Tadej Pogacar hat es sich in der Sonne Südspaniens bequem gemacht. In einem Luxushotel, das ganz der Pracht der Pharaonen nachempfunden ist, blickte er nun noch einmal auf seine ungemein erfolgreiche Saison zurück, in der er unter anderem den Giro und die Tour de France gewonnen hat:
„Für mich persönlich war es die beste Saison überhaupt. Ich fühlte mich großartig, alles war einfach besonders. Und wenn ich schlafen gehe, tue ich das mit richtig guten Gedanken.“
Pogacar will seine Form noch steigern
Pogacar ist allerdings nicht nur im Schlummermodus. Er arbeitet im Trainingslager bereits an seiner Form für die nächste Saison. Die soll noch glorreicher werden.
„Ich denke, Verbesserungen sind immer möglich. Erfahrung kommt hinzu. Und ich halte mich nicht für einen alten Kerl. Ich bin immer noch jung und es ist Platz für Steigerung.“
Mailand - Sanremo als großes Ziel
Seinen WM-Titel möchte er unbedingt verteidigen, das gelbe Trikot bei der Tour ebenso. Und im Regenbogentrikot möchte er endlich auch beim Klassiker Mailand - Sanremo triumphieren:
„Das ist eines der am wenigsten vorhersehbaren Rennen im Kalender. Es ist auch eines, in dem ich mich immer wieder beweisen will. Langsam komme ich dem ersten Platz auch näher. Und im nächsten Jahr ist das eines der Ziele.“
Wie kann er dem Ziel näherkommen, wie kann er so gut werden, dass er den Kampf auf dem letzten knackigen Anstieg vor dem Ziel ganz sicher für sich entscheiden kann?
Trainer schwört auf Hitzetraining und Höhentraining
Seine Trainer müssten da ja schon einen Plan haben. Die, die ihn auch so ideal auf die vergangene Saison eingestellt hatten. Die wichtigsten Faktoren für Pogacars beeindruckende Leistungssteigerung in der vergangenen sah Jereon Swart, seit sechs Jahren Coach bei UAE Emirates, hier:
„Ich denke, das Krafttraining war ein Aspekt, dann auch das Hitzetraining und das intensivere Intervalltraining. Mit den Umfängen, die die Fahrer absolvieren, perfektionieren sie ihre Anpassung an diese Trainingsreize. Das schlägt sich in der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit im Blut nieder. Auch die Glykosespeicher werden besser gefüllt, und die Dichte der Mitochondrien nimmt zu.“
Kann Pogacar noch etwas herausholen?
Das bedeutet eine Anreicherung der verschiedenen Energiespeicher des Organismus. Mitochondrien sind Zellbestandteile, die für die Energiebereitstellung zuständig sind. Glykosespeicher im Gewebe sind die Tanklager schlechthin. Und wenn das Blut mehr Sauerstoff aufnehmen kann, gelangt eben auch mehr Brennstoff in die Muskeln. Swart schwört zudem auf die Kombination von Hitzetraining und Höhentraining.
Höhentraining erhöht die Zahl der roten Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport unabdinglich sind. Hitzetraining sorgt nicht nur für Anpassung an extreme Temperaturen. Laut jüngsten Studien wird damit auch das Blut flüssiger, was unter anderem dazu führt, dass bei großen Anstrengungen auch das Oberflächengewebe besser gekühlt werden kann, was wiederum die Ausdauerleistung verbessert. Alles hängt mit allem zusammen. Wie aber kann Pogacar nun noch besser werden?
„Das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Vielleicht noch etwas Krafttraining, aber sehe nicht viele andere Defizite. Es bedeutet harte Arbeit, da etwas zu finden. Aber selbst wenn wir das Niveau nur halten, wäre das schon gut. Vielleicht finden wir aber noch ein paar kleine Verbesserungen.“
Einsatz von KI soll helfen
Das Krafttraining gilt übrigens vor allem dem Oberkörperbereich. Mit einem muskulöseren Körper kann Pogacar unbequemere, aber aerodynamisch günstigere Positionen auf dem Rad länger halten. Neue Ideen verspricht der Sportwissenschaftler Swart sich vom Einsatz künstlicher Intelligenz. Das Team hat bereits eine solche kreiert. Sie heißt Anna, wertet Daten aller Fahrer aus und interpretiert auch frühere Rennen auf neue Art. Anna soll auch ausklamüsern, wie Pogacar am besten Mailand – Sanremo gewinnt.
Die Leistungen von Pogacar lösten in der Vergangenheit sowohl Bewunderung als auch Verblüffung aus. Und darunter mischten sich Zweifel, ob die Leistungen auch ehrlich erbracht wurden. Wie geht das Team mit solchen Zweifeln um? Nils Politt, einer der Helfer von Pogacar beim letzten Tour de France-Triumph:
„Ja klar, der Radsport hat extrem gelitten in den früheren Jahren und da wurden halt direkt Fahrer rausgezogen. Aber wie gesagt, ich sehe ihn tagtäglich und ich trainiere tagtäglich mit ihm hier jetzt und er ist halt einfach ein extrem starker Fahrer. Selbst wenn er in der Off-Season ist, merkt man einfach den Unterschied und er hat einfach das Talent und die Spritzigkeit und einfach dieses Extreme.“ Ein Naturtalent eben, mit innovativer Begleitung.
Auf das Kohlenmonoxidverfahren soll verzichtet werden
Immerhin einen Rückzieher aus Graubereichen kündigte das Team ebenfalls im Trainingslager an. Auf die umstrittene Messung der Hämoglobinmasse durch das Kohlenmonoxidverfahren will UAE Emirates in Zukunft verzichten. Atmet man bei der Messung dosiert Kohlenmonoxid ein, könnte das ähnliche Effekte wie Höhentraining bewirken.
Das wäre dann eine künstliche Methode der Leistungssteigerung, dem Sinn nach also Doping. Ob die Fahrer sich jemals dem Kohlenmonoxidschock aussetzten, ist nicht bewiesen. Der Verzicht auf die Messmethode, und damit die offizielle Absage an möglichen Missbrauch, ist die vielleicht bemerkenswerteste Botschaft aus dem Trainingslager des Teams.