Ein neuer Termin für die Tour de France. Dass es Ende August los gehen soll, freut Denis Zanon. Er ist Direktor der städtischen Tourismusagentur Nizzas, der Stadt des Grand Departs:
"Schon die erste gute Nachricht war, dass die Tour stattfindet und nicht komplett annulliert wird. An den letzten beiden Tagen im August werden wir also ein wichtiges internationales Event haben. Der französische Markt macht im Tourismus in Nizza nur etwa 35 bis 40% aus."
Tourismustreiber Tour de France
Die Tour de France ist ein Tourismustreiber. Er soll das internationale Publikum zurück in die Stadt bringen. Ende August sind auch noch Ferien. Das ist ein wichtiger Faktor für Massen am Straßenrand.
"Aber für die anderen Städte, bei denen danach die Tour vorbeikommt, wird es wohl weniger Publikum geben. Die Menschen arbeiten, sind in der Schule und haben nicht die Zeit, an die Strecke zu kommen", meint Zanon. Der Marketingeffekt der Tour wird insgesamt wohl geringer ausfallen. Unternehmen überlegen auch schon, ihren Auftritt in der Werbekarawane zu reduzieren, meldeten französische Medien. Generell herrscht in der Radsportbranche aber Erleichterung. Auch bei den Profis. Sie können jetzt endlich das Training strukturieren.
"Bis August ist es schon noch weit. Und ich werde das Training schon noch anpassen. Drei Monate voll durchziehen macht keinen Sinn. Es lässt uns schon noch Zeit, es etwas ruhiger angehen zu lassen, bevor dann im Juni und Juli die entscheidenden Monate sind, wo man die Stellschrauben wieder ein bisschen anziehen muss", meint Roger Kluge, Radprofi beim belgischen Team Lotto Soudal.
Komplexe Aufgabe für die Rennstallmanager
Für die Rennstallmanager ist die Aufgabe komplexer. Zwar begrüßt auch Ralph Denk die Festlegung der Tour auf den Augusttermin. Besser eine späte Tour als gar keine. Der Chef des deutschen Rennstalls Bora-hansgrohe will aber mehr Planungssicherheit. Zwar gebe es Termine für Tour und WM, "aber es gibt noch keinen Platz für die Klassiker und es gibt auch noch keinen wirklichen Rennkalender vor der Tour de France. Solange wir diese Fakten nicht auf dem Tisch haben, ist es natürlich wahnsinnig schwierig, eine Personalplanung für die jeweiligen Rennen zu machen.
Spekulationen über den weiteren Rennkalender gibt es viele. Die belgische Zeitung Het Nieuwsblat vermutete, dass die Klassikerrennen Mailand - Sanremo und Paris - Roubaix Mitte August, also kurz vor der Tour, stattfinden könnten. Für den Giro d'Italia ist der 3. bis 25. Oktober vorgesehen. Parallel zum Giro sollen Flandernrundfahrt und Lüttich Bastogne Lüttich ausgetragen werden. Die Vuelta könnte am 20. Oktober beginnen. Damit würde sich erste Woche der Spanienrundfahrt mit der letzten Giro-Woche überlappen.
Momentan ist all dies aber bestenfalls ein Arbeitsauftrag für Veranstalter. Mauro Vegni, Chef des Giro d'Italia: "Ich will, ich muss optimistisch sein. Ich denke, der Giro im Oktober ist zu 60 bis 70% wahrscheinlich. Es wird natürlich ein anderer Giro als gewöhnlich sein, wie sich auch das Leben von uns allen geändert hat."
Weniger Zuschauer und Restriktionen an Start und Ziel
Vegni geht von weniger Zuschauern an der Strecke und von Restriktionen an Start und Ziel aus. Dem geplanten Start in Ungarn erteilt er eine Absage: "Dieses Jahr werden wir wegen der verschiedenen Gesundheitsbedigungen in den einzelnen Staaten den Giro-Start in Italien haben. Ich gehe von einem Giro komplett in Italien in diesem Jahr aus."
Die für Ungarn geplanten Etappen sollen im weniger vom Coronavirus heimgesuchten Süditalien stattfinden. Die Verschiebung nach hinten bringt aber auch Probleme mit sich. Die Vuelta will Ende Oktober noch auf den Col du Tourmalet. Da kann um diese Zeit bereits Schnee liegen.
Logistisch immerhin dürfte der enge Terminkalender für die Rennställe machbar sein. Radprofi Roger Kluge: "Die Teams haben genug Fahrer, genug Personal, um bei jeder Grand Tour ein frisches Team an den Start zu stellen. Die Tour wird definitiv mit dem A-Team gefahren werden. Und bei Giro und Vuelta könnten halt Nachwuchsfahrer, jüngere Fahrer die Chance kriegen, eher als erwartet eine große Rundfahrt zu fahren."
Grundvoraussetzung bleibt für alle diese Planspiele aber, dass das Virus in den Griff zu kriegen ist. "Masken im Rennen sehe ich als ausgeschlossen. Vielleicht gibt es ja welche, die Angst haben und die das machen. Aber wenn wir wieder Radrennen fahren, dann wäre das ja ein Zeichen, dass wir das Virus besiegt haben."