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Radsportkalender nach Corona
Hoffnung für deutsche Rennen

Im neuen Radsportkalender des Weltverbandes UCI fanden Rennen auf deutschem Boden bisher keinen Platz. Dennoch gibt es Hoffnung, dass vielleicht sogar die beiden Eintagesrennen Eschborn-Frankfurt und Cyclassics Hamburg stattfinden können.

Von Tom Mustroph |
Bei einem Radsport-Straßenrennen stehen mehrere Fahrer mit ihren Rädern nebeneinander.
In Deutschland könnten in diesem Jahr doch Radrennen stattfinden. (imago)
Der deutsche Profiradsport ging leer aus beim munteren Kalenderplanen im Profiradsport. Kein deutsches Rennen schaffte es auf den provisorischen Rennkalender der UCI. Die Gründe sind vielfältig. Die Deutschland-Tour wurde gleich vom Veranstalter selbst abgesagt. Das ist der Tourausrichter ASO. Vermutung: Die eigenen Rennen wie Tour de France und Criterium du Dauphiné hatten höhere Priorität. Die ASO wollte sich im Deutschlandfunk dazu nicht äußern. Ebenfalls von der ASO ausgerichtet wird auch der Eintagesklassiker Eschborn - Frankfurt. Er sollte ursprünglich am 1. Mai stattfinden, wurde dann aber verschoben und ist bisher noch nicht abgesagt.
Und obwohl das Rennen nicht im UCI-Kalender auftaucht, arbeitet man hinter den Kulissen doch noch an einem Termin. "Der letzte Stand ist der 27. September. Da hat die UCI einen Termin vergeben. Und darauf hin könnten wir planen", erzählt Fabian Wegmann. Der Ex-Profi ist beim Rennen als Regulator tätig. Er spielt mit seinen Kollegen derzeit viele Szenarien durch, was nach den Covid-19-Hygiene-Regeln möglich sein könnte. Erschwerend kommt hinzu: Eschborn - Frankfurt ist mehr als nur ein Profi-Rennen. 18 Rennen finden insgesamt statt, in den Nachwuchsklassen und für Breitensportler, für insgesamt 8.000 Teilnehmer. Dazu noch die Zuschauer - eine echte Herausforderung.
Städte müssen mitspielen
"Wir wollen nicht eine abgespeckte Variante haben. Man will das Rennen ja auch für die ganze Familie, auch für die Kinder. Es ist ja nicht nur das Profirennen, sondern auch die Jedermänner, für die Kinder, die Jugendlichen, für alle. Und das wäre natürlich schon schön, wenn man das alles zusammen unterkriegt."
Da müssen dann auch die Städte mitspielen. Die sind momentan in Warteposition. Beate Brendel, die Sprecherin der Stadt Eschborn sagt: "Wir würden uns erst Gedanken darüber machen, wenn die Gesellschaft zur Förderung des Radsports auf uns zukäme, mit der Frage, ob wir und vorstellen könnten, zu einem Zeitpunkt X ein Radrennen zu veranstalten. Dann würden wir das prüfen. Das ist aber bis jetzt noch nicht geschehen.",
Die Gesellschaft zur Förderung des Radsports, auf deren Anfrage die Stadt wartet, ist ein Tochterunternehmen der ASO. Prinzipiell würden die Rennveranstalter bei der Stadt offene Ohren finden: "Ja, wenn es unter Vernunftsgründen und Hygienegründen machbar ist, dann würden wir uns nicht versperren."
Die erste Etappe der Tour de France hat der Niederländer Teunissen gewonnen.
Radsport - 104 Renntage in 100 Tagen
Am 1. August soll laut Weltverband UCI die Radsport-Saison wieder starten. Der Kalender ist straff. Das birgt Konfliktpotential.
Ähnlich sieht die Situation in Hamburg und dem dortigen Eintagesrennen aus. Franziska Steinmann, Sprecherin des Ausrichters der Cyclassics, teilte mit, dass man aktuell mit dem Weltverband und der Stadt Hamburg in engem Austausch sei, um einen Renntermin im Herbst 2020 für Profisportler und Jedermänner zu realisieren.
Auch seitens der UCI ist man an Rennen in Deutschland noch in diesem Herbst interessiert. "Da sehe ich noch große Chancen", meint auch Toni Kirsch, Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer und Mitglied des einflussreichen Management Komitees der UCI. "Die Situation ändert sich ja von Tag zu Tag. Und von der Seite her bin ich schon der Überzeugung, dass wir auch noch dieses Jahr in Deutschland ein internationales Rennens sehen."
Kirsch schränkt zwar ein, dass man die Entwicklung der Pandemie nur schwer vorhersehen könne, bleibt aber zuversichtlich. "Ich hoffe, dass keine zweite Welle kommt. Dann sehe ich schon optimistisch in die Zukunft und sehe auch ein WorldTour Rennen in Deutschland dieses Jahr noch. Und ich werde mich auf jeden Fall persönlich dafür einsetzen, das ist ganz klar."
Zeitfahr-Cup der DHfK Leipzig abgesagt
Ein paar Etagen tiefer in der Radsport-Hierarchie ist man schon einige Pedalumdrehungen weiter. Für diesen Donnerstag war in Sachsen der Zeitfahr-Cup der DHfK Leipzig angesagt. Das erste Post-Corona-Straßenrennen, organisiert vom früheren DDR-Straßenfahrer Michael Schiffner. "Wir mussten absagen. Wir haben zwar die verkehrstechnische Freigabe von der Stadt Zwenkau und ihren Institutionen gehabt."
Das sächsische Innenministerium habe aber schließlich abgesagt, weil es zur Zeit keine Veranstaltung im öffentlichen Raum geben dürfe, berichtet Schiffner. Dass das Rennen bezüglich der Gesundheitsregeln sicher gewesen wäre - davon ist er überzeugt. Es handelte sich um Einzelzeitfahren. Die Fahrer wären allein auf die Strecke gegangen, auf einen Geisterkurs ganz ohne Zuschauer.
"Wir hätten auch die ganzen Eltern nicht in den Start- und Zielbereich gelassen. Da vorn in Zwenkau ist ein großer Parkplatz, dort hätte man sich an die gesamten Regeln halten können. Im Start- und Zielbereich hätten wir sowieso bloß vier Mann zugelassen: Starter, Zeitnehmer und Ordner."
Trotzdem wurde das Rennen untersagt. Deshalb fällt die Premierenehre des ersten Straßenrennens nach Corona wohl einem anderen Rennen in Sachsen zu. Die 79. Auflage von Rund um den Sachsenring soll am Pfingstsonntag stattfinden. Mehr als 70 Fahrer haben sich angemeldet, darunter auch der Deutsche Meister in der Bahnverfolgung und frühere Militärweltmeister Felix Groß. Die Fahrer sollen in räumlichem Abstand zueinander starten. Danach aber dürfen sie Gruppen bilden, teilte Veranstalter Dietmar Lohr dem Deutschlandfunk mit. Der sächsische Radsport startet zu Pfingsten also einen echten Ausreißversuch.