Sommer, Sonne, ein Spielplatz voller Kinder. Auf den Bänken sitzen Mütter mit den Kleinen auf den Armen, die Großen rutschen, wippen oder backen Sandkuchen. So weit, so gut. Bei genauem Hinsehen fällt aber auf, dass eine der Frauen unkonzentriert ist. Mal trägt sie das Baby links, dann wieder rechts, vorsichtig dreht sie die rechte Hand und bewegt den Daumen hin und her. Ihr Gesicht verrät: Sie hat Schmerzen.
"Das trat zum ersten Mal auf, als unser Sohn ein Jahr alt war. Plötzlich konnte ich den rechten Daumen nicht mehr richtig bewegen, wenn ich ihn ausstreckte, hatte ich einen ziehenden Schmerz. Das Kind auf den Arm zu nehmen, war eine echte Tortur."
Die Mutter ging zum Arzt und ließ den Daumen samt ganzer Hand untersuchen. Eine Diagnose konnte der Mediziner auch rasch stellen: Tendovaginitis de Quervain.
"Heutzutage beobachtet man das sehr häufig bei Müttern mit Säuglingen und kleinen Kindern, die mit dem Daumen Richtungskorrekturen oder Haltungstätigkeiten machen und dann entzündet sich diese Streckersehne. "
Mütter, die ihre Kinder umhertragen, strecken häufig den Daumen nach außen und vollführen mit ihm ergonomisch ungünstige Bewegungen. Ein paar Wochen geht das gut, irgendwann reibt die Streckersehne aber so heftig in ihrem Sehnenfach, dass sie sich entzündet. Fritz de Quervain – erläutert Dr. Rene Conrads, Facharzt für Orthopädie und Leiter der orthopädischen Fachklinik Köln/Rhein-Sieg – war ein Schweizer Chirurg, der 1896 diese spezielle Form der Tendovaginitis zum ersten Male beschrieb. Tendovaginitis ist der medizinische Fachbegriff für eine Sehnenscheidenentzündung, die im Grunde nichts weiter ist als…
"…eine Entzündung der Sehnenscheide, in der der Ausläufer eines Muskels, also die Sehne, hin und hergeleitet."
Mediziner unterscheiden drei Formen der Sehnenscheidenentzündung: zunächst einmal die nicht infektiöse Tendovaginitis, deren Ursache ergonomisch ungünstige Bewegungsmuster sind. Patienten sind neben Kinder tragenden Müttern, Computernutzer, die immer wieder mit der Maus klicken, aber auch Bandarbeiter mit ständig wiederholten Handbewegungen. Sehnenscheide und Sehne werden dabei überlastet und entzünden sich – erkennbar an einer Überwärmung und Rötung. Unbehandelt entwickeln sich knotige Verdickungen, teilweise mit tastbarem Reiben der Sehne. Hin und wieder lassen sich gar so genannte "schnellende Finger" beobachten. Die entzündete und geschwollene Sehne steckt dabei in der Sehnenscheide fest, bis sie bei stärkerer Muskelanspannung aus dem engen Kanal plötzlich herausgleitet. Daneben gibt es die rheumatische Sehnenscheidenentzündung und drittens noch die eitrige, infektiöse Tendovaginitis.
"Die bakterielle Entzündung hat als Ursache entweder eine Stichverletzung oder eine Keimabsiedlung, die durch irgendeine andere Infektion ausgelöst wird, die ist erheblich gefährlicher, weil dort Eiter entsteht, und die Sehnen wirklich zerstören können. "
Staphylokokken und Streptokokken sind die häufigsten Erreger, allerdings wird die äußere Schicht der Sehnenscheiden – das Synoviaepithel – auch von Chlamydien, Mykoplasmen und Gonokokken befallen.
"Gerade an der Hand oder an der Hohlhand kann eine Hohlhandphlegmone entstehen, das ist eine absolute Notfallindikation für eine Operation, aber auch jeder andere Fall, wo sich schon Eiter gebildet hat, wo im Blut auch die entsprechenden Entzündungsparameter hoch sind, da muss man das Sehnenfach eröffnen und entlasten vom Eiter und dann auch auf jeden Fall eine antibiotische Behandlung betreiben."
Bei der nichtinfektiösen Tendovaginitis ist die Therapie weit weniger dramatisch. Da reicht – sagt der Kölner Orthopäde Dr. Rene Conrads – die PECH-Regel,…
"…wobei das P für Pause, das E für Eis, das C für Kompression und das H für Hochlagerung steht, einfach eine Schonung und Kühlung der entsprechenden Sehnenscheide. Sollte das nicht ausreichen, kann man in Ergänzung lokale Betäubungsmittel injizieren, und wenn es sehr hartnäckig ist sogar Kortikoide, also Kortisone."
Theoretisch können Sehnenscheidenentzündung überall am Körper auftreten, tatsächlich beobachten Orthopäden sie aber nur am Handgelenk, am Fuß, am Ellenbogen und an der Schulter. Alle anderen Sehnen liegen geschützt, Überlastungen sind dort kaum möglich. Bei der Behandlung plädieren Mediziner auf jeden Fall für eine gründliche Ausheilung, auch wenn die Therapie je nach Schweregrad mehrere Wochen dauern kann. Blitzlösungen per Spritze bringen gar nichts!
"Natürlich kann man einen Patienten, der mit einer akuten Sehnenscheidenentzündung hier reinkommt, ganz schnell mit einer Kortison-Injektion helfen, der Patient geht schmerzfrei aus der Praxis oder aus der Klinik raus. Das ist aber ein trügerisches Bild, weil die Entzündung letztlich durch das Kortison nur gehemmt wird und das lokale Betäubungsmittel nimmt dem Patienten den Schmerz. Und das birgt die Riesengefahr, dass der Patient unvernünftig ist und trotzdem die Sehnenscheide entsprechend belastet, was dann zu einer Chronifizierung der Problematik führen kann. Der Schmerz hat ja auch seinen Sinn, es ist ein Warnsignal für den Körper, dass wir wissen, OK, bis hierhin und nicht weiter!"
Hin und wieder greifen Ärzte übrigens auch zur extrakorporalen Stosswellentherapie, wie sie Chirurgen schon auf anderen Gebieten anwenden.
"Man kann ja, wie jeder weiß, Nieren- oder Gallensteine von außen mit Schallwellen wegsprengen. Das hat man sich auch in der Orthopädie zueigen gemacht, und man kann Knötchen und Sehnenscheidenentzündung in mit der extrakorporale Stoßwellentherapie erfolgreich behandeln."
Warum das so ist, wissen Ärzte auch heute noch nicht. Nur so viel ist klar: Häufig – nicht immer – führt der Beschuss zum Erfolg: Die Entzündung klingt ab, der Schmerz lässt nach. Einige Studien gehen davon aus, dass knapp 80 Prozent der Patienten nach drei Monaten deutliche weniger Schmerzen haben. Weil nach dieser Zeit aber auch ohne Behandlung eine Besserung eintritt, konnte sich die extrakorporale Stosswellentherapie nicht als anerkannte Therapieform durchsetzen. In eine ganz andere Richtung geht die Behandlung, wenn die Sehnenscheidenentzündung rheumatische Ursachen hat.
"Der Begriff Rheuma ist nur ein Oberbegriff für etwa 200 bis 400 Erkrankungen, dabei kommt es zu Antikörperbildung gegen körpereigenes Gewebe, und das kann auch Sehnenscheiden und Sehnen betreffen. Die rheumatische Sehnenscheidenentzündungen sind letztlich nur zu diagnostizieren und nicht austreiben, es gibt keine Möglichkeit, eine rheumatische Erkrankung so zu behandeln, dass man hinterher kein Rheuma mehr hat, da besteht nur die Möglichkeit der symptomatischen Behandlung, und da ähneln sich die Therapiemöglichkeiten der nicht infektiösen Sehnenscheidenentzündung, wobei hier spezielle Rheumamittel noch zum Einsatz kommen, zum Beispiel Nichtsteroidale Antirheumatika und solche Substanzen."
Dazu zählen Arzneistoffe wie Diclofenak und Ibuprofen, im Gespräch sind auch neue Stoffgruppen, etwa die so genannten COX-2-Hemmer.
Bei der Überlastungsform der Sehnenscheidenentzündung sieht die Therapie natürlich sehr viel einfacher aus. PECH heißt die Regel, will sagen, Pause machen, das Gelenk kühl und hoch lagern. Womit – sagt Rene Conrads – die Behandlung aber nicht abgeschlossen ist.
"Wenn jemand mal an einer Sehnenscheidenentzündung gelitten hat, ist unser Therapieansatz in jedem Fall, nach dem Ausheilen der Erkrankung ein intensives Muskelaufbautraining zu betreiben, um die entsprechenden Gelenke und Sehnenscheiden muskuläre so zu stabilisieren, dass eine Überlastung unwahrscheinlich wird."
Genau das hat die Mutter mit der Tendovaginitis de Quervain gemacht. Seit die Schmerzen weg sind, treibt sie regelmäßig Sport.
"Ich hoffe, es hilft. Schauen wir mal!"
"Das trat zum ersten Mal auf, als unser Sohn ein Jahr alt war. Plötzlich konnte ich den rechten Daumen nicht mehr richtig bewegen, wenn ich ihn ausstreckte, hatte ich einen ziehenden Schmerz. Das Kind auf den Arm zu nehmen, war eine echte Tortur."
Die Mutter ging zum Arzt und ließ den Daumen samt ganzer Hand untersuchen. Eine Diagnose konnte der Mediziner auch rasch stellen: Tendovaginitis de Quervain.
"Heutzutage beobachtet man das sehr häufig bei Müttern mit Säuglingen und kleinen Kindern, die mit dem Daumen Richtungskorrekturen oder Haltungstätigkeiten machen und dann entzündet sich diese Streckersehne. "
Mütter, die ihre Kinder umhertragen, strecken häufig den Daumen nach außen und vollführen mit ihm ergonomisch ungünstige Bewegungen. Ein paar Wochen geht das gut, irgendwann reibt die Streckersehne aber so heftig in ihrem Sehnenfach, dass sie sich entzündet. Fritz de Quervain – erläutert Dr. Rene Conrads, Facharzt für Orthopädie und Leiter der orthopädischen Fachklinik Köln/Rhein-Sieg – war ein Schweizer Chirurg, der 1896 diese spezielle Form der Tendovaginitis zum ersten Male beschrieb. Tendovaginitis ist der medizinische Fachbegriff für eine Sehnenscheidenentzündung, die im Grunde nichts weiter ist als…
"…eine Entzündung der Sehnenscheide, in der der Ausläufer eines Muskels, also die Sehne, hin und hergeleitet."
Mediziner unterscheiden drei Formen der Sehnenscheidenentzündung: zunächst einmal die nicht infektiöse Tendovaginitis, deren Ursache ergonomisch ungünstige Bewegungsmuster sind. Patienten sind neben Kinder tragenden Müttern, Computernutzer, die immer wieder mit der Maus klicken, aber auch Bandarbeiter mit ständig wiederholten Handbewegungen. Sehnenscheide und Sehne werden dabei überlastet und entzünden sich – erkennbar an einer Überwärmung und Rötung. Unbehandelt entwickeln sich knotige Verdickungen, teilweise mit tastbarem Reiben der Sehne. Hin und wieder lassen sich gar so genannte "schnellende Finger" beobachten. Die entzündete und geschwollene Sehne steckt dabei in der Sehnenscheide fest, bis sie bei stärkerer Muskelanspannung aus dem engen Kanal plötzlich herausgleitet. Daneben gibt es die rheumatische Sehnenscheidenentzündung und drittens noch die eitrige, infektiöse Tendovaginitis.
"Die bakterielle Entzündung hat als Ursache entweder eine Stichverletzung oder eine Keimabsiedlung, die durch irgendeine andere Infektion ausgelöst wird, die ist erheblich gefährlicher, weil dort Eiter entsteht, und die Sehnen wirklich zerstören können. "
Staphylokokken und Streptokokken sind die häufigsten Erreger, allerdings wird die äußere Schicht der Sehnenscheiden – das Synoviaepithel – auch von Chlamydien, Mykoplasmen und Gonokokken befallen.
"Gerade an der Hand oder an der Hohlhand kann eine Hohlhandphlegmone entstehen, das ist eine absolute Notfallindikation für eine Operation, aber auch jeder andere Fall, wo sich schon Eiter gebildet hat, wo im Blut auch die entsprechenden Entzündungsparameter hoch sind, da muss man das Sehnenfach eröffnen und entlasten vom Eiter und dann auch auf jeden Fall eine antibiotische Behandlung betreiben."
Bei der nichtinfektiösen Tendovaginitis ist die Therapie weit weniger dramatisch. Da reicht – sagt der Kölner Orthopäde Dr. Rene Conrads – die PECH-Regel,…
"…wobei das P für Pause, das E für Eis, das C für Kompression und das H für Hochlagerung steht, einfach eine Schonung und Kühlung der entsprechenden Sehnenscheide. Sollte das nicht ausreichen, kann man in Ergänzung lokale Betäubungsmittel injizieren, und wenn es sehr hartnäckig ist sogar Kortikoide, also Kortisone."
Theoretisch können Sehnenscheidenentzündung überall am Körper auftreten, tatsächlich beobachten Orthopäden sie aber nur am Handgelenk, am Fuß, am Ellenbogen und an der Schulter. Alle anderen Sehnen liegen geschützt, Überlastungen sind dort kaum möglich. Bei der Behandlung plädieren Mediziner auf jeden Fall für eine gründliche Ausheilung, auch wenn die Therapie je nach Schweregrad mehrere Wochen dauern kann. Blitzlösungen per Spritze bringen gar nichts!
"Natürlich kann man einen Patienten, der mit einer akuten Sehnenscheidenentzündung hier reinkommt, ganz schnell mit einer Kortison-Injektion helfen, der Patient geht schmerzfrei aus der Praxis oder aus der Klinik raus. Das ist aber ein trügerisches Bild, weil die Entzündung letztlich durch das Kortison nur gehemmt wird und das lokale Betäubungsmittel nimmt dem Patienten den Schmerz. Und das birgt die Riesengefahr, dass der Patient unvernünftig ist und trotzdem die Sehnenscheide entsprechend belastet, was dann zu einer Chronifizierung der Problematik führen kann. Der Schmerz hat ja auch seinen Sinn, es ist ein Warnsignal für den Körper, dass wir wissen, OK, bis hierhin und nicht weiter!"
Hin und wieder greifen Ärzte übrigens auch zur extrakorporalen Stosswellentherapie, wie sie Chirurgen schon auf anderen Gebieten anwenden.
"Man kann ja, wie jeder weiß, Nieren- oder Gallensteine von außen mit Schallwellen wegsprengen. Das hat man sich auch in der Orthopädie zueigen gemacht, und man kann Knötchen und Sehnenscheidenentzündung in mit der extrakorporale Stoßwellentherapie erfolgreich behandeln."
Warum das so ist, wissen Ärzte auch heute noch nicht. Nur so viel ist klar: Häufig – nicht immer – führt der Beschuss zum Erfolg: Die Entzündung klingt ab, der Schmerz lässt nach. Einige Studien gehen davon aus, dass knapp 80 Prozent der Patienten nach drei Monaten deutliche weniger Schmerzen haben. Weil nach dieser Zeit aber auch ohne Behandlung eine Besserung eintritt, konnte sich die extrakorporale Stosswellentherapie nicht als anerkannte Therapieform durchsetzen. In eine ganz andere Richtung geht die Behandlung, wenn die Sehnenscheidenentzündung rheumatische Ursachen hat.
"Der Begriff Rheuma ist nur ein Oberbegriff für etwa 200 bis 400 Erkrankungen, dabei kommt es zu Antikörperbildung gegen körpereigenes Gewebe, und das kann auch Sehnenscheiden und Sehnen betreffen. Die rheumatische Sehnenscheidenentzündungen sind letztlich nur zu diagnostizieren und nicht austreiben, es gibt keine Möglichkeit, eine rheumatische Erkrankung so zu behandeln, dass man hinterher kein Rheuma mehr hat, da besteht nur die Möglichkeit der symptomatischen Behandlung, und da ähneln sich die Therapiemöglichkeiten der nicht infektiösen Sehnenscheidenentzündung, wobei hier spezielle Rheumamittel noch zum Einsatz kommen, zum Beispiel Nichtsteroidale Antirheumatika und solche Substanzen."
Dazu zählen Arzneistoffe wie Diclofenak und Ibuprofen, im Gespräch sind auch neue Stoffgruppen, etwa die so genannten COX-2-Hemmer.
Bei der Überlastungsform der Sehnenscheidenentzündung sieht die Therapie natürlich sehr viel einfacher aus. PECH heißt die Regel, will sagen, Pause machen, das Gelenk kühl und hoch lagern. Womit – sagt Rene Conrads – die Behandlung aber nicht abgeschlossen ist.
"Wenn jemand mal an einer Sehnenscheidenentzündung gelitten hat, ist unser Therapieansatz in jedem Fall, nach dem Ausheilen der Erkrankung ein intensives Muskelaufbautraining zu betreiben, um die entsprechenden Gelenke und Sehnenscheiden muskuläre so zu stabilisieren, dass eine Überlastung unwahrscheinlich wird."
Genau das hat die Mutter mit der Tendovaginitis de Quervain gemacht. Seit die Schmerzen weg sind, treibt sie regelmäßig Sport.
"Ich hoffe, es hilft. Schauen wir mal!"