Angenommen, Sie stehen mit Ihrem Rezept in der Apotheke und wollen wie immer Ihre Pillen namens "Hypertonix Forte" haben. Der Arzt hat Ihnen nun aber "Blutdruckblocker 100" verschrieben, und das gibt Ihnen die Apothekerin auch. Wie reagieren Sie als Patient?
"Die einen sind dickköpfig oder ich würde mal sagen starrsinnig und wollen unbedingt ihr Gutes haben, und wenn ich sage "in Ordnung, Sie kriegen es, ist der Fall erledigt. Die anderen kriegen Wut auf ihren Arzt oder auf die Krankenkasse und wollen das über diese Schiene regeln, und die allermeisten Patienten haben aber eingesehen, dass sie mit Generika sparen können und dass die Medikamente genauso gut sind. Und dann gibt's ganz fatalistische, die strecken das Rezept hin und sagen: "Was schlucken wir denn heute?"
Das Problem bei all den geschilderten Reaktionen: Der Arzt hat Ihnen statt eines Originals ein Nachahmer-Medikament verschrieben. Solche Generika ersparen dem Gesundheitswesen jährlich viele Milliarden Euro. Die Furcht vieler Patienten: die Kopie wirkt schlechter als das Original.
"Also grundsätzlich sind Generika überhaupt nicht schlechter",
widerspricht Professor Gilbert Schönfelder vom Institut für klinische Pharmakologie der Charité. Die staatliche Zulassungsbehörde prüft die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Nachahmer genauso wie beim Original. Und auch Dr. Erika Fink, Vorsitzende der Bundesapothekerkammer, will Patienten die Angst nehmen, billig bedeute schlecht.
"Das kann man überhaupt nicht sagen. Wir kriegen das heute hin, dass die Generika gleichwertig sind, so dass da absolut keine Unterschiede sind."
Nach Ablauf des Patentes für den Originalhersteller können andere Pharmafirmen dessen Arzneistoff ebenfalls vermarkten.
"Da ist der Handelsname, so wie man die Verpackung kauft, zwar ein anderer, aber der Wirkstoff ist der gleiche."
Oft hängen die Nachahmer einfach ihren Firmennamen hinter die internationale Substanzbezeichnung – besonders bekannt ist dies etwa bei dem Inhaltsstoff der ursprünglich nur als "Aspirin" verkauften Acetylsalicylsäure, kurz ASS.
Zudem gibt es meist nicht nur ein einziges nachgeahmtes Produkt, sondern Dutzende wirkstoffgleiche Blutdrucksenker, Schmerztabletten oder Mittel gegen zu hohe Fettwerte. Die Auswahl ist für Patienten nicht einfach, sagt der stellvertretende Leiter des Berliner Instituts für klinische Pharmakologie.
"Da gibt es eben die Unterschiede, obwohl es sich um den gleichen Wirkstoff handelt – trotzdem können Zusatzstoffe auch beeinflussen. Das Problem ist genau so, wie wir es auch vom Lebensmittelmarkt kennen, kaufen wir nun einen Marken-Joghurt oder einen Nicht-Marken-Joghurt und wie gut schmeckt's oder wie schädlich ist es – da wissen wir aus den verschiedenen Tests, dass manchmal auch billigere Produkte die gleiche Wirkung haben und den gleichen Effekt."
Der Mediziner und Arzneimittelexperte Gilbert Schönfelder sieht aber auch seine Kollegen in der Pflicht, wenn es um die Auswahl des richtigen Generikums geht.
"Ich sollte mich als Arzt natürlich damit auseinandersetzen. Was bedeutet das? Es bedeutet nicht, es ist schlechter, bloß es kann durchaus mal sein, dass es zu Nebenwirkungen kommen kann, da steht der Patient im Vordergrund, und natürlich sollte man ökonomisch arbeiten, aber man sollte natürlich auch wissen, dass man nicht ganz eins zu eins das Präparat umstellen kann, man muss dann eine Dosierung anpassen, weil es eben diese feinen Unterschiede gibt, die aber dann doch bedeutend sein können."
Problematisch können die an sich unproblematischen Generika in bestimmten Fällen nämlich doch werden.
"So eine Tablette, wenn man sie in der Hand hält, ist ja nicht der reine Wirkstoff, sondern da sind ja Hilfsmittel bei. Und auch da wissen wir, dass es durchaus manchmal Präparate gibt, wo diese Hilfsmittel bei dem einen oder anderen Patienten zu einer Allergie führen könnte."
Dazu gehören auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, weiß Dr. Erika Fink, die in Frankfurt am Main selbst eine Apotheke führt.
"Die Hilfsstoffe können abweichen. Und wenn ein Patient dann zum Beispiel eine Milchzuckerunverträglichkeit hat, müssen wir dann eben ein entsprechendes faktosefreies Präparat aussuchen, das ist aber kein Problem, der muss einfach nur den Mund aufmachen."
Ein dritter Bereich, bei dem Nachahmer-Medikamente meist nicht eingesetzt werden, sind Substanzen mit geringer therapeutischer Breite. Hier ist der Grat zwischen erwünschter Wirkung und unerwünschter Nebenwirkung sehr schmal. Die Dosierung muss also extrem genau erfolgen. Professor Schönfelder:
"Solche Medikamente sind zum Beispiel Immunsuppressiva oder Antikonvulsiva, die gegeben werden, wenn es sich um Erkrankungen wie die Epilepsie handelt. Und wenn dann ein Präparat so ein enges therapeutisches Fenster hat, dann kann es durchaus sein, dass es relativ schnell zu Nebenwirkungen kommen kann."
Solche Probleme mit Generika sind aber, wie gesagt, die Ausnahme. Für Verwirrung sorgt jedoch häufig die Vielfalt der Nachahmer-Präparate, und zwar aus dem folgenden Grund: Der Gesetzgeber hat "Rabattverträge eingeführt. Seit einiger Zeit dürfen und sollen gesetzliche Krankenkassen mit Pharmafirmen Preise für bestimmte Arzneigruppen aushandeln. Der Hersteller, der einer Kasse sein Generikum günstig anbietet, kriegt den Zuschlag. In regelmäßigen Abständen geht dieses Rabattspiel von neuem los. So bekommt ein Patient möglicherweise erst eine rote, runde Pille ausgehändigt und beim nächsten Apothekenbesuch eine gelbe, viereckige.
Das bedeutet nicht nur viel Bürokratie für die Apotheker, sondern auch eine gefährliche Verunsicherung für so manchen Patienten, schildert die Vorsitzende der Bundesapothekerkammer, Dr. Erika Fink:
"Das ist ein Riesenproblem. Die Leute erkennen diese Tabletten nicht wieder. Ich glaube, es gibt nicht viele Patienten, die vorher auf die Schachtel gucken oder den Namen auswendig lernen. Sondern: Die nehmen morgens die rote Tablette. Und wenn die gelb ist, dann gibt's da viele Möglichkeiten: Entweder sie nehmen alle beide: die letzte rote und die neue gelbe, das kann nicht gut sein wegen doppelter Wirkung, oder sie denken, sie haben was falsches verordnet bekommen, dann werden sie sich schlau machen oder sie haben sowieso schon die Wut und werfen es gleich in den Müll. Beides ist nicht gut."
"Die einen sind dickköpfig oder ich würde mal sagen starrsinnig und wollen unbedingt ihr Gutes haben, und wenn ich sage "in Ordnung, Sie kriegen es, ist der Fall erledigt. Die anderen kriegen Wut auf ihren Arzt oder auf die Krankenkasse und wollen das über diese Schiene regeln, und die allermeisten Patienten haben aber eingesehen, dass sie mit Generika sparen können und dass die Medikamente genauso gut sind. Und dann gibt's ganz fatalistische, die strecken das Rezept hin und sagen: "Was schlucken wir denn heute?"
Das Problem bei all den geschilderten Reaktionen: Der Arzt hat Ihnen statt eines Originals ein Nachahmer-Medikament verschrieben. Solche Generika ersparen dem Gesundheitswesen jährlich viele Milliarden Euro. Die Furcht vieler Patienten: die Kopie wirkt schlechter als das Original.
"Also grundsätzlich sind Generika überhaupt nicht schlechter",
widerspricht Professor Gilbert Schönfelder vom Institut für klinische Pharmakologie der Charité. Die staatliche Zulassungsbehörde prüft die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Nachahmer genauso wie beim Original. Und auch Dr. Erika Fink, Vorsitzende der Bundesapothekerkammer, will Patienten die Angst nehmen, billig bedeute schlecht.
"Das kann man überhaupt nicht sagen. Wir kriegen das heute hin, dass die Generika gleichwertig sind, so dass da absolut keine Unterschiede sind."
Nach Ablauf des Patentes für den Originalhersteller können andere Pharmafirmen dessen Arzneistoff ebenfalls vermarkten.
"Da ist der Handelsname, so wie man die Verpackung kauft, zwar ein anderer, aber der Wirkstoff ist der gleiche."
Oft hängen die Nachahmer einfach ihren Firmennamen hinter die internationale Substanzbezeichnung – besonders bekannt ist dies etwa bei dem Inhaltsstoff der ursprünglich nur als "Aspirin" verkauften Acetylsalicylsäure, kurz ASS.
Zudem gibt es meist nicht nur ein einziges nachgeahmtes Produkt, sondern Dutzende wirkstoffgleiche Blutdrucksenker, Schmerztabletten oder Mittel gegen zu hohe Fettwerte. Die Auswahl ist für Patienten nicht einfach, sagt der stellvertretende Leiter des Berliner Instituts für klinische Pharmakologie.
"Da gibt es eben die Unterschiede, obwohl es sich um den gleichen Wirkstoff handelt – trotzdem können Zusatzstoffe auch beeinflussen. Das Problem ist genau so, wie wir es auch vom Lebensmittelmarkt kennen, kaufen wir nun einen Marken-Joghurt oder einen Nicht-Marken-Joghurt und wie gut schmeckt's oder wie schädlich ist es – da wissen wir aus den verschiedenen Tests, dass manchmal auch billigere Produkte die gleiche Wirkung haben und den gleichen Effekt."
Der Mediziner und Arzneimittelexperte Gilbert Schönfelder sieht aber auch seine Kollegen in der Pflicht, wenn es um die Auswahl des richtigen Generikums geht.
"Ich sollte mich als Arzt natürlich damit auseinandersetzen. Was bedeutet das? Es bedeutet nicht, es ist schlechter, bloß es kann durchaus mal sein, dass es zu Nebenwirkungen kommen kann, da steht der Patient im Vordergrund, und natürlich sollte man ökonomisch arbeiten, aber man sollte natürlich auch wissen, dass man nicht ganz eins zu eins das Präparat umstellen kann, man muss dann eine Dosierung anpassen, weil es eben diese feinen Unterschiede gibt, die aber dann doch bedeutend sein können."
Problematisch können die an sich unproblematischen Generika in bestimmten Fällen nämlich doch werden.
"So eine Tablette, wenn man sie in der Hand hält, ist ja nicht der reine Wirkstoff, sondern da sind ja Hilfsmittel bei. Und auch da wissen wir, dass es durchaus manchmal Präparate gibt, wo diese Hilfsmittel bei dem einen oder anderen Patienten zu einer Allergie führen könnte."
Dazu gehören auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, weiß Dr. Erika Fink, die in Frankfurt am Main selbst eine Apotheke führt.
"Die Hilfsstoffe können abweichen. Und wenn ein Patient dann zum Beispiel eine Milchzuckerunverträglichkeit hat, müssen wir dann eben ein entsprechendes faktosefreies Präparat aussuchen, das ist aber kein Problem, der muss einfach nur den Mund aufmachen."
Ein dritter Bereich, bei dem Nachahmer-Medikamente meist nicht eingesetzt werden, sind Substanzen mit geringer therapeutischer Breite. Hier ist der Grat zwischen erwünschter Wirkung und unerwünschter Nebenwirkung sehr schmal. Die Dosierung muss also extrem genau erfolgen. Professor Schönfelder:
"Solche Medikamente sind zum Beispiel Immunsuppressiva oder Antikonvulsiva, die gegeben werden, wenn es sich um Erkrankungen wie die Epilepsie handelt. Und wenn dann ein Präparat so ein enges therapeutisches Fenster hat, dann kann es durchaus sein, dass es relativ schnell zu Nebenwirkungen kommen kann."
Solche Probleme mit Generika sind aber, wie gesagt, die Ausnahme. Für Verwirrung sorgt jedoch häufig die Vielfalt der Nachahmer-Präparate, und zwar aus dem folgenden Grund: Der Gesetzgeber hat "Rabattverträge eingeführt. Seit einiger Zeit dürfen und sollen gesetzliche Krankenkassen mit Pharmafirmen Preise für bestimmte Arzneigruppen aushandeln. Der Hersteller, der einer Kasse sein Generikum günstig anbietet, kriegt den Zuschlag. In regelmäßigen Abständen geht dieses Rabattspiel von neuem los. So bekommt ein Patient möglicherweise erst eine rote, runde Pille ausgehändigt und beim nächsten Apothekenbesuch eine gelbe, viereckige.
Das bedeutet nicht nur viel Bürokratie für die Apotheker, sondern auch eine gefährliche Verunsicherung für so manchen Patienten, schildert die Vorsitzende der Bundesapothekerkammer, Dr. Erika Fink:
"Das ist ein Riesenproblem. Die Leute erkennen diese Tabletten nicht wieder. Ich glaube, es gibt nicht viele Patienten, die vorher auf die Schachtel gucken oder den Namen auswendig lernen. Sondern: Die nehmen morgens die rote Tablette. Und wenn die gelb ist, dann gibt's da viele Möglichkeiten: Entweder sie nehmen alle beide: die letzte rote und die neue gelbe, das kann nicht gut sein wegen doppelter Wirkung, oder sie denken, sie haben was falsches verordnet bekommen, dann werden sie sich schlau machen oder sie haben sowieso schon die Wut und werfen es gleich in den Müll. Beides ist nicht gut."