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Radsportförderung in Südamerika
Topstars bei der Tour de San Luis

Der lateinamerikanische Radsport holt auf. Bei der bis Sonntag stattfindenden Tour de San Luis in Argentinien bringen die als Kletterkünstler bekannten Kolumbianer auch einen Top-Sprinter heraus: Fernando Gaviria. In ihrer ureigenen Domäne werden die Bergtalente aus den Anden hingegen von einem Argentinier überholt.

Von Tom Mustroph |
    Der kolumbianische Radprofi Fernando Gaviria freut sich über einen Sieg.
    Der kolumbianische Radprofi Fernando Gaviria (imago/ Zuma Press)
    Die Tour de San Luis bietet eine echte Fusion des Subkontinents. Sambarhythmen erklingen im Etappenort La Punta, einem erst 2003 gegründeten Musterstädtchen. Der Gouverneur, der den Grundstein für die Siedlung legte und vier Jahre später auch die Tour de San Luis ins Leben rief, hat als jüngste Initiative hier einen Ableger des Karnevals aus Rio etabliert. Die lokalen Bands sind inzwischen so gut, dass sie auch als Neben-Act für ein Radsport-Event in Frage kommen.
    Die Rundfahrt ist ebenfalls eine Fusion. Pro Tour-Teams aus Europa wie die Tinkoff-Truppe mit Weltmeister Peter Sagan, Vincenzo Nibalis Astana oder die von Nairo Quintana angeführte Movistar-Abordnung treten hier gegen Nationalmannschaften aus Kuba, Chile, Brasilien, Kostarika und Mexiko sowie diverse Teams aus Argentinien an.
    "Wir wollen Radsportler von internationalem Niveau herbringen und einen Mix mit herstellen, um dem Radsport in Lateinamerika zu helfen. Das ist gut für das Rennen. Und es kreiert Emotionen, weil es den Traum erfüllt, gegen diese Champions anzutreten und die Hoffnung weckt, eines Tages gegen sie auch in Europa zu kämpfen", erzählt Giovanni Lombardi.
    Jüngstes Entwicklungsprodukt: Fernando Gaviria
    Der Ex-Profi des Telekom-Rennstalls fungiert bei der Tour de San Luis als Koordinator für die europäischen Teams. Die Anwesenheit von Nationalmannschaften erinnert an ganz alte Radsport-Zeiten. Die Retrowelle ist aber zukunftsträchtig. Kolumbianische Radtalente wurden vor einigen Jahren auch erst als Nationalmannschaft in zahlreiche Straßenrennen rund um die Welt geschickt, bevor dann die Profirennställe auf sie aufmerksam wurden.
    Jüngstes Entwicklungsprodukt ist Fernando Gaviria. Im letzten Jahr besiegte der Kolumbianer beim Massensprint in San Luis zwei Mal Ex-Weltmeister Mark Cavendish. Prompt vom Tony Martin-Rennstall Etixx Quick Step verpflichtet gab Gaviria in diesem Jahr Peter Sagan das Nachsehen. Selbst ist der erst 21jährige Gaviria schon Weltmeister im Omnium - und hat fest die Olympischen Spiele im Blick. Er ist ein Multitalent mit noch unerforschtem Potential - selbst für seinen sportlichen Leiter Davide Bramati.
    "Wir haben noch gar nicht alles von ihm gesehen. Wir müssen ihn selbst erst richtig kennenlernen. Er ist jemand, der auch gut mit Anstiegen klarkommt. Er ist noch sehr jung und ein Sprinter vom Typ Peter Sagan." Wie Sagan, nur explosiver. Dem Etixx-Neuzugang Marcel Kittel wächst da ein beachtlicher teaminterner Rivale heran. Die Rennstallmanager wollen beide vorerst voneinander entfernt halten.
    Argentinier besiegt die Quintanas
    "Sicherlich haben die beiden unterschiedliche Rennprogramme. Und dann schauen wir. Vorerst werden wir sie nicht zusammenbringen. Und dann sehen wir weiter", sagt Bramati. Gaviria zog sich nach Sturzverletzungen am Freitag allerdings aus dem Rennen zurück. Sein Landsmann Nairo Quintana hingegen musste bei der Königsetappe der Tour de San Luis die Überlegenheit des Argentiniers Eduardo Sepulveda akzeptieren.
    Der dank der Nachwuchsarbeit des internationalen Trainingszentrums der UCI in Aigle zum Profi gereifte Kletterer distanzierte nicht nur den zweifachen Tourzweiten. Er schnappte auch dem jüngeren Quintana-Bruder Dayer die Gesamtführung um drei Sekunden weg. Quintana senior fühlt sich dennoch gut gerüstet für die Tour. Er sei voll im Plan, versichert er in San Luis: "Ich werde dann zum dritten Mal an der Tour teilnehmen. Ich hoffe, dass ich dann endlich meine Ziele erreichen kann. Ich fühle mich noch besser vorbereitet."
    Von den Kletterern, die am europäischen Rennbetrieb teilnehmen, machten er und sein Bruder Dayer in Argentinien den besten Eindruck. Dass sie beim wichtigsten Rennen auf ihrem Heimatkontinent die Trophäen aber nicht einsammeln können wie sie wollen, ist ein Hinweis auf das Wachstum des gesamten lateinamerikanischen Radsports. Die Musik, die hier gespielt wird, hat Hit-Potential auch in Europa.