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Radiolexikon Eigenbluttherapie

Seit über 100 Jahren wird die Eigenbluttherapie angewendet, vorrangig im Bereich der Naturheilverfahren. Dabei wird körpereigenes Blut entnommen und beispielsweise nach einer Ozonanreicherung reinjiziert. Kritiker warnen, dass es wenig Studien über den Erfolg der Therapie gibt.

Von Jochen Steiner |
    Martina Daglis:
    "Wir haben hier eine Vakuumflasche, die an diesem Gerät angeschlossen ist. Diesen Schlauch lege ich der Patientin jetzt an den Zugang im Arm. So, da tropft ein bisschen Blut raus, dann öffne ich hier einen Verschluss und somit hat die Vakuumflasche die Möglichkeit, das Blut aus der Patientin quasi in die Vakuumflasche zu ziehen."

    Langsam wandert das rote Blut in einem dünnen Plastikschlauch nach oben in die Flasche, die an einem Ständer hängt. Den ersten Teil der sogenannten Großen Ozon-Eigenblut-Behandlung hat Martina Daglis mit ein paar schnellen Handgriffen erledigt. Die medizinische Fachangestellte arbeitet in der Praxisklinik Dr. Schuppert in Bonn.

    "Dann beobachten wir im Prinzip, wie die Flasche sich füllt mit Blut und da werden wir so in etwa 150 Milliliter Blut in die Flasche ziehen lassen. In der Flasche ist ein wenig Heparin, was die Gerinnung des Blutes ein bisschen verlangsamt."

    Im Behandlungszimmer verfolgt auch Dr. Achim Schuppert die Therapie.

    Achim Schuppert:
    "Insgesamt dient die Therapie dazu, dass die Sauerstoffsättigung des Körpers erhöht wird und damit die Zellen in die Lage versetzt werden, mehr Energie zu produzieren. Denn ohne Sauerstoff können die Zellen keine Energie, kein ATP produzieren. Und das verbessern wir hiermit."

    Mittlerweile ist die gewünscht Menge Blut in der Vakuumflasche angekommen.

    Martina Daglis:
    "Im Prinzip sage ich dem Gerät jetzt, wie viel Ozon zu dem Blut hinzugemischt werden soll. Das Ganze machen wir halb automatisch im Prinzip."

    Aus einer weißen Gasflasche strömt reiner Sauerstoff in das Gerät, das ihn zu Ozon verwandelt. Aber nur zu einem kleinen Teil: Ein Gemisch aus 98 Prozent Sauerstoff und gerade einmal zwei Prozent Ozon wird dem Blut zugesetzt. Danach nimmt Martina Daglis die Flasche mit dem Blut-Sauerstoff-Ozon-Gemisch in die Hand und schüttelt sie vorsichtig. Dr. Achim Schuppert erklärt:

    Achim Schuppert:
    "Der Ozonanteil bewirkt, dass sich der Sauerstoff besser mit dem Blut verbindet und hat zusätzlich noch andere Funktionen, zum Beispiel virushemmende Eigenschaften."

    Martina Daglis:
    "So, und dann hänge ich das Ganze auf. Man sieht, dass sich die Farbe des Blutes ein wenig verändert hat, es ist heller geworden. Dann öffne ich hier diesen Klemmverschluss und lasse der Patientin das Blut wieder zurück in die Vene laufen."

    Was wieder einige Minuten dauert.
    Seit über 100 Jahren wird die Eigenblutbehandlung angewendet, vor allem von Heilpraktikern und Ärzten, die mit Naturheilverfahren arbeiten. Dabei ist Eigenbluttherapie nicht gleich Eigenbluttherapie. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Behandlungen. Fast allen gemeinsam aber ist, dass das Blut in irgendeiner Form behandelt wird, bevor es wieder in den Körper zurückkommt. Es kann mit einem Sauerstoff-Ozon-Gemisch versetzt werden oder mit unterschiedlichen homöopathischen Mitteln. Auch eine Bestrahlung mit UV-Licht oder Kurzwellen ist möglich.

    Manche Orthopäden spritzen ihren Patienten nur die eigenen Blutplättchen, die zur Heilung geschädigter Sehnen beitragen sollen. Die einfachste Variante der Eigenbluttherapie ist die, bei der das entnommene Blut einige Stunden gekühlt und unverändert zurück gespritzt wird. Dr. Irmgard Schuppert, die die Praxis gemeinsam mit ihrem Mann leitet:

    Irmgard Schuppert:
    "Die Eigenbluttherapie ist eine Reiz- und Regulationstherapie. Das heißt, durch die Entnahme von Blut und wieder Reinjektion, also wieder Einspritzen in den Körper, wird der Körper angeregt, selbst wieder eben zu reagieren."

    "Es gibt häufig Situationen, in denen der Körper mit Infekten nicht wirklich richtig fertig wird, sich das eben chronifiziert, ein Dauerzustand wird, und da kann man eben mit einer kleinen Reiztherapie den Körper wieder in die Situation bringen, dass er selber wieder fertig wird mit diesen Infekten."

    Bei chronischen Nasen-Nebenhöhlenentzündungen könne eine Eigenbluttherapie angewendet werden, bei chronischer Bronchitis, Heuschnupfen, Asthma, Allergien und zur Immunstimulation, so Dr. Irmgard Schuppert. Die Behandlung mit Sauerstoff und Ozon führen die Ärzte der Bonner Praxisklinik auch häufig bei Krebspatienten durch.

    Oft wird zwischen kleiner und großer Eigenbluttherapie unterschieden. Bei der kleinen werden nur ein, zwei Milliliter Blut entnommen und in einen Muskel gespritzt, die Kosten liegen pro Sitzung bei etwa 25 Euro. Bei der großen werden rund 150 Milliliter Blut entnommen und zurück in dieselbe Vene injiziert, hier fallen pro Sitzung 60-70 Euro an, etwa zehn Termine werden jeweils empfohlen.

    Und wie sieht es eigentlich mit den Nebenwirkungen aus?

    Achim Schuppert:
    "Nebenwirkungen bei der kleinen Eigenblutbehandlung gibt es eigentlich keine. Vielleicht, dass mal ein kleiner Bluterguss entsteht wenn man das Blut in den Muskel einspritzt. Auch bei der großen Eigenblutbehandlung haben wir bei etwa 100.000 Behandlungen, die wir in den letzten 30 Jahren durchgeführt haben, in keinem Fall eine Nebenwirkung gesehen."

    Das sieht Professor Josef Beuth von der Uniklinik Köln anders. Er leitet seit 15 Jahren das Institut zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher Verfahren:

    "Es können eine Menge an Nebenwirkungen auftreten. Einmal können allergische Reaktionen auf die Substanzen auftreten, die in der Eigenblutprobe dann verarbeitet werden. Zum anderen können, das ist heute seltener, Infektionskrankheiten entstehen, die durch Kanülen weitergegeben werden. Was oft ein ganz ganz großes Problem ist, ist, dass diese Eigenblutproben ja in den Muskel gespritzt werden, denn damit hat man ja ein Optimum an immunaktiver Kraft. Aber da kann man dann auch Bakterien mit rein injizieren, das bedeutet, man kann Abszesse oder andere Infektionen entwickeln, die sehr schmerzhaft sind und die auch richtig therapiert werden müssen. Ich würde sogar sagen, so eine Eigenbluttherapie kann durch einen allergischen Schock bis hin zum Tod führen."

    Stimuliere man durch eine Eigenbluttherapie das Immunsystem unkontrolliert, so könnten auch Bakterien oder Tumorzellen zum Wachstum angeregt werden, so Beuth:

    "Wenn man wissenschaftlich die ganze Sache betrachtet würde ich sagen, es gibt keinen Beleg für die Wirksamkeit. Denn zur Wirksamkeit werden ja Studien, die auf Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ausgerichtet sind, verlangt, und die gibt es im Prinzip für die Eigenbluttherapie in dieser Form nicht."

    Dagegen Dr. Achim Schuppert:

    "Es ist richtig, dass es wenige Studien dazu gibt, gerade im deutschsprachigen Raum, weil die Studien in Deutschland im Wesentlichen durch die Pharmaindustrie durchgeführt werden und dort hat man natürlich kein Interesse daran, Geld für etwas auszugeben, woran man nicht profitieren kann."

    Professor Josef Beuth von der Uniklinik Köln bestreitet nicht, dass die Eigenbluttherapie manchen Patienten helfen kann. Sie wirke jedoch unspezifisch und man könne nicht wissen, ob man mehr Nebenwirkungen als positive Ergebnisse bekomme:

    "Von daher raten wir eigentlich immer von den Eigenbluttherapien ab."

    Die Eigenbluttherapie alleine könne nicht alle Probleme lösen, so Dr. Achim Schuppert, deshalb werde sie in seiner Praxis mit anderen naturheilkundlichen Behandlungen kombiniert.

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