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Radiolexikon: Hörtest

Ab dem 45. Lebensjahr fäng unser Gehör an nachzulassen. Oft merken wir das selbst nicht einmal. Und dann steht man auf einmal da und "versteht die Welt nicht mehr". Was kann man tun, um Hörschäden vorzubeugen oder diese frühzeitig zu erkennen?

Von Renate Rutta |
    "Ich bin seit Geburt an schwerhörig."

    "Von Bekannten oder wie die Frau, die meint schon, ich höre nicht so gut, nicht."

    "Ab dem dritten Lebensjahr hab ich Hörgeräte bekommen. Jährlich bin ich zur Kontrolle gegangen, und da wurde untersucht, ob mein Hören noch intakt ist und ob die Hörgeräte noch intakt sind."

    "Und dann beim Unterhalten, meine Frau meint, ich kriege nicht alles mit, ich meine das nicht. Darum sind wir jetzt hier, um das mal zu testen."

    Die beiden Männer sind heute zum Hörtest in die Hals-Nasen-Ohren-Universitätsklinik Köln gekommen. Der Funktionsbereich Audiologie und Pädaudiologie befasst sich dort mit der Diagnose und Behandlung von Hörstörungen im Säuglings- und Kindesalter sowie mit allen Formen von Schwerhörigkeit bei Erwachsenen. Mithilfe von Hörtests wird das Hörvermögen überprüft. Oberärztin Dr. Ruth Lang-Roth ist HNO-Fachärztin und Leiterin des Pädaudiologie-Bereichs:

    "Wir fragen den Patienten, warum er hier ist, seit wann er Hörprobleme hat, in welcher Situation diese Hörprobleme auftreten. Es gibt ja Menschen, die im Zweiergespräch kein Problem haben, aber wenn sie in einer großen Gruppe sind, haben sie den Eindruck, sie kriegen gar nichts mehr mit und meiden diese Situationen."

    Bei vielen Menschen tritt eine Minderung des Hörens langsam und unmerklich auf: sie überhören die Türklingel oder das Zischen des Wasserkessels auf dem Herd. Sie hören die Grillen nicht mehr zirpen oder verstehen andere Menschen am Telefon schlecht. Und Fernseher und Radiogeräte werden lauter gedreht.

    Eine Hörminderung kann angeboren oder erworben sein: laute Silvesterkracher nahe am Ohr oder dauernd laute Musik.
    Hörstörungen können aber noch viele andere Ursachen haben. Bei einer Untersuchung finden die Ärzte oft schon einen Anhaltspunkt.

    "Wir schauen in den Gehörgang. Wir schauen, wie sieht das Trommelfell aus. Ist es intakt, also ist da kein Loch drin. Wie sieht das Mittelohr aus, ist da Flüssigkeit drin, und wenn wir aufgrund der Vorgeschichte des Patienten und des Ohrbefundes die Entscheidung getroffen haben, was der Patient für Hörteste bekommen soll, dann schicken wir ihn erstmal zur Hörprüfung."

    Hören ist ein sehr komplexer Vorgang. Der Schall trifft – kurz gesagt - erst auf den äußeren Gehörgang, dann das Trommelfell, das Mittelohr, das Innenohr und über den Hörnerv schließlich ins Gehirn, wo im Hörzentrum aus dem Geräusch eine Information wird. Die unterschiedlichen Hörtests helfen zu unterscheiden, an welcher Stelle dieser Kette eine Störung vorliegt. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Hörprüfverfahren. Mit ihrer Hilfe kann man die Art und den Schweregrad der Hörstörung feststellen und sie auch genau lokalisieren.

    "Jeder Patient kriegt bei uns in der Klinik eine Überprüfung der Hörschwelle, also wie laut ein Geräusch ist, dass ein Kind eine Hörreaktion zeigt. Und je größer ein Kind ist oder bei Erwachsenen können wir wirklich eine Hörschwelle für reine Töne messen. Das ist die Basisdiagnostik, die jeder Patient kriegt."

    Was bedeutet eigentlich "Hörschwelle"? Professor Martin Walger ist Audiologe, Experte für Hördiagnostik, und leitet den Bereich Audiologie und Pädaudiologie an der HNO-Universitätsklinik Köln:

    "Die Hörschwelle gibt an, ob es sich bei dem Patienten um Normalhörigkeit handelt oder ob ein möglicher Hörverlust vorliegt und das seitengetrennt auf jedem Ohr einzeln wird natürlich gemessen."

    Die Ergebnisse der verschiedenen Tests werden dann wie bei einem Puzzlespiel zusammengeführt.
    Rafael B. ist von Geburt an schwerhörig. Bei ihm wird heute zuerst die Hörschwelle gemessen mit einer Tonschwellenaudiometrie. Monika Bauer, leitende Audiologie-Assistentin, führt den Test in einer schalldichten Kabine durch, damit keine Außengeräusche stören:

    "Dann setz ich Ihnen den Kopfhörer auf, und ich beginne auf der rechten Seite. Bitte aufs Knöpfchen drücken, sobald der Ton ganz leise beginnt. – 0kay – Ton – stopp - prima."

    "Wir prüfen verschiedene Töne, mal hohe Frequenzen, ganz tiefe Töne, mittelfrequentige Töne und wir schauen einfach, wann der Patient anfängt zu hören. Wir tragen es in ein Diagramm ein. Es gibt Normwerte und dementsprechend kann man schauen, wie die Kurve abweicht, was für ein Grad der Schwerhörigkeit vorliegt."

    Der nächste Test bei ihm ist ein Sprachaudiogramm für Zahlen und Wörter. Damit kann man feststellen, wie sehr der Patient im Alltag beeinträchtigt ist. Gemessen wird, ab welcher Lautstärke Zahlen und Wörter eindeutig erkannt werden.

    "Ich fang mit den Zahlen an: 98 – 98 – mhm, 22 -22 – 47 - 57 prima, jetzt kommen noch ein paar Wörter: Frosch – Frosch, Abt – Akt."

    "Das war jetzt eine Lautstärke von 65 Dezibel, das simuliert die normale Umgangslautstärke und das haben wir eben getestet über den Lautsprecher mit Hörgerät."

    Ab einem Alter von etwa 45 bis 50 Jahren beginnt bei vielen das Gehör nachzulassen. Hans-Dieter H. ist 70 Jahre und macht heute den ersten Hörtest. Audiologie-Assistentin Monika Bauer beginnt bei ihm mit einer Tympanometrie, einer indirekten Messung des Drucks im Mittelohr. Dabei wird das Trommelfell mit einem Gerät beschallt, dem Tympanometer.

    "Sie bekommen einen Stöpsel ins Ohr, Sie spüren etwas Druck auf dem Ohr, ist nicht schlimm, tut nicht weh. Sie müssen auch gar nichts machen, einfach einen Moment still sitzen, und das Gerät macht das ganz alleine – okay – so dann geht’s los mit der Messung. Die Tympanometrie messe ich hier, d.h. ich überprüfe das Trommelfell. Der Patient bekommt ein bisschen Druck aufs Ohr, und dann wird geschaut, wie das Trommelfell schwingt, ob der Schall gut ins Innenohr übertragen werden kann oder ob es da Probleme gibt."

    Wenn alle Hörtests durchgeführt worden sind, werden die Ergebnisse begutachtet und mit dem Patienten besprochen. Professor Walger:

    "Die Hörtests, die unterschiedlichen Hörprüfungen sind ein ganz wichtiges Mittel, um differenzialdiagnostisch zu beurteilen, welche Art der Schwerhörigkeit liegt vor und welcher Grad der Schwerhörigkeit liegt vor, um möglichst frühzeitig und objektiv eine Schwerhörigkeit einzugrenzen und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten."

    Vor allem bei Babys und Kleinkindern ist es wichtig, dass eine Hörstörung möglichst schnell erkannt wird. Denn gutes Hören ist für das Kind Voraussetzung, um Sprache zu verstehen und dann selbst sprechen zu lernen. Dr. Lang-Roth:

    "Wir haben seit dem 1.1.2009 ein universelles Neugeborenen-Hörscreening hier in Deutschland eingeführt. Also jedes Neugeborene wird sozusagen abgescreent, ob eine Schwerhörigkeit besteht. Und z.B. wenn in der Familie eine Schwerhörigkeit bekannt ist und das Baby bei Geburt noch normalhörend ist, dann könnte es ja sein, dass die Schwerhörigkeit später eintritt. Wir bestellen es z.B. nach sechs Monaten nochmal ein und überprüfen nochmal, wie das Baby dann hört und reagiert."

    Dann kann auch eine geringe Hörstörung schon bei Babys erkannt und behandelt werden.