Köln, Optikfachgeschäft Simon, ein ruhiger Montagvormittag. Einige Kunden suchen Brillengestelle aus, andere lassen sich Gläser anpassen, dritte kommen direkt vom Arzt, der zunächst die Augen medizinisch untersucht hat. So wie diese junge Frau. Die Augen sind gesund, allerdings hat sie eine Kurzsichtigkeit von Minus 6 Dioptrien. Bei diesem Wert, sagt Katja Theißen, vergisst man niemals seine Sehhilfe.
"Das passiert einem mit der Brille auch nicht, bei Minus 6, da kommen Sie sonst nur in Ihrer Wohnung klar."
Heute werden ihr neue Gläser angepasst. Ein Fall für Optikermeister Michael Vieten.
"Wir haben vorab am Autorefraktometer die Werte vorab schon mal im Groben überprüft und werden jetzt die Werte festlegen. So, jetzt justiere ich erst einmal unseren Phoropter. So, dann stellen wir mal den Augenabstand ein, der Augenabstand ist halt der Wert, damit Sie da in der Mitte des Gerätes durchschauen können."
Katja Teißen stützt ihr Kinn auf eine Halterung und schaut durch eine Optik, deren Gläser sich beliebig verändern lassen.
"Okay, wir beginnen mit dem rechten Auge, wechseln dann zum Linken und messen dann beide Augen zueinander. Als erstes werden Sie einige Zahlen sehen in verschiedenen Größen. (Piepen) Ist da schon was zu erkennen? Mal die Zahlen in der untersten Reihe vorlesen."
"Neun, fünf, sechs, drei, sechs."
"Schauen Sie mal, wird das mit dem nächsten Glas schlechter, verwaschener?"
"Ja."
"Wird das jetzt deutlicher?"
"Ja."
"Wird das jetzt noch deutlicher?"
"Ja."
Kurz- und Weitsichtigkeit beziehungsweise Myopie und Hyperopie sind Massenphänomene. Jeder zweite Deutsche hat entweder das eine oder das andere. Den Krankheitswert stufen die Betroffenen eher niedrig ein, in den meisten Fällen reicht eine Brille zur Korrektur. Möglich, dass dies der Grund ist, warum erstaunlich viele Menschen nicht wissen, warum sie in der Ferne nur verschwommen sehen oder umgekehrt. Professor Frank Holz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn und Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft erklärt es.
"Beide Formen der Fehlsichtigkeit beruhen darauf, dass die gesamte Länge des Augapfels nicht optimal ist, das heißt, dass es so beschaffen ist, dass man ohne Korrektur nicht scharf sieht. Bei der Kurzsichtigkeit ist der Augapfel etwas zu lang gebaut und man braucht entsprechende Minusgläser, damit das Bild dann scharf auf die Netzhaut fällt. Die Netzhaut ist ja der Fotofilm im Auge. Bei der Weitsichtigkeit dagegen ist das Auge relativ zu kurz gebaut, also weniger lang als bei Normalsichtigen, und das bedingt, dass man, um ein normales Bild zu erhalten, vor das Auge ein Plusglas stellen muss."
Bei der Kurzsichtigkeit oder Myopie unterscheiden Mediziner zwei Formen: die "Brechungsmyopie", bei der die Augenlänge normal ist, die Brechkraft aber zu stark, und die "Achsenmyopie". Hier ist die Brechkraft des Auges zwar normal, das Auge selbst aber zu lang. Die zweite Variante, die Achsenmyopie, tritt wesentlich häufiger auf als die Brechungsmyopie.
"Die Ursachen der Kurzsichtigkeit sind bis heute noch nicht ganz verstanden, es gibt genetische Faktoren, das weiß man. In Asien zum Beispiel ist die Kurzsichtigkeit weiter verbreitet als zum Beispiel bei Kaukasiern, in Europa oder in Nordamerika. Dann gibt es Faktoren wie häufiges Lesen, also Dinge in der Nähe betrachten in der Kindheit, das begünstigt das Auftreten von Kurzsichtigkeit."
Wobei dieser Punkt wissenschaftlich noch umstritten ist. Besonders schlecht dran wären nach dieser Theorie übrigens Kinder, die mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke lesen. Entscheidend für die Fehlentwicklung des Augapfels soll die Lichtqualität sein. Gesichert dagegen ist, dass zu früh geborene Kinder häufiger an Myopie leiden als Normalgeburten.
Zurück bei Optikermeister Vieten.
"Wir wechseln jetzt zur linken Seite und überprüfen das linke Auge, das gleich Spiel noch mal vor vorne."
Alle bisherigen Werte hat ein Computer gespeichert, mit dem Finger tippt er auf den Bildschirm, das erste Glas ist eingestellt.
"Lesen Sie bitte die Zahlen in der untersten Reihe vor."
"Neun, Fünf, Sechs, Drei, Sechs."
"Schauen Sie mal, wird das mit dem nächsten Glas schlechter?"
"Ja."
"Wird das jetzt deutlicher?"
"Ja."
"Wird das jetzt noch deutlicher?"
"Kleiner und schwärzer würde ich eher sagen."
Bei der Weitsichtigkeit wird genau wie bei der Kurzsichtigkeit zwischen der "Brechungshyperopie" und der "Achsenhyperopie" unterschieden. Verkürzt sich die Achse im Auge um einen Millimeter, bedeutet dies eine Weitsichtigkeit von etwa plus drei Dioptrien. Junge Menschen können solche Sehfehler übrigens durch eine aktive Naheinstellung der Linse – Augenärzte sprechen von Akkommodation – ausgleichen, älteren Menschen ist das verwehrt, weiß Frank Holz.
"Die Altersweitsichtigkeit baut darauf, dass die menschliche Linse im Auge nicht mehr so verformbar bleibt, wie sie im jüngeren Alter ist, und das bedeutet, dass man im Alter von 40 plus für die Nähe speziell eine Lesebrille braucht. Und das beruht eben darauf, dass die Akkommodation, also der Prozess, der automatisch das Bild scharf stellt, sowohl in der Ferne als auch in der Nähe, etwas beeinträchtigt ist. Und das muss dann korrigiert werden. Altersweitsichtigkeit ist etwas, was jeden Menschen betrifft, das ist in der Natur vorprogrammiert, etwa wie Grauer Star oder graue Haare vorprogrammiert sind, aber es ist mit einer Lesebrille sehr gut zu korrigieren."
Wer Brillen nicht mag, kann sich neuerdings auch eine Multifokallinse implantieren lassen. Das Verfahren sei mittlerweile ausgereift, sagt Professor Gerd Auffahrt von der Uni-Augenklinik Heidelberg.
"Diese künstlichen Linsen werden in die Höhle der alten Linse in den sogenannten Kapselsack eingepflanzt und bestanden früher noch aus Plexiglas, über 50 Jahre lang. Plexiglas war das erste Material, das benutzt worden ist."
Das allerdings auch einige Nachteile hat. Linsen aus Plexiglas sind monofokal, haben also nur einen einzigen Brechindex. Heute werden Multifokallinsen aus Silikon und Acryl genutzt, die sowohl über kurze als auch über weite Distanzen scharfe Bilder ermöglichen. Implantierte Gleitsichtbrillen sind sie trotzdem nicht, die Fähigkeit auf einer Ebene mehrere Brennpunkte einzustellen, übernimmt das Gehirn. Bei soviel Hightech fragt sich vielleicht mancher, warum man statt einer Linse nicht gleich ganze Auge implantiert?
"Das Auge ist Teil des Gehirns, es ist mit dem Gehirn verwachsen, der Sehnerv ist eingeflochten im Gehirn. Wir müssten zur Verbindung mit dem Gehirn in der Lage sein, den Sehnerv annähen zu können und soweit sind wir noch nicht, dass wir ein Auge komplett ersetzen können, das ist sicher noch sehr weite Zukunftsmusik."
Sehr weit in die Zukunft , sagt Frank Holz, von der Universitäts-Augenklinik Bonn, gehen auch Überlegungen, der Kurzsichtigkeit biochemisch beizukommen.
"Es gibt Ansätze, Stichwort Dopaminhaushalt, wo man schon eingegriffen hat. Zurzeit laufen auch aktuelle Studien, auch unter anderem in Asien, wo man versucht, dass man in der Kindheit verhindert, dass der Augapfel weiter wächst, man will das Wachstum zumindest verlangsamen. Aber hier stehen, das muss man sagen, robuste Daten noch aus, sodass man es noch nicht allgemein empfehlen könnte."
Und noch etwas ist trotz aller Forschung Zukunftsmusik. Bisher gibt es weder für die Weit- noch für die Kurzsichtigkeit Möglichkeiten zur Vorbeugung. Bei der Kurzsichtigkeit soll man zwar vor allem in jungen Jahren darauf achten, dass die Abbildungsqualität auf der Netzhaut optimal ist, sprich: Lesen und Arbeiten bitte nur bei guter Beleuchtung. Aber selbst das ist nicht bewiesen. Das bedeutet, Kurz- und Weitsichtigkeit sind Schicksalsschläge. Zum Glück gibt es gute Optiker.
"Das passiert einem mit der Brille auch nicht, bei Minus 6, da kommen Sie sonst nur in Ihrer Wohnung klar."
Heute werden ihr neue Gläser angepasst. Ein Fall für Optikermeister Michael Vieten.
"Wir haben vorab am Autorefraktometer die Werte vorab schon mal im Groben überprüft und werden jetzt die Werte festlegen. So, jetzt justiere ich erst einmal unseren Phoropter. So, dann stellen wir mal den Augenabstand ein, der Augenabstand ist halt der Wert, damit Sie da in der Mitte des Gerätes durchschauen können."
Katja Teißen stützt ihr Kinn auf eine Halterung und schaut durch eine Optik, deren Gläser sich beliebig verändern lassen.
"Okay, wir beginnen mit dem rechten Auge, wechseln dann zum Linken und messen dann beide Augen zueinander. Als erstes werden Sie einige Zahlen sehen in verschiedenen Größen. (Piepen) Ist da schon was zu erkennen? Mal die Zahlen in der untersten Reihe vorlesen."
"Neun, fünf, sechs, drei, sechs."
"Schauen Sie mal, wird das mit dem nächsten Glas schlechter, verwaschener?"
"Ja."
"Wird das jetzt deutlicher?"
"Ja."
"Wird das jetzt noch deutlicher?"
"Ja."
Kurz- und Weitsichtigkeit beziehungsweise Myopie und Hyperopie sind Massenphänomene. Jeder zweite Deutsche hat entweder das eine oder das andere. Den Krankheitswert stufen die Betroffenen eher niedrig ein, in den meisten Fällen reicht eine Brille zur Korrektur. Möglich, dass dies der Grund ist, warum erstaunlich viele Menschen nicht wissen, warum sie in der Ferne nur verschwommen sehen oder umgekehrt. Professor Frank Holz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn und Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft erklärt es.
"Beide Formen der Fehlsichtigkeit beruhen darauf, dass die gesamte Länge des Augapfels nicht optimal ist, das heißt, dass es so beschaffen ist, dass man ohne Korrektur nicht scharf sieht. Bei der Kurzsichtigkeit ist der Augapfel etwas zu lang gebaut und man braucht entsprechende Minusgläser, damit das Bild dann scharf auf die Netzhaut fällt. Die Netzhaut ist ja der Fotofilm im Auge. Bei der Weitsichtigkeit dagegen ist das Auge relativ zu kurz gebaut, also weniger lang als bei Normalsichtigen, und das bedingt, dass man, um ein normales Bild zu erhalten, vor das Auge ein Plusglas stellen muss."
Bei der Kurzsichtigkeit oder Myopie unterscheiden Mediziner zwei Formen: die "Brechungsmyopie", bei der die Augenlänge normal ist, die Brechkraft aber zu stark, und die "Achsenmyopie". Hier ist die Brechkraft des Auges zwar normal, das Auge selbst aber zu lang. Die zweite Variante, die Achsenmyopie, tritt wesentlich häufiger auf als die Brechungsmyopie.
"Die Ursachen der Kurzsichtigkeit sind bis heute noch nicht ganz verstanden, es gibt genetische Faktoren, das weiß man. In Asien zum Beispiel ist die Kurzsichtigkeit weiter verbreitet als zum Beispiel bei Kaukasiern, in Europa oder in Nordamerika. Dann gibt es Faktoren wie häufiges Lesen, also Dinge in der Nähe betrachten in der Kindheit, das begünstigt das Auftreten von Kurzsichtigkeit."
Wobei dieser Punkt wissenschaftlich noch umstritten ist. Besonders schlecht dran wären nach dieser Theorie übrigens Kinder, die mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke lesen. Entscheidend für die Fehlentwicklung des Augapfels soll die Lichtqualität sein. Gesichert dagegen ist, dass zu früh geborene Kinder häufiger an Myopie leiden als Normalgeburten.
Zurück bei Optikermeister Vieten.
"Wir wechseln jetzt zur linken Seite und überprüfen das linke Auge, das gleich Spiel noch mal vor vorne."
Alle bisherigen Werte hat ein Computer gespeichert, mit dem Finger tippt er auf den Bildschirm, das erste Glas ist eingestellt.
"Lesen Sie bitte die Zahlen in der untersten Reihe vor."
"Neun, Fünf, Sechs, Drei, Sechs."
"Schauen Sie mal, wird das mit dem nächsten Glas schlechter?"
"Ja."
"Wird das jetzt deutlicher?"
"Ja."
"Wird das jetzt noch deutlicher?"
"Kleiner und schwärzer würde ich eher sagen."
Bei der Weitsichtigkeit wird genau wie bei der Kurzsichtigkeit zwischen der "Brechungshyperopie" und der "Achsenhyperopie" unterschieden. Verkürzt sich die Achse im Auge um einen Millimeter, bedeutet dies eine Weitsichtigkeit von etwa plus drei Dioptrien. Junge Menschen können solche Sehfehler übrigens durch eine aktive Naheinstellung der Linse – Augenärzte sprechen von Akkommodation – ausgleichen, älteren Menschen ist das verwehrt, weiß Frank Holz.
"Die Altersweitsichtigkeit baut darauf, dass die menschliche Linse im Auge nicht mehr so verformbar bleibt, wie sie im jüngeren Alter ist, und das bedeutet, dass man im Alter von 40 plus für die Nähe speziell eine Lesebrille braucht. Und das beruht eben darauf, dass die Akkommodation, also der Prozess, der automatisch das Bild scharf stellt, sowohl in der Ferne als auch in der Nähe, etwas beeinträchtigt ist. Und das muss dann korrigiert werden. Altersweitsichtigkeit ist etwas, was jeden Menschen betrifft, das ist in der Natur vorprogrammiert, etwa wie Grauer Star oder graue Haare vorprogrammiert sind, aber es ist mit einer Lesebrille sehr gut zu korrigieren."
Wer Brillen nicht mag, kann sich neuerdings auch eine Multifokallinse implantieren lassen. Das Verfahren sei mittlerweile ausgereift, sagt Professor Gerd Auffahrt von der Uni-Augenklinik Heidelberg.
"Diese künstlichen Linsen werden in die Höhle der alten Linse in den sogenannten Kapselsack eingepflanzt und bestanden früher noch aus Plexiglas, über 50 Jahre lang. Plexiglas war das erste Material, das benutzt worden ist."
Das allerdings auch einige Nachteile hat. Linsen aus Plexiglas sind monofokal, haben also nur einen einzigen Brechindex. Heute werden Multifokallinsen aus Silikon und Acryl genutzt, die sowohl über kurze als auch über weite Distanzen scharfe Bilder ermöglichen. Implantierte Gleitsichtbrillen sind sie trotzdem nicht, die Fähigkeit auf einer Ebene mehrere Brennpunkte einzustellen, übernimmt das Gehirn. Bei soviel Hightech fragt sich vielleicht mancher, warum man statt einer Linse nicht gleich ganze Auge implantiert?
"Das Auge ist Teil des Gehirns, es ist mit dem Gehirn verwachsen, der Sehnerv ist eingeflochten im Gehirn. Wir müssten zur Verbindung mit dem Gehirn in der Lage sein, den Sehnerv annähen zu können und soweit sind wir noch nicht, dass wir ein Auge komplett ersetzen können, das ist sicher noch sehr weite Zukunftsmusik."
Sehr weit in die Zukunft , sagt Frank Holz, von der Universitäts-Augenklinik Bonn, gehen auch Überlegungen, der Kurzsichtigkeit biochemisch beizukommen.
"Es gibt Ansätze, Stichwort Dopaminhaushalt, wo man schon eingegriffen hat. Zurzeit laufen auch aktuelle Studien, auch unter anderem in Asien, wo man versucht, dass man in der Kindheit verhindert, dass der Augapfel weiter wächst, man will das Wachstum zumindest verlangsamen. Aber hier stehen, das muss man sagen, robuste Daten noch aus, sodass man es noch nicht allgemein empfehlen könnte."
Und noch etwas ist trotz aller Forschung Zukunftsmusik. Bisher gibt es weder für die Weit- noch für die Kurzsichtigkeit Möglichkeiten zur Vorbeugung. Bei der Kurzsichtigkeit soll man zwar vor allem in jungen Jahren darauf achten, dass die Abbildungsqualität auf der Netzhaut optimal ist, sprich: Lesen und Arbeiten bitte nur bei guter Beleuchtung. Aber selbst das ist nicht bewiesen. Das bedeutet, Kurz- und Weitsichtigkeit sind Schicksalsschläge. Zum Glück gibt es gute Optiker.