwi)