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Radiolexikon Entzündungen

Fast jeder hat das schon einmal erlebt: Ein Holzsplitter oder ein Dorn steckt im Finger und man bemerkt das erst, wenn die Stelle sich rötet und anschwillt. Dann fällt auf, dass da ein Fremdkörper steckt. Der Körper will diesen wieder loswerden und reagiert mit einer Entzündung. Je nach Verlauf unterscheidet man akute, chronische und wiederkehrende Entzündungen.

Von Renate Rutta |
    "Einmal sind wir spazieren gegangen, da bin ich in einen Dorn getreten und hab sofort angefangen zu weinen und einmal hab ich es erst nach zwei oder drei Tagen gemerkt, es hat ein bisschen wehgetan und dann hab ich gesehen, da war ein Splitter."

    Anton, gerade neun Jahre alt geworden, zeigt auf seinen Fuß.

    "Das war hinten in der Ferse und der hatte sich schon richtig in die Hornhaut eingetreten, weil ich so viel gelaufen bin und dann war der schon sehr tief drin und man konnte den gar nicht mehr so einfach rausholen."

    Gemerkt hat er es erst, als ihm die Stelle am Fuß weh tat.

    "Ja also es war rot, es war ne kleine Schwellung und das hatte sich schon bisschen entzündet. Ja, da mussten wir mit einer Nadel drangehen und das so rausziehen.

    Und dann hat es nicht mehr so doll wehgetan und am nächsten Tag hat man es gar nicht mehr gespürt dann."

    Fast jeder hat das schon einmal erlebt: Ein Holzsplitter oder ein Dorn steckt im Finger und man bemerkt das erst, wenn die Stelle sich rötet und anschwillt. Dann fällt auf, dass da ein Fremdkörper steckt. Der Körper will diesen wieder loswerden und reagiert mit einer Entzündung, denn Dornen oder Holzsplitter sind oft mit Bakterien behaftet und diese können in die Wunde eindringen.

    "Die klassische Definition der akuten Entzündung ist die Überrötung, Überwärmung, so dass es anschwillt, dass es weh tut und in einer Vielzahl von Entzündungen, dass die Funktion des betroffenen Körperteils eingeschränkt ist. Das sind die klassischen Merkmale der Entzündung."

    Professor Christoph Hess vom Department Innere Medizin am Universitätsspital Basel.

    Offene Wunden – und seien sie auch noch so klein – bergen ein hohes Risiko für eine Wundinfektion. Ebenso wie an der Hand kann es auch bei scheinbar oberflächlichen Verletzungen des Fußes vorkommen, dass Keime sogar in tiefere Regionen des Körpers eindringen und eine Infektion verursachen. Gerade an der Ferse unter dicker Hornhaut oder anderen Stellen, an denen die Haut schlecht durchblutet ist, blutet die Wunde meist nur wenig, schließt sich schnell wieder, so dass unter dem Schorf eine Entzündung entsteht.

    "Die Entzündung ist die Reaktion des Körpers auf einen Stress. Ein Stress, das kann bedeuten, ein Infekt, kann auch eine mechanische Verletzung sein, eine chemische Irritation und es ist die erste Reaktion, wie der Körper versucht, mit diesem Stress umzugehen."

    Hervorgerufen werden können Entzündungen durch Bakterien, durch Viren, Chemikalien, große Hitze oder Kälte sowie durch radioaktive Strahlung. Die Entzündung ist eine Antwort des Körpers auf eine Schädigung von Gewebe. Der betroffene Körperteil wird stärker durchblutet, Flüssigkeit aus den Gefäßen tritt ins Gewebe über, es schwillt an. Dirk Haller, Professor für Experimentelle Ernährungsmedizin an der TU München:

    "Wenn man sich die Haut verletzt, dann wird Gewebe verletzt, nämlich die Haut. Das Gewebe wird rot, schwillt an, es schmerzt. Diese entzündlichen Prozesse sind wichtig, um die Abwehrfunktion, sprich das Immunsystem zu steigern. Es schützt uns vor Infektion. Dieser Infektionsschutz bleibt solange erhalten, also die Aktivierung des Immunsystems und die Entzündung, bis die Infektionserreger mehr oder weniger aus dem Gewebe entfernt sind."

    Sofort nach Entstehen der Verletzung beginnen bereits die ersten Phasen der Wundheilung. Erstes Ziel ist es, eine Blutung zu stoppen und die Wundränder zu verkleben, um sie vor Infektionen zu schützen. Gleichzeitig führt die Zell- und Gewebeschädigung zu einer entzündlichen Reaktion. Weiße Blutkörperchen wandern verstärkt in das betroffene Gebiet. Sie vernichten Fremdkörper und beseitigen zerstörte Zellen. Dringt eine bestimmte Art von weißen Blutkörperchen in das entzündete Gewebe ein, dann eitert die Wunde.

    Wer eine Infektion hat oder eine Entzündung, der bekommt in vielen Fällen Fieber. Die Körpertemperatur steigt, der Puls wird schneller, die Augen glänzen, es kommt zu Schweißausbrüchen und man hat Durst, wie etwa bei einem grippalen Infekt oder einer Influenza. Professor Hess:

    "Ich denke, das Influenzavirus ist ein gutes Beispiel einer zur akuten Entzündung und anschließend zur Elimination des Virus führenden Situation. Die allermeisten Menschen können das Virus adäquat bekämpfen. Es kommt zu einer kurzfristigen Entzündungsreaktion mit Fieber, Abgeschlagenheit und anschließend kann das Virus problemlos eliminiert werden dank dem Zusammenspiel von angeborenen und auch adaptiven Elementen unseres Immunsystems."

    Je nach Verlauf unterscheidet man akute, chronische und wiederkehrende Entzündungen. Eine akute Entzündung beginnt abrupt, verläuft meistens kurz, vergeht rasch wieder und hinterlässt keinen bleibenden Schaden.

    Allerdings können sich aus einer akuten Entzündung auch chronische Entzündungen entwickeln, wenn der Körper diese nicht stoppen kann oder wenn die Auslöser dauerhaft weiter wirken. Prof. Haller:

    "Nach dem Entzündungsvorgang ist es sehr wichtig, dass diese Prozesse, die im Körper stattfinden, abgeschaltet werden in dem Sinne, dass das Gewebe die Chance hat zu heilen. Und wenn dieser Vorgang nicht adäquat abläuft, dann kann es passieren, dass man chronische Entzündungen hat. "

    Zu den chronischen Entzündungen zählen auch Darmkrankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

    "Man kann chronische Entzündungen im Darm haben, bspw Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, wo man überhaupt keine Infektionserreger im eigentlichen Sinn dafür kennt. Es wird zwar immer wieder diskutiert aber es wurden bisher keine nachgewiesen. D.h. dieses Gewebe ist chronisch entzündet, d.h. die Abwehrkraft des Körpers wendet sich gegen den Körper selbst und zerstört damit Gewebe."

    Beim Morbus Crohn kann die Entzündung alle Teile des Verdauungstraktes betreffen vom Mund über die Speiseröhre, den Magen bis zum Endddarm. Am häufigsten befallen ist der Übergangsbereich vom Dünndarm zum Dickdarm. Die Colitis ulcerosa ist auf den Dickdarm beschränkt und beginnt meist vom Endddarm aus.

    Woran kann es liegen, dass diese Entzündungen nicht abheilen?

    "Prinzipiell unterscheidet man bei so einem Entzündungsprozess die Aktivierung und die Abschaltphase. Da man chronische Entzündung hat, liegt es nahe, dran zu denken, dass die Abschaltphase nicht in dem Sinn aufgebaut werden kann vom Körper, wie man es erwarten würde. Da sind bestimmte Botenstoffe im Körper wichtig und wenn die nicht in ausreichender Menge an den Ort des Geschehens gebracht werden können oder nicht in der richtigen Art und Weise mit Zellen kommunizieren, dann kommt es dazu, dass diese Entzündungsvorgänge nicht in dem Maße herunterreguliert werden, wie man das eigentlich erwarten sollte."

    Bei chronischen Entzündungen, wie bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, treten immer wieder Entzündungsschübe auf. Außerdem kann es vorkommen, dass eine akute Entzündung über eine längere Zeit anhält. Beispiel: ein grippaler Infekt, eine Influenza oder ein chronischer Schnupfen. Warum bei einem Menschen der Schnupfen nur kurz anhält, beim andern aber über viele Wochen, ist nicht ganz klar. Prof. Hess:

    "Auch hier gilt die Regel: Es ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen pathogenen Faktoren und dem infizierten Menschen, die schlussendlich entscheidet, in welche Richtung eine Infektion und die Reaktion auf die Infektion und die Entzündung geht. Auch hier gilt, es ist nicht verstanden, wann der infizierte Mensch in der Lage ist, es ist zumindest nicht im Detail verstanden, wann der infizierte Mensch in der Lage ist, ein Bakterium zu eliminieren und wieder gesund zu werden und wann nicht."

    Manchmal spielen eben ganz individuelle Abwehrschwächen eine Rolle, ob der Schnupfen schnell verschwindet oder lange anhält.