Radon macht, zusammen mit den Stoffen, in die es zerfällt, im Durchschnitt etwa die Hälfte der natürlichen Strahlenbelastung in Deutschland aus. Das radioaktive Gas sitzt tief im Untergrund, eingelagert in Gesteinsporen. Bergleute unter Tage atmen besonders viel davon ein und haben deshalb ein deutlich erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Erklärt Michaela Kreuzer, die beim Bundesamt für Strahlenschutz die Abteilung leitet, die für Strahlenbelastung zuständig ist.
"In den Neunzigerjahren kam dann die Frage auf: Na ja, Radon kommt ja überall vor. Die Konzentrationen in Wohnungen sind wesentlich niedriger als im Bergbau. Aber könnte das auch gesundheitsgefährdend sein? Und dann wurden in den Neunzigerjahren viele Studien gestartet, zur Frage Lungenkrebsrisiko durch Radon in Wohnungen. Und hier konnten wir tatsächlich auch zeigen eine Expositions-Wirkungs-Beziehung, das Risiko wird erhöht."
Radonschutzgesetz von den Bundesländern zunächst abgelehnt
Den Analysen zufolge lassen sich in Deutschland etwa fünf Prozent der Lungenkrebstoten auf Radon in Gebäuden zurückführen. Schon 1988 wurde das Gas von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend eingestuft. Der Richtwert der WHO für Radon in Räumen beträgt 100 Becquerel pro Kubikmeter Luft. Das bedeutet: Pro Sekunde sollten in einem Kubikmeter Innenraumluft nicht mehr als 100 Radon-Atome zerfallen.
Die Bundesregierung reagierte im Jahr 2005 mit einem Entwurf für ein Radonschutzgesetz. Doch das wurde von den Bundesländern abgelehnt, weil die Nachteile für die Bauwirtschaft befürchteten. Und so passierte viele Jahre lang erst einmal gar nichts.
Ende 2013 kam dann eine Richtlinie des europäischen Rats heraus, mit einem einheitlichen Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter – also dreimal höher als der Wert der WHO. Diese EU-Richtlinie musste bis Ende 2018 in nationales Recht umgesetzt werden.
Gebirgsregionen weisen erhöhte Werte auf
Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland nun dieser neue Richtwert für private Wohnräume und für Arbeitsplätze. Praktische Auswirkungen hat das zunächst nicht. Die Bundesländer haben nämlich erst mal zwei Jahre Zeit, um Gebiete zu benennen, in denen mit erhöhten Radon-Werten zu rechnen ist. Denn es gibt regionale Unterschiede, sagt Michaela Kreuzer.
"Die Radonkonzentrationen in Wohnungen hängen von den geologischen Bedingungen ab. Und hier gibt es ganz klar in Deutschland Gegenden mit höheren Radonkonzentrationen und mit geringeren. Und natürlich ist Thüringen und Sachsen im Erzgebirge eines der wirklich betroffenen Gebiete, der ostbayerische Raum, Schwarzwald. Eigentlich alle Gebirgsregionen haben eher die Tendenz für erhöhte Radonkonzentrationen."
Lüften und Ritzen abdichten hilft
Wenn die Verdachtsgebiete ausgewiesen sind – also ab Januar 2021- muss dort an allen Arbeitsplätzen, die im Keller oder im Erdgeschoss liegen, die Radon-Konzentration gemessen werden. Auch Privatpersonen wird empfohlen, diese Werte im häuslichen Umfeld zu erfassen. Einige wenige Haushalte machen das bereits auf freiwilliger Basis.
Dafür kann man bei einer zertifizierten Stelle für 25 bis 30 Euro per Post kleine Messboxen anfordern. Die legt man sich für eine Langzeitmessung ins Schlaf-, Arbeits- und Wohnzimmer und schickt sie nach etwa einem Jahr zwecks Auswertung zurück. Ob die Werte erhöht sind, erfährt man dann per Post.
"Wenn ja, hilft meistens einfach deutlich mehr lüften. Oder - Radon hat ja bestimmte Eintrittswege, kann eben, weil es gasförmig ist, einfach über Fugen, Ritzen, und Treppenhäuser eindringen in das Haus - da einfach abdichten. Und wenn diese einfachen Maßnahmen nicht helfen, muss man sich vielleicht an Baufachleute wenden und dann eben ein spezielles Belüftungssystem einführen."