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Radionacht Jazz
Streifzüge durch den britischen Jazz

Der britische Jazz ist eigenständig, weil er sich nicht abgeschottet hat. Prog Rock, Folk, Township Music und moderne Clubkultur übten starke Einflüsse aus. Ein vielstimmiger Streifzug durch Soundwelten - von Tubby Hayes' „For Members Only“ (1967) bis zu Matthew Herberts Brexit Big Band.

Am Mikrofon: Karl Lippegaus |
    s/w-Schnappsachuss dreier gehender Männer. Sie tragen Anzüge und Mäntel, halten Aktenkoffer und schauen in unterschiedliche Richtungen.
    Sein Live-Album "For Members Only" wurde erst posthum veröffentlicht: Saxofonist Tubby Hayes (l.) starb 1973 mit nur 38 Jahren. (imago stock&people/Topfoto)
    Nach 1968 erlebte der britische Jazz einen beispiellosen Kreativitätsschub. Der Trad-Jazz-Boom war abgeebbt und der Rhythm'n'Blues flößte der Jazzszene neue Energie ein. Junge Musiker strömten von den Kunstschulen und Universitäten nach London, das noch sehr geprägt war vom amerikanischen Jazz. Aus der Imitationsphase erwuchs Originalität, kreative Pools und Cliquen bildeten sich.

    Neue Klangsprache

    In London entstanden seit den 1970er-Jahren Plattformen und Treffpunkte wie das ICA, Ronnie Scott's The Old Place oder die heutige "Kultstätte" Café Oto. Individualisten wie John Surman erfanden für sich eine neue Klangsprache, dokumentiert auf seinen zahlreichen unbegleiteten Solo-Alben wie "Private City". Noch heute haben Bands wie Rory Gallaghers Taste, Soft Machine oder King Crimson aus den 1970er-Jahren direkten Einfluss auf die Arbeit junger Formationen wie Dinosaur oder Led Bib. Und ein "ewiger" Avantgardist wie Evan Parker hat noch immer eine zentrale Bedeutung für die kontinuierliche Weiterentwicklung einer Musik, die heute so vielfältig und spannend klingt wie nie.
    Mit Musik von Dinosaur, Elliot Galvin, Joe Harriott, Tubby Hayes, Alexander Hawkins, Matthew Herbert, Led Bib, Evan Parker, Dudu Pukwana, Keith Tippett, Snowpoet, John Surman, Christine Tobin, Norma Winstone u.v.a.