"Ich habe Garten umgegraben – das ist ja eine Haltung, in der man sehr gebückt über längere Zeit arbeitet und die auch ganz schön anstrengend ist. Und als ich dann nach einer Weile mich wieder aufrichten wollte, merkte ich auf einmal: Oh, das tut höllisch weh im Rücken (...). Ich habe dann noch ein bisschen weiter gemacht, aber jedes Mal, wenn ich wieder hoch kam, merkte ich, dass das blieb. Es tat einfach tief im Rücken richtig weh. Und es tat weh, gerade zu stehen. Ich bin dann wie eine alte Frau ins Haus rein."
Es war das erste mal in ihrem Leben, dass Hildegard Kriwet solch einen Schmerz im Rücken verspürte. Ein klassischer Hexenschuss.
"Ein uralter Name, kommt schon aus dem Mittelalter, die Hexe hat geschossen. Das kommt daher, weil etwas ganz plötzlich auftritt, nämlich ein Schmerz, der vom Rücken ins Bein geht. Ganz, ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel, wie ein Blitz. Ist ein alter Aberglaube: Die Hexe hat geschossen, daher kommt dieser lustige Name Hexenschuss, obwohl es für die Patienten meist gar nicht so lustig ist."
Für Professor Peer Eysel, Direktor der Orthopädischen Uniklinik in Köln, sind Hexenschuss-Patienten reine Routine, denn irgendwann erwischt es fast jeden mal, ganz plötzlich.
"Meistens spontan, es gibt keinen genauen Auslösemechanismus, der reproduzierbar, also wiederholbar wäre. Jeder sucht nach einer Ursache für seine Beschwerden, deshalb schuldigt der eine falsches Heben an, der andere, dass er zu lange gesessen hat, der Dritte, dass er vor einiger Zeit zuviel Sport gemacht hat und Ähnliches. Es gibt keine genau Ursache, es ist häufig ganz spontan, kommt es zu einer asymmetrischen Verspannung der Muskulatur, es werden Nerven gedrückt (...), die in das Bein ausstrahlen, die bündeln sich zu einem großen Nerv, der heißt Nervus ischiaticus, daher kommt auch der Name in der Fachsprache "Ischialgie", nämlich Schmerz des Nervus ischiaticus."
Auch eine Bandscheibe kann Ursache für den Hexenschuss sein. Der gallertartige Körper zwischen den Wirbeln kann sich zusammendrücken. Und wie bei einem platten Reifen wölbt sich dann der Rand der Bandscheibe seitlich hervor. Das drückt wiederum schmerzhaft auf Nervenwurzeln. Mit einem Bandscheibenvorfall hat das allerdings nichts zu tun. Der tritt erst auf, wenn die faserartige äußere Hülle der Bandscheibe aufreißt und der Gallertkern nach außen tritt. Dann sind nicht nur Schmerzen, sondern oft auch Lähmungserscheinungen die Folge.
Doch ganz gleich, ob ein Hexenschuss durch Muskelverspannungen oder Bandscheibenvorwölbungen verursacht wird: Die starken Schmerzen sind die gleichen. Und fast immer treten sie im Bereich der Lendenwirbel auf. Auch Hildegard Kriwet wusste nicht, wie sie sich noch bewegen sollte. Aber einfach hinlegen und schonen war nicht möglich.
"Weil am nächsten Tag hatte ich wichtige Arbeitstermine, musste dann auch weit mit dem Auto fahren. Das tat richtig weh, weil jeder Holper auf der Straße, jedes Schlagloch war eine Qual. Ich habe dann die Sitzheizung richtig hoch gestellt (...), weil ich gemerkt habe: Wärme ist das Einzige, was ein bisschen hilft."
"Der Dreh- und Angelpunkt einer Therapie des akuten Kreuzschmerzes ist die Entspannung der Muskulatur. Das kann funktionieren durch Wärme, die Sitzheizung im Auto oder Ähnliches, es gibt auch Menschen, die ein dickes Unterhemd anziehen (...) Entspannung ist wichtig, heißes Bad, heiße Dusche. All diese Methoden führen zu einer Entspannung der Muskulatur, und was weh tut, ist eben die Muskulatur, wie in einem Krampf, den einige Menschen nachts schon mal im Bein haben, so ähnlich ist es im Rücken."
Darüber hinaus raten die meisten Orthopäden dazu, sofort von Beginn an starke Schmerzmittel einzunehmen. Am besten geeignet sind die sogenannten Nichtsteroidalen Antirheumatika, Ibuprofen ist ein bekanntes Beispiel. Das Medikament sollte am besten in Tablettenform genommen werden. Eine Spritze ist auch möglich, aber man weiß heute, dass das Risiko einer allergischen Reaktion auf die Antirheumatika bei einer Injektion höher ist. Ganz falsch sei es aber auf jeden Fall, einfach die Zähne zusammen zu beißen, sagt Peer Eysel.
"Es entsteht ein Teufelskreis. Die Muskulatur kontrahiert sich, ähnlich wie ein Krampf (...), sie verengt die Räume, die die Nerven zur Verfügung haben. Der Nerv schwillt an, es tut mehr weh, die Muskulatur kontrahiert sich mehr, der Nerv hat weniger Platz, er schwillt mehr an und wir haben hier einen Teufelskreis. Und den würde ich durch ein starkes Schmerzmittel suffizient unterbrechen."
Hildegard Kriwet allerdings zögerte den Arztbesuch hinaus. Auch, weil sie selbst ihre Beschwerden falsch einschätzte.
"Es wurde nicht besser, es waren dann jetzt zwei Tage, an denen ich mit Schmerzen gesessen hatte, es war mir auch ein bisschen lächerlich, weil ich dachte: Hexenschuss kriegt man mit 60, 70, aber doch nicht in meinem Alter und dachte: Das ist bestimmt was ganz Schlimmes."
Mit ihren 49 Jahren war sie aber keineswegs zu jung für einen Hexenschuss.
"Dieser eigentliche Hexenschuss, der tritt am häufigsten auf in der Altersgruppe 30 bis 50 Jahre. Es gibt aber auch Menschen, die so etwas früher bekommen, sogar als Jugendlicher oder auch später. In der Regel ist es so, dass man im höheren Alter diesen Hexenschuss nicht mehr bekommt, da sind andere Beschwerden an der Wirbelsäule typisch, weil die Wirbelsäule, wenn man älter wird, sinnvoller Weise sich auch weniger bewegt. Man sagt auch: Es gibt eine heilsame Versteifung des Alters."
Aber ob bei älteren oder jüngeren Patienten: Der Hexenschuss hält in der Regel nur ein paar Tage an. Und die Anzeichen sind so typisch, dass der Arzt auf Röntgen- oder gar computertomografische Aufnahmen verzichten kann. Dauern die Schmerzen allerdings länger als zwei Wochen an, oder tritt ein Hexenschuss immer wieder mehrmals pro Jahr auf, dann sind eingehendere Untersuchungen sinnvoll. Denn dann könnte zum Beispiel ein Bandscheibenschaden oder eine Entzündung vorliegen.
Hildegard Kriwet ging schließlich zum Arzt und der stellte auch sofort die richtige Diagnose. Und fast so schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden die Beschwerden nach ein paar Tagen wieder. Dennoch: Die Schmerzen hat sie nicht vergessen. Und damit es nicht nur ihr erster, sondern auch ihr letzter Hexenschuss bleibt, tut sie genau das, was Orthopäden heute für die beste Vorbeugung halten:
"Ich habe vorher schon Sport gemacht, bin gelaufen, habe aber schon gemerkt: Ich werde einfach ein bisschen steifer, auch im Rücken steifer. Und da habe ich jetzt angefangen Gymnastik zu machen, einmal die Woche, und gehe jetzt auch einmal die Woche schwimmen und hoffe, dass ich so wieder flexibler werde oder auch beweglicher werde. Nicht nur wegen des Hexenschusses, aber damit das so auch nicht wieder passiert."
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Es war das erste mal in ihrem Leben, dass Hildegard Kriwet solch einen Schmerz im Rücken verspürte. Ein klassischer Hexenschuss.
"Ein uralter Name, kommt schon aus dem Mittelalter, die Hexe hat geschossen. Das kommt daher, weil etwas ganz plötzlich auftritt, nämlich ein Schmerz, der vom Rücken ins Bein geht. Ganz, ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel, wie ein Blitz. Ist ein alter Aberglaube: Die Hexe hat geschossen, daher kommt dieser lustige Name Hexenschuss, obwohl es für die Patienten meist gar nicht so lustig ist."
Für Professor Peer Eysel, Direktor der Orthopädischen Uniklinik in Köln, sind Hexenschuss-Patienten reine Routine, denn irgendwann erwischt es fast jeden mal, ganz plötzlich.
"Meistens spontan, es gibt keinen genauen Auslösemechanismus, der reproduzierbar, also wiederholbar wäre. Jeder sucht nach einer Ursache für seine Beschwerden, deshalb schuldigt der eine falsches Heben an, der andere, dass er zu lange gesessen hat, der Dritte, dass er vor einiger Zeit zuviel Sport gemacht hat und Ähnliches. Es gibt keine genau Ursache, es ist häufig ganz spontan, kommt es zu einer asymmetrischen Verspannung der Muskulatur, es werden Nerven gedrückt (...), die in das Bein ausstrahlen, die bündeln sich zu einem großen Nerv, der heißt Nervus ischiaticus, daher kommt auch der Name in der Fachsprache "Ischialgie", nämlich Schmerz des Nervus ischiaticus."
Auch eine Bandscheibe kann Ursache für den Hexenschuss sein. Der gallertartige Körper zwischen den Wirbeln kann sich zusammendrücken. Und wie bei einem platten Reifen wölbt sich dann der Rand der Bandscheibe seitlich hervor. Das drückt wiederum schmerzhaft auf Nervenwurzeln. Mit einem Bandscheibenvorfall hat das allerdings nichts zu tun. Der tritt erst auf, wenn die faserartige äußere Hülle der Bandscheibe aufreißt und der Gallertkern nach außen tritt. Dann sind nicht nur Schmerzen, sondern oft auch Lähmungserscheinungen die Folge.
Doch ganz gleich, ob ein Hexenschuss durch Muskelverspannungen oder Bandscheibenvorwölbungen verursacht wird: Die starken Schmerzen sind die gleichen. Und fast immer treten sie im Bereich der Lendenwirbel auf. Auch Hildegard Kriwet wusste nicht, wie sie sich noch bewegen sollte. Aber einfach hinlegen und schonen war nicht möglich.
"Weil am nächsten Tag hatte ich wichtige Arbeitstermine, musste dann auch weit mit dem Auto fahren. Das tat richtig weh, weil jeder Holper auf der Straße, jedes Schlagloch war eine Qual. Ich habe dann die Sitzheizung richtig hoch gestellt (...), weil ich gemerkt habe: Wärme ist das Einzige, was ein bisschen hilft."
"Der Dreh- und Angelpunkt einer Therapie des akuten Kreuzschmerzes ist die Entspannung der Muskulatur. Das kann funktionieren durch Wärme, die Sitzheizung im Auto oder Ähnliches, es gibt auch Menschen, die ein dickes Unterhemd anziehen (...) Entspannung ist wichtig, heißes Bad, heiße Dusche. All diese Methoden führen zu einer Entspannung der Muskulatur, und was weh tut, ist eben die Muskulatur, wie in einem Krampf, den einige Menschen nachts schon mal im Bein haben, so ähnlich ist es im Rücken."
Darüber hinaus raten die meisten Orthopäden dazu, sofort von Beginn an starke Schmerzmittel einzunehmen. Am besten geeignet sind die sogenannten Nichtsteroidalen Antirheumatika, Ibuprofen ist ein bekanntes Beispiel. Das Medikament sollte am besten in Tablettenform genommen werden. Eine Spritze ist auch möglich, aber man weiß heute, dass das Risiko einer allergischen Reaktion auf die Antirheumatika bei einer Injektion höher ist. Ganz falsch sei es aber auf jeden Fall, einfach die Zähne zusammen zu beißen, sagt Peer Eysel.
"Es entsteht ein Teufelskreis. Die Muskulatur kontrahiert sich, ähnlich wie ein Krampf (...), sie verengt die Räume, die die Nerven zur Verfügung haben. Der Nerv schwillt an, es tut mehr weh, die Muskulatur kontrahiert sich mehr, der Nerv hat weniger Platz, er schwillt mehr an und wir haben hier einen Teufelskreis. Und den würde ich durch ein starkes Schmerzmittel suffizient unterbrechen."
Hildegard Kriwet allerdings zögerte den Arztbesuch hinaus. Auch, weil sie selbst ihre Beschwerden falsch einschätzte.
"Es wurde nicht besser, es waren dann jetzt zwei Tage, an denen ich mit Schmerzen gesessen hatte, es war mir auch ein bisschen lächerlich, weil ich dachte: Hexenschuss kriegt man mit 60, 70, aber doch nicht in meinem Alter und dachte: Das ist bestimmt was ganz Schlimmes."
Mit ihren 49 Jahren war sie aber keineswegs zu jung für einen Hexenschuss.
"Dieser eigentliche Hexenschuss, der tritt am häufigsten auf in der Altersgruppe 30 bis 50 Jahre. Es gibt aber auch Menschen, die so etwas früher bekommen, sogar als Jugendlicher oder auch später. In der Regel ist es so, dass man im höheren Alter diesen Hexenschuss nicht mehr bekommt, da sind andere Beschwerden an der Wirbelsäule typisch, weil die Wirbelsäule, wenn man älter wird, sinnvoller Weise sich auch weniger bewegt. Man sagt auch: Es gibt eine heilsame Versteifung des Alters."
Aber ob bei älteren oder jüngeren Patienten: Der Hexenschuss hält in der Regel nur ein paar Tage an. Und die Anzeichen sind so typisch, dass der Arzt auf Röntgen- oder gar computertomografische Aufnahmen verzichten kann. Dauern die Schmerzen allerdings länger als zwei Wochen an, oder tritt ein Hexenschuss immer wieder mehrmals pro Jahr auf, dann sind eingehendere Untersuchungen sinnvoll. Denn dann könnte zum Beispiel ein Bandscheibenschaden oder eine Entzündung vorliegen.
Hildegard Kriwet ging schließlich zum Arzt und der stellte auch sofort die richtige Diagnose. Und fast so schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden die Beschwerden nach ein paar Tagen wieder. Dennoch: Die Schmerzen hat sie nicht vergessen. Und damit es nicht nur ihr erster, sondern auch ihr letzter Hexenschuss bleibt, tut sie genau das, was Orthopäden heute für die beste Vorbeugung halten:
"Ich habe vorher schon Sport gemacht, bin gelaufen, habe aber schon gemerkt: Ich werde einfach ein bisschen steifer, auch im Rücken steifer. Und da habe ich jetzt angefangen Gymnastik zu machen, einmal die Woche, und gehe jetzt auch einmal die Woche schwimmen und hoffe, dass ich so wieder flexibler werde oder auch beweglicher werde. Nicht nur wegen des Hexenschusses, aber damit das so auch nicht wieder passiert."
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