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Radionacht Jazz
Als der Jazz bis fünf zu zählen begann

Seine Platte "Time Out" im Jahr 1959 war eine kleine Revolution: Mit dem Stück "Take Five" im ungewohnten 5/4-Takt gelang dem Pianisten Dave Brubeck ein Millionenhit. Sein 100. Geburtstag ist Anlass für eine Erkundungsreise durch sein riesiges Werk.

Am Mikrofon: Karsten Mützelfeldt |
    Den größten Teil des Fotos nimmt der aufgeklappte Deckel eines Flügels ein. Er reflektiert buntes Scheinwerferlicht. Im Hintergrund am Klavier: ein alter, weißhaariger Mann mit Brille.
    Posthum erschien 2020 eine vom 91jährigen Dave Brubeck eingespielte Solo-CD mit Wiegenliedern (imago stock&people)
    Das Experimentieren wurde Dave Brubeck nie leid. Gerade hat sich seine Hörerschaft an den 5/4-Takt gewöhnt, schon arbeitet er an noch kniffligeren Metren: Der Pianist aus Kalifornien, der einst bei Darius Milhaud studierte und Unterricht bei Arnold Schönberg nahm, befasst sich mit Polyrhythmik und Zwölftonreihen, schlägt Brücken zur europäischen Klassik. Überzeugt davon, dass Jazz die Vorform einer kommenden Weltmusik sei, integriert er Elemente aus türkischen, indischen, japanischen, brasilianischen und mexikanischen Klangsprachen. Das "klassische Quartett" mit Paul Desmond, Gene Wright und Joe Morello avanciert zur Hausband der Universitäten und Colleges und wird zum Liebling der intellektuellen Mittelschicht. Auch wenn Dave Brubeck nie das Image eines Akademikers verloren hat, zählt er zu den populärsten Musikern der Jazzgeschichte. Am 6. Dezember jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal.