Diese Entdeckung führe zu mehr Verwirrung und lasse das Fragezeichen nur größer werden. So fasst Kenzie Nimmo das zusammen, was Astronomen am 19. Juni 2019 gelungen ist: "Wir haben mit dem 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg in der Eifel und anderen Instrumenten nach Ausbrüchen eines Fast Radio Burst an einer Stelle gesucht, die seit 2018 bekannt ist. Wir haben diese Stelle fünfeinhalb Stunden überwacht – und dabei tatsächlich vier Strahlungsausbrüche gefunden."
Die Doktorandin der Universität Amsterdam gehört zu einem Team, das das große Rätsel der Fast Radio Bursts lösen will, der "schnellen Radioausbrüche". Das sind kurze Radiowellen-Blitze, die stets nur für wenige Millisekunden aufflammen. Viele Objekte machen das nur einmal und nie wieder, manche zeigen sich häufiger. Fast immer bleibt unklar, wo genau am Firmament die Blitze aufleuchten. Doch jetzt hatten die Fachleute Glück: Das mit dem Teleskop von Effelsberg überwachte Objekt wiederholte sich einige Male.
"Ursprungsgalaxie etwa 500 Millionen Lichtjahre entfernt"
Für den Projektleiter Benito Marcote, Radioastronom am JIVE-Institut im niederländischen Dwingeloo, war das buchstäblich ein Geschenk des Himmels: "Wir konnten diesen Fast Radio Burst genau orten und haben den Ausbruchsort mit dem 8-Meter-Gemini-Teleskop auf Hawaii im sichtbaren Licht untersucht. Wir wissen nun, dass er in einer Spiralgalaxie aufgeleuchtet ist und aus einer Region stammt, in der gerade viele Sterne entstehen. Die Ursprungsgalaxie des Burst ist etwa 500 Millionen Lichtjahre von uns entfernt."
Erst zum zweiten Mal überhaupt ist es gelungen, genau nachzusehen, wo und in welcher Entfernung ein Fast Radio Burst aufgeblitzt ist und wie es in seiner Umgebung aussieht. Sonst wissen die Astronomen nur, dass die Blitze aufflammen – aber nicht wo genau im Kosmos. Die neue Beobachtung hat Kenzie Nimmo und das ganze Team staunen lassen:
"Der erste Burst, der schon vor einigen Jahren lokalisiert wurde, war aus einer Zwerggalaxie. Jetzt, beim zweiten, ist es eine viel größere Spiralgalaxie. Zudem gibt es an der Stelle des ersten identifizierten Bursts ein Objekt, das dauerhaft schwache Radiostrahlung abgibt. Beim zweiten Burst ist so etwas nicht zu sehen. Die beiden sind also offenbar sehr unterschiedlich."
Quelle der Strahlungsblitze müssen relativ kleine Objekte sein
Was genau passiert, wenn ein Radioblitz aufflammt, ist bis heute vollkommen rätselhaft. Die Ausbruchsdauer von nur wenigen Millisekunden macht aber klar, dass die Bursts von kosmisch gesehen winzig kleinen Objekten stammen müssen. Denn würde etwa ein Körper so groß wie die Sonne auch nur einen winzigen Moment aufleuchten, so würde allein die begrenzte Lichtgeschwindigkeit dies zu einem sekundenlangen Glühen ausdehnen.
"Die meisten Modelle drehen sich um kompakte Objekte, etwa Neutronensterne mit starken Magnetfeldern oder die sich schnell drehen. Aber damit kann man nicht erklären, warum es bei dem einen Burst eine stets schwach leuchtende Radioquelle gibt, bei dem anderen nicht. Das ist eine große Frage, die wir anzugehen haben."
Die Beobachtung wirft neue Fragen auf
Auch wenn diese Entdeckung das Rätsel nur noch größer gemacht hat: Es werden nur bessere Beobachtungen und gute Ideen weiterhelfen. Benito Marcote, Kenzie Nimmo und ihr Team liegen schon in wenigen Wochen wieder auf der Lauer, um die Ursprungsorte weiterer Fast Radio Bursts aufzuspüren und dann mit optischen Großteleskopen genau zu untersuchen. Vielleicht deuten die verschiedenen Arten der Bursts sogar daraufhin, dass verschiedene Prozesse im Spiel sind. Trotz der aktuellen Entdeckung: Das Enträtseln der Fast Radio Bursts wird wohl kaum schnell gehen.