" Es ist die Tatsache, dass das visuelle System sagt: Ich bewege mich nicht, und das Gleichgewichtsystem insistiert: Ich bewege mich doch, und dieser Konflikt, wenn das anhält lange genug, dann erreicht jeder seine Schwelle, wo Neurotoxine ausgeschüttet werden und das Brechzentrum angesprochen wird, dann löst das die sogenannten Kinetosen oder Bewegungskrankheit aus."
Sie treten vor allem eben bei der Nutzung moderner Transportmittel auf. Aber Schiffe, Flugzeuge, Busse - die gibt es doch auch nicht erst seit gestern. Wieso hat sich der Mensch nicht daran gewöhnt?
" Die Evolution geht viel langsamer. Früher haben wir auch gesagt, Kinetosen ist eine "man-made" Symptomatik, dadurch dass er dieses künstliche Transportsystem benutzt. Wo fängt man aber an. Zum Beispiel Kamelreiten leiden viele unter Kinetosen, Pferdereiten weniger, also es ist die Gangart und bestimmte Frequenzen der Bewegung, wo offensichtlich der Mensch besonders empfindlich ist."
Und das trifft für die Mehrheit zu. Nur etwa 15 Prozent der Menschen sind fast oder ganz unempfindlich gegen die Reisekrankheit. Dass Frauen häufiger an Reiseübelkeit leiden als Männer, ist nicht bewiesen. Nur eine Gruppe ist nachweislich besonders empfindlich:
" Ich wurde als Kind grundsätzlich reisekrank, also schon bei fünf Kilometern Autofahrt, das hat sich aber alles im Lauf der Jahre - mit 14, 15 Jahren war es schlicht und ergreifend weg."
Vielleicht hat diese gar nicht seltene Erfahrung Stefan Burkhart ermutigt, später Reisekaufmann zu werden. Was Kinder von Erwachsenen unterscheidet, erläutert der amerikanische Professor in Berlin:
" Sie haben ein internes Modell, das überwacht und steuert, wie eine Bewegung abläuft. Wenn Sie die Straße entlang laufen oder wenn Sie Ski fahren, normalerweise müssen Sie nicht denken, was Sie machen, das läuft automatisch. Und bei Kindern sind sie in der Entwicklungsphase bis sieben, acht Jahre, beim Aufbau von diesen verschiedenen internen Modellen, die das Verhaltensrepertoire steuert oder bestimmt. Und da sind sie einfach wesentlich empfindlicher, wenn sie passiv bewegt werden. Auf der anderen Seite, sie spielen gerne mit dem Gleichgewicht, Sie sehen viele Kinder, die drehen sich, und dann fallen sie um und kichern, und sind euphorisch. "
Sehr gut möglich ist ferner, dass bei Reisekrankheiten oft auch seelische Faktoren eine Rolle spielen. Der Inhaber eines Reisebüros in Berlin hat da so seine Erfahrungen:
" Es gibt immer wieder Fälle von Leuten, die vor der Reise sagen, sie bekämen es, und nach der Reise zurück kommen und sagen, sie hätten es nicht."
" Ich denke schon, dass wenn eine ängstliche Person in ein Flugzeug steigt, und es fangen Turbulenzen an, dann es kann eine Prädisposition dazu führen. Es gibt Leute, die müssen sich nur vorstellen, dass sie eine Wendeltreppe hoch gehen, und es wird denen schwindelig. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster hängen damit, weil es ist ein bisschen umstritten und schon spekulativ, Temperatur, Tagesrhythmus, Diät, psychischer Zustand, Müdigkeit, also das spielt alles eine Rolle. Also es wäre schön, wenn man das wirklich dingfest kriegen könnte, aber wir sind immer noch nicht so weit."
Was kann man tun, um möglichst zu vermeiden, dass einem übel wird? Vor allem die Welt um sich herum beobachten, sagt Andrew Clarke.
" Also klassischerweise, wenn man auf einem kleinen Boot Probleme hat, setzt man sich am besten ans Ruder, in der Situation soll man so viele authentische, übereinstimmende Sinnesinformationen bekommen wie möglich, das heißt, auf den Horizont schauen, so dass man sieht, wie das Boot sich bewegt visuell, das schlimmste, was man machen kann, ist unter Deck zu sitzen und vielleicht ein Buch zu lesen. Auf einem großen Boot: draußen stehen, und beobachten, was abläuft, nicht unter Deck sitzen und Angst haben. Im Auto: Vorne sitzen und schauen, wie das Auto sich bewegt. Nicht im Fonds mit einem Comic oder einer Zeitung sitzen und lesen, ein typisches Beispiel, was man nicht machen soll. Flugzeug ist schwieriger, da ist man ziemlich ausgesetzt, da kann man eigentlich nur die üblichen Sachen machen, gut ausschlafen, nicht zu viel Alkohol trinken, wenn es schlimm wird nicht zu viele Kopfbewegungen machen. Es gibt Leute, die chronisch einfach nicht fliegen können sie müssen zu Medikamenten greifen."
Diese Mittel sind "Antihistaminika", also Arzneien, die den erwähnten Botenstoff bremsen, in Form von Tabletten oder Kaugummis. Sie wirken gut, aber:
" Das Problem bei denen: sie sind alle zentralvernös dämpfend, und das ist der Nachteil, da ist man einfach "lädiert", wenn man solche Medikamente nimmt. Professionelle Flieger, Astronauten zum Beispiel, die nehmen teilweise eine Depotspritze dann können sie damit zurecht kommen."
Gibt es eine Alternative zu den müde machenden Antihistaminika? Der Reisefachmann:
" Auch wir werden nach diesen Tipps gefragt. Ich habe mich dann selbst mal bei einem befreundeten Arzt erkundigt, ich dachte, ich muss die erste Kreuzfahrt machen und hoffentlich werde ich nicht seekrank. Und er sagte mir: Nimm kandierten Ingwer. Und ich habe schon festgestellt auf einem Kreuzfahrtschiff, dass nach dem Essen im Restaurant ein Ober mit weißen Handschuhen und einem silbernen Tablett und - kandiertem Ingwer steht."
Warum nicht, sagt Professor Clarke, auch wenn der Nutzen wissenschaftlich nicht endgültig belegt ist:
" Allgemein gesagt: Wenn es wirkt, dann soll man es machen. "
Clarkes Hauptaufgabe ist die Weltraumforschung. Die Charité-Forscher machen selbst entsprechende Tests. Werden sie reisekrank?
" Im Rahmen unser Weltraumgeschichten, wir sind mehrmals Parabelflüge geflogen. Schwerelosigkeit und dann doppelte Schwerkraft, immer abwechselnd, 27 mal hintereinander. Ich habe noch nie Probleme damit gehabt. Aber wenn ich auf einer Kinderschaukel sitze, da spüre ich, dass es mich irgendwie ein bisschen ankitzelt. "
Und noch mehr wundert sich der Weltraumforscher über Menschen, die sich auf der Kirmes freiwillig wildesten Fahrten aussetzen:
" Ich staune immer über Feste hier, die Leute gehen auf diese Maschinen - wir würden die zugelassen bekommen, für Experimente - sie werden rumgeschleudert, und die kommen raus. Also das zeigt, dass da irgend was ausgelöst wird im Nervensystem, sprich mit euphorischer Wirkung."
Sie treten vor allem eben bei der Nutzung moderner Transportmittel auf. Aber Schiffe, Flugzeuge, Busse - die gibt es doch auch nicht erst seit gestern. Wieso hat sich der Mensch nicht daran gewöhnt?
" Die Evolution geht viel langsamer. Früher haben wir auch gesagt, Kinetosen ist eine "man-made" Symptomatik, dadurch dass er dieses künstliche Transportsystem benutzt. Wo fängt man aber an. Zum Beispiel Kamelreiten leiden viele unter Kinetosen, Pferdereiten weniger, also es ist die Gangart und bestimmte Frequenzen der Bewegung, wo offensichtlich der Mensch besonders empfindlich ist."
Und das trifft für die Mehrheit zu. Nur etwa 15 Prozent der Menschen sind fast oder ganz unempfindlich gegen die Reisekrankheit. Dass Frauen häufiger an Reiseübelkeit leiden als Männer, ist nicht bewiesen. Nur eine Gruppe ist nachweislich besonders empfindlich:
" Ich wurde als Kind grundsätzlich reisekrank, also schon bei fünf Kilometern Autofahrt, das hat sich aber alles im Lauf der Jahre - mit 14, 15 Jahren war es schlicht und ergreifend weg."
Vielleicht hat diese gar nicht seltene Erfahrung Stefan Burkhart ermutigt, später Reisekaufmann zu werden. Was Kinder von Erwachsenen unterscheidet, erläutert der amerikanische Professor in Berlin:
" Sie haben ein internes Modell, das überwacht und steuert, wie eine Bewegung abläuft. Wenn Sie die Straße entlang laufen oder wenn Sie Ski fahren, normalerweise müssen Sie nicht denken, was Sie machen, das läuft automatisch. Und bei Kindern sind sie in der Entwicklungsphase bis sieben, acht Jahre, beim Aufbau von diesen verschiedenen internen Modellen, die das Verhaltensrepertoire steuert oder bestimmt. Und da sind sie einfach wesentlich empfindlicher, wenn sie passiv bewegt werden. Auf der anderen Seite, sie spielen gerne mit dem Gleichgewicht, Sie sehen viele Kinder, die drehen sich, und dann fallen sie um und kichern, und sind euphorisch. "
Sehr gut möglich ist ferner, dass bei Reisekrankheiten oft auch seelische Faktoren eine Rolle spielen. Der Inhaber eines Reisebüros in Berlin hat da so seine Erfahrungen:
" Es gibt immer wieder Fälle von Leuten, die vor der Reise sagen, sie bekämen es, und nach der Reise zurück kommen und sagen, sie hätten es nicht."
" Ich denke schon, dass wenn eine ängstliche Person in ein Flugzeug steigt, und es fangen Turbulenzen an, dann es kann eine Prädisposition dazu führen. Es gibt Leute, die müssen sich nur vorstellen, dass sie eine Wendeltreppe hoch gehen, und es wird denen schwindelig. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster hängen damit, weil es ist ein bisschen umstritten und schon spekulativ, Temperatur, Tagesrhythmus, Diät, psychischer Zustand, Müdigkeit, also das spielt alles eine Rolle. Also es wäre schön, wenn man das wirklich dingfest kriegen könnte, aber wir sind immer noch nicht so weit."
Was kann man tun, um möglichst zu vermeiden, dass einem übel wird? Vor allem die Welt um sich herum beobachten, sagt Andrew Clarke.
" Also klassischerweise, wenn man auf einem kleinen Boot Probleme hat, setzt man sich am besten ans Ruder, in der Situation soll man so viele authentische, übereinstimmende Sinnesinformationen bekommen wie möglich, das heißt, auf den Horizont schauen, so dass man sieht, wie das Boot sich bewegt visuell, das schlimmste, was man machen kann, ist unter Deck zu sitzen und vielleicht ein Buch zu lesen. Auf einem großen Boot: draußen stehen, und beobachten, was abläuft, nicht unter Deck sitzen und Angst haben. Im Auto: Vorne sitzen und schauen, wie das Auto sich bewegt. Nicht im Fonds mit einem Comic oder einer Zeitung sitzen und lesen, ein typisches Beispiel, was man nicht machen soll. Flugzeug ist schwieriger, da ist man ziemlich ausgesetzt, da kann man eigentlich nur die üblichen Sachen machen, gut ausschlafen, nicht zu viel Alkohol trinken, wenn es schlimm wird nicht zu viele Kopfbewegungen machen. Es gibt Leute, die chronisch einfach nicht fliegen können sie müssen zu Medikamenten greifen."
Diese Mittel sind "Antihistaminika", also Arzneien, die den erwähnten Botenstoff bremsen, in Form von Tabletten oder Kaugummis. Sie wirken gut, aber:
" Das Problem bei denen: sie sind alle zentralvernös dämpfend, und das ist der Nachteil, da ist man einfach "lädiert", wenn man solche Medikamente nimmt. Professionelle Flieger, Astronauten zum Beispiel, die nehmen teilweise eine Depotspritze dann können sie damit zurecht kommen."
Gibt es eine Alternative zu den müde machenden Antihistaminika? Der Reisefachmann:
" Auch wir werden nach diesen Tipps gefragt. Ich habe mich dann selbst mal bei einem befreundeten Arzt erkundigt, ich dachte, ich muss die erste Kreuzfahrt machen und hoffentlich werde ich nicht seekrank. Und er sagte mir: Nimm kandierten Ingwer. Und ich habe schon festgestellt auf einem Kreuzfahrtschiff, dass nach dem Essen im Restaurant ein Ober mit weißen Handschuhen und einem silbernen Tablett und - kandiertem Ingwer steht."
Warum nicht, sagt Professor Clarke, auch wenn der Nutzen wissenschaftlich nicht endgültig belegt ist:
" Allgemein gesagt: Wenn es wirkt, dann soll man es machen. "
Clarkes Hauptaufgabe ist die Weltraumforschung. Die Charité-Forscher machen selbst entsprechende Tests. Werden sie reisekrank?
" Im Rahmen unser Weltraumgeschichten, wir sind mehrmals Parabelflüge geflogen. Schwerelosigkeit und dann doppelte Schwerkraft, immer abwechselnd, 27 mal hintereinander. Ich habe noch nie Probleme damit gehabt. Aber wenn ich auf einer Kinderschaukel sitze, da spüre ich, dass es mich irgendwie ein bisschen ankitzelt. "
Und noch mehr wundert sich der Weltraumforscher über Menschen, die sich auf der Kirmes freiwillig wildesten Fahrten aussetzen:
" Ich staune immer über Feste hier, die Leute gehen auf diese Maschinen - wir würden die zugelassen bekommen, für Experimente - sie werden rumgeschleudert, und die kommen raus. Also das zeigt, dass da irgend was ausgelöst wird im Nervensystem, sprich mit euphorischer Wirkung."