Eine Blaskapelle spielt auf, als die Frauen bei diesem Radklassiker ins Ziel rollen. Solosiegerin wurde wieder einmal die 39-jährige Annemiek van Vleuthen. Trotz vieler Siege in ihrer Karriere freute sich die Niederländerin, als sei es das erste Mal:
"Ich weiß, es ist mein bestes Frühjahr überhaupt. Ich sehe das auch auf dem Powermeter im Training und Wettkampf und bei den Zeiten auf Strava. Aber ich beobachte auch, dass das Niveau allgemein wächst. Ich werde besser und gleichzeitig gibt es immer mehr Frauen, die in der Lage sind zu gewinnen. Es wird immer schwerer zu gewinnen. Deshalb ist jeder Sieg umso schöner, denn man muss dafür kämpfen."
Liane Lippert wird Achte
Van Vleuthen, mehrfache Weltmeisterin, Zeitfahr-Olympiasiegerin, hat die meisten der wichtigen Frauen-Rennen für sich entschieden. Zu denen, die Van Vleuthen das Siegen schwerer machen, gehört Liane Lippert. Die Friedrichshafenerin ist 15 Jahre jünger als Van Vleuthen. Mit zwei dritten Plätzen beim Amstel Gold Race und dem Pfeil von Brabant präsentierte sich sie als stärkste deutsche Rad-Athletin in diesem Frühjahr. In Lüttich kam sie in der zweiten Verfolgergruppe als insgesamt Achte ins Ziel. "Ja klar. Es ist schöner, um den Sieg mitzufahren. Aber ich habe es schon bei La Redoute gemerkt, dass ich Probleme habe. Ich kam aber wieder zurück."
Hier, am vorletzten Anstieg hatte Siegerin Van Vleuthen das Feld mit einer Attacke ordentlich durcheinander gewürfelt. Mit einer zweiten Attacke am Schlussanstieg zog sie dann endgültig davon. "Und am Roche-aux-Faucons da war es einfach wieder zu schnell. Ich habe alles gegeben, aber es hat gerade so nicht gereicht", sagte Lippert.
Lippert: "Zum Zuschauen ein tolles Rennen"
Ein abwechslungsreiches Rennen mit vielen Attacken und Fluchtgruppen, die wieder eingefangen wurden. Lippert: "Ja, ich denke es war zum Zuschauen ein tolles Rennen. Es waren wieder extrem viel Leute da. Und es war schön, einfach angefeuert zu werden. Ich habe meinen Namen auch oft gehört. Das motiviert einfach."
Die neue Bekanntheit der Sportlerinnen liegt auch daran, dass zahlreiche Rennen der Womens World Tour, der obersten Kategorie im Frauen-Radsport, gemeinsam mit den Männer-Rennen der WorldTour ausgetragen werden.
"Ich denke, es ist ganz gut, wir hatten viel mehr Fans dadurch. Aber klar, wir müssen immer sehr sehr früh aufstehen, das ist sehr hart, um 8.30 Uhr zu starten. Aber die Aufmerksamkeit ist schon gut. Man merkt, wie viele Fans hier einfach sind, und die Camper, die da stehen, davon profitieren wir Frauen auch."
Reusser für Splitscreen-Übertragungen
Luft nach oben gibt es selbstverständlich, meint die Schweizerin Marlen Reusser, zweifache Vizeweltmeisterin im Zeitfahren: "Was ich eine coole Sache fände, wenn man in Zukunft mehr Splitscreen-Übertragungen machen würde, wo man wirklich die Rennen parallel zeigen würde auf den großen Sendern. Und auch parallel kommentieren, weil es ja selten ist, dass gleichzeitig hier und dort etwas passiert."
142 Kilometer fahren die Frauen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, die Männer 257. Die gleiche Distanz wie die Männer zu fahren, hält Reusser hingegen nicht für zielführend bei der Entwicklung des Frauenradsports:
"Für mich ist das keine relevante Frage. Man muss nicht unbedingt gleichlange Rennen haben. Ich finde, die Herren könnten, wenn sie möchten, diskutieren, ob sie ein bisschen weniger lange Rennen möchten. Weil ja auch viel am Anfang gebummelt wird und diese obligatorischen Breakaways fahren gelassen werden. Für mich ist das überhaupt keine Diskussion, dass man das gleiche haben muss. Ich glaube, unsere Rennen sind sehr spannend, so wie sie sind. Es passiert immer viel. Es ist immer hochinteressant."