"Eine widerliche Schwüle lag in den Gassen; die Luft war so dick, dass die Gerüche, die aus Wohnungen, Läden, Garküchen quollen, Öldunst, Wolken von Parfum und viele andere in Schwaden standen, ohne sich zu zerstreuen. (...) Je länger er ging, desto quälender bemächtigte sich seiner der abscheuliche Zustand, den die Seeluft zusammen mit dem Scirocco hervorbringen kann und der zugleich Erregung und Erschlaffung ist."
"Es gab etliche Choleraepidemien, allerdings erst recht spät in der europäischen Geschichte. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Cholera in Europa unbekannt."
Professor Hans Peter Kröner, Medizinhistoriker an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
"Es gab Berichte über eine Durchfallerkrankung, die in Indien endemisch war, spanische Ärzte hatten schon im 17. Jahrhundert darüber berichtet. Als dann die Cholera zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal aufritt, die erste sogenannte Pandemie ist um 1817 bis 1824 gewesen, da war das für Europa eine neue Krankheit."
Die Krankheit wanderte vom Ganges Delta in Indien über den Seeweg bis nach Großbritannien, über den Landweg bis nach Russland, mit Karawanen oder mit Kauffahrerschiffen. Den Namen Cholera habe es schon vorher gegeben, so Kröner und allgemein Durchfallerkrankungen bezeichnet; die neue Variante sei dann Cholera morbus oder Cholera nostris genannt worden.
"Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte es die bakterielle Erregertheorie noch nicht gegeben. Es galt weiterhin, dass Infektionskrankheiten entweder über einen Kontaktstoff, einen hypothetischen Kontaktstoff oder eben durch Miasmata, durch Dämpfe übertragen werden, die aus faulender organischer Substanz aus dem Boden aufstiegen."
Beide Theorien lagen zur Zeit der Pandemien im Streit und führten zu konträren Maßnahmen. Die Kontagiumstheoretiker verlangten nach Quarantäne, nach Isolation.
"Während die Miasmatheorie natürlich sagte: Sie entkommen den Dämpfen nicht, man kann solche Dämpfe nicht einsperren. Man muss im Grunde die Quellen sanieren, man muss diese organischen Stoffe aus dem Boden verteilen und man muss vor allem dafür sorgen, dass die Städte ordentlich durchlüftet werden."
Die Miasmatheorie hat zwar nicht zu einer sinnvollen Choleratherapie geführt, aber eine deutlich positive, weil gesundheitsfördernde Veränderung der städtischen Bauweise nach sich gezogen, eine Auflockerung der dicht gedrängten Mauer-an-Mauer-Bebauung, wie sie im Mittelalter üblich war.
"Peinlicher Schweiß brach ihm aus. Die Augen versagten den Dienst, die Brust war beklommen, er fieberte, das Blut pochte im Kopf. Er floh aus den drangvollen Geschäftsgassen über Brücken in die Gänge der Armen. Dort behelligten ihn Bettler und die üblen Ausdünstungen der Kanäle verleideten das Atmen."
Die Leiden seines Protagonisten Gustav von Aschenbach in dessen Lieblingsstadt beschreibt Thomas Mann recht genau in der Novelle "Tod in Venedig", vor allem die psychischen; medizinische Diagnosen, genaue Symptombeschreibungen der Krankheit hingegen fehlen.
"Die Cholera ist eine Infektionskrankheit, eine Infektion mit einem Bakterium, dem Komma-Bakterium oder Vibrio Cholerae. Sie führt zu massiven Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten, es kommt zu massiven Durchfällen und Erbrechen und vor allen Dingen. Eben dieser massive Flüssigkeitsverlust führt dazu, dass der pH-Wert des Blutes sich verändert, dass es zu Herzrhythmusstörungen kommt bis hin zu schweren komatösen Zuständen. Eine höchst gefährliche Krankheit, die vor allem über verschmutztes Wasser, Wasser, das mit Fäkalkeimen verschmutzt ist, übertragen wird. Das führt zur Infektion. "
Den Erreger zuerst beschrieben hat Filippo Pacini 1854, allerdings ist seine Beschreibung unberücksichtigt geblieben, ein Phänomen, das häufig in der Wissenschaftsgeschichte zu finden ist. Das Problem war, dass es im Darm eine Fülle von Erregern gibt. Welche dieser Bakterien für die Cholera verantwortlich ist, hat der deutsche Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch 1883 herausgefunden.
"Er hat den Wettlauf gegen die Gruppe Louis Pasteurs gewonnen, was zu einem großen nationalen Ereignis wurde. Er hat also den Erreger nachgewiesen. Er hat nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang gab mit verschmutzten Wasserreservoirs, die diesen gleichen Erreger hatten. Was ihm nicht gelungen ist und was wir bis heute nicht können, ist, diesen Erreger im Tierversuch zu testen, weil die Cholera eine reine Menscheninfektionskrankheit ist. "
"An den Straßenecken hafteten gedruckte Anschläge, durch welche die Bevölkerung wegen gewisser Erkrankungen des gastrischen Systems, die bei dieser Witterung an der Tagesordnung seien, vor dem Genusse von Austern und Muscheln, auch vor dem Wasser der Kanäle stadtväterlich gewarnt wurde."
Es sei eine Krankheit der Armut, so Hans Peter Kröner, deren Bekämpfung oft wirtschaftliche Interessen entgegenstünden, wie im Jahr 1892, als in Hamburg die Cholera ausbrach, die Stadtoberen und Kaufleute sich allerdings aus Kostengründen nicht bereit erklärten, das Elbwasser von Abwässern zu filtern für die Bevölkerung zur Trinkwasserentnahme. Auch heute noch ist in vielen armen Ländern die hygienische Situation prekär, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser nicht gewährleistet und somit der Grund für Infektionen mit dem Cholerabakterium.
"Behandeln kann man die Cholera heute gut, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Vor allem wichtig ist die Rehydrierung, die rechtzeitige Zufuhr von Flüssigkeit, Ersatz von Flüssigkeit, isotonische Kochsalzlösung und ähnliches neben der Antibiose natürlich, der antibiotischen Therapie.
"Einige Tage später verließ Gustav von Aschenbach, da er sich leidend fühlte, das Bäder-Hotel zu späterer Morgenstunde als gewöhnlich. (...) Minuten vergingen, bis man dem seitlich im Stuhl Hinabgesunkenen zu Hilfe eilte. Man brachte ihn auf sein Zimmer. Und noch desselben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachricht von seinem Tode."
"Es gab etliche Choleraepidemien, allerdings erst recht spät in der europäischen Geschichte. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Cholera in Europa unbekannt."
Professor Hans Peter Kröner, Medizinhistoriker an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
"Es gab Berichte über eine Durchfallerkrankung, die in Indien endemisch war, spanische Ärzte hatten schon im 17. Jahrhundert darüber berichtet. Als dann die Cholera zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal aufritt, die erste sogenannte Pandemie ist um 1817 bis 1824 gewesen, da war das für Europa eine neue Krankheit."
Die Krankheit wanderte vom Ganges Delta in Indien über den Seeweg bis nach Großbritannien, über den Landweg bis nach Russland, mit Karawanen oder mit Kauffahrerschiffen. Den Namen Cholera habe es schon vorher gegeben, so Kröner und allgemein Durchfallerkrankungen bezeichnet; die neue Variante sei dann Cholera morbus oder Cholera nostris genannt worden.
"Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte es die bakterielle Erregertheorie noch nicht gegeben. Es galt weiterhin, dass Infektionskrankheiten entweder über einen Kontaktstoff, einen hypothetischen Kontaktstoff oder eben durch Miasmata, durch Dämpfe übertragen werden, die aus faulender organischer Substanz aus dem Boden aufstiegen."
Beide Theorien lagen zur Zeit der Pandemien im Streit und führten zu konträren Maßnahmen. Die Kontagiumstheoretiker verlangten nach Quarantäne, nach Isolation.
"Während die Miasmatheorie natürlich sagte: Sie entkommen den Dämpfen nicht, man kann solche Dämpfe nicht einsperren. Man muss im Grunde die Quellen sanieren, man muss diese organischen Stoffe aus dem Boden verteilen und man muss vor allem dafür sorgen, dass die Städte ordentlich durchlüftet werden."
Die Miasmatheorie hat zwar nicht zu einer sinnvollen Choleratherapie geführt, aber eine deutlich positive, weil gesundheitsfördernde Veränderung der städtischen Bauweise nach sich gezogen, eine Auflockerung der dicht gedrängten Mauer-an-Mauer-Bebauung, wie sie im Mittelalter üblich war.
"Peinlicher Schweiß brach ihm aus. Die Augen versagten den Dienst, die Brust war beklommen, er fieberte, das Blut pochte im Kopf. Er floh aus den drangvollen Geschäftsgassen über Brücken in die Gänge der Armen. Dort behelligten ihn Bettler und die üblen Ausdünstungen der Kanäle verleideten das Atmen."
Die Leiden seines Protagonisten Gustav von Aschenbach in dessen Lieblingsstadt beschreibt Thomas Mann recht genau in der Novelle "Tod in Venedig", vor allem die psychischen; medizinische Diagnosen, genaue Symptombeschreibungen der Krankheit hingegen fehlen.
"Die Cholera ist eine Infektionskrankheit, eine Infektion mit einem Bakterium, dem Komma-Bakterium oder Vibrio Cholerae. Sie führt zu massiven Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten, es kommt zu massiven Durchfällen und Erbrechen und vor allen Dingen. Eben dieser massive Flüssigkeitsverlust führt dazu, dass der pH-Wert des Blutes sich verändert, dass es zu Herzrhythmusstörungen kommt bis hin zu schweren komatösen Zuständen. Eine höchst gefährliche Krankheit, die vor allem über verschmutztes Wasser, Wasser, das mit Fäkalkeimen verschmutzt ist, übertragen wird. Das führt zur Infektion. "
Den Erreger zuerst beschrieben hat Filippo Pacini 1854, allerdings ist seine Beschreibung unberücksichtigt geblieben, ein Phänomen, das häufig in der Wissenschaftsgeschichte zu finden ist. Das Problem war, dass es im Darm eine Fülle von Erregern gibt. Welche dieser Bakterien für die Cholera verantwortlich ist, hat der deutsche Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch 1883 herausgefunden.
"Er hat den Wettlauf gegen die Gruppe Louis Pasteurs gewonnen, was zu einem großen nationalen Ereignis wurde. Er hat also den Erreger nachgewiesen. Er hat nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang gab mit verschmutzten Wasserreservoirs, die diesen gleichen Erreger hatten. Was ihm nicht gelungen ist und was wir bis heute nicht können, ist, diesen Erreger im Tierversuch zu testen, weil die Cholera eine reine Menscheninfektionskrankheit ist. "
"An den Straßenecken hafteten gedruckte Anschläge, durch welche die Bevölkerung wegen gewisser Erkrankungen des gastrischen Systems, die bei dieser Witterung an der Tagesordnung seien, vor dem Genusse von Austern und Muscheln, auch vor dem Wasser der Kanäle stadtväterlich gewarnt wurde."
Es sei eine Krankheit der Armut, so Hans Peter Kröner, deren Bekämpfung oft wirtschaftliche Interessen entgegenstünden, wie im Jahr 1892, als in Hamburg die Cholera ausbrach, die Stadtoberen und Kaufleute sich allerdings aus Kostengründen nicht bereit erklärten, das Elbwasser von Abwässern zu filtern für die Bevölkerung zur Trinkwasserentnahme. Auch heute noch ist in vielen armen Ländern die hygienische Situation prekär, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser nicht gewährleistet und somit der Grund für Infektionen mit dem Cholerabakterium.
"Behandeln kann man die Cholera heute gut, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Vor allem wichtig ist die Rehydrierung, die rechtzeitige Zufuhr von Flüssigkeit, Ersatz von Flüssigkeit, isotonische Kochsalzlösung und ähnliches neben der Antibiose natürlich, der antibiotischen Therapie.
"Einige Tage später verließ Gustav von Aschenbach, da er sich leidend fühlte, das Bäder-Hotel zu späterer Morgenstunde als gewöhnlich. (...) Minuten vergingen, bis man dem seitlich im Stuhl Hinabgesunkenen zu Hilfe eilte. Man brachte ihn auf sein Zimmer. Und noch desselben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachricht von seinem Tode."