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Volles Stadion trotz Protest
Rammstein treten in München auf - und verzichten auf Song

Vor Zehntausenden Zuschauerinnen und Zuschauern im Münchner Olympiastadion hat die Rockband Rammstein das erste Deutschland-Konzert ihrer aktuellen Europatournee gespielt. Auf die erhobenen Vorwürfe gegen Frontmann Till Lindemann ging die Band bei ihrem Auftritt nicht ein, änderte jedoch in Teilen ihre Show.

    Till Lindemann, Sänger der Band Rammstein, auf der Bühne mit einem schwarz-gelben Kostüm. Im Hintergrund unscharf Scheinwerfer und blaues Licht.
    Till Lindemann auf der Bühne während eines Rammstein-Konzerts (Archivfoto) (picture alliance / dpa / Jens Koch)
    Sänger Lindemann gab sich zwischen den Songs wie gewohnt wortkarg. Das Publikum verabschiedete er mit den Worten: "München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid." Anders als bei anderen Konzerten verzichtete die Band auf das Lied "Pussy", zu dem Lindemann früher das Publikum mit einer riesigen, penis-förmigen Schaumkanone bespritzt hatte.
    Mehrere Frauen hatten zuletzt schwere Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk und der Süddeutschen Zeitung beschrieben sie, wie junge Frauen offenbar gezielt für Sex mit dem Sänger rekrutiert wurden. Sie wurden demnach auf Konzerten - vorwiegend aus der sogenannten Reihe Null, ganz vorne im Zuschauerbereich - und Instagram gezielt angesprochen, dann auf speziell für Lindemann organisierte Aftershowpartys eingeladen. Zwei Frauen berichteten zudem von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. Die Band wies die Darstellungen inzwischen zurück und hat eine Anwaltskanzlei eigeschaltet.
    In einer am vergangenen Wochenende veröffentlichten Stellungnahme von Rammstein hatte es geheißen, die Vorwürfe hätten die Band sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst. "Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt - vor und hinter der Bühne." Weiter hieß es in dem Schreiben: "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge." Auch die Band habe aber ein Recht - nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.

    Verzicht auf Reihe Null

    Für die insgesamt vier Rammstein-Konzerte in München in dieser Woche waren einige Veränderungen angekündigt worden: In der Row Zero, dem Sicherheitsbereich unmittelbar vor der Bühne, sollten keine Gäste-Gruppen mehr sein. Das Konzept für die Aftershowpartys sei ebenfalls geändert, hieß es im Umfeld der Band. Es solle nicht mehr zwei Partys geben - eine große für Fans und Band, eine kleine für Lindemann und Frauen. Künftig, wenn überhaupt, solle es nur noch eine Feier nach den Konzerten geben. Für München gab es noch unterschiedliche Angaben. Für die Konzerte hat die Band zudem ein sogenanntes Awareness-Konzept in Auftrag gegeben, also ein Konzept für Achtsamkeit gegen übergriffiges Verhalten.

    Band leitet eigene Untersuchungen ein

    Bereits seit dem Tourauftakt in der litauischen Hauptstadt Vilnius gibt es im Umfeld eigene Untersuchungen der Band. Dazu sollen schon Zeugenaussagen vorliegen. Eine Anwaltskanzlei befragt Mitarbeiter der Crew, das Sicherheitsteam, die Band. Auch möglicherweise betroffene Frauen sollen befragt werden. Bisher unklar ist den Angaben zufolge, ob noch in dieser Woche erste Ergebnisse veröffentlicht werden sollen.

    Keine Aftershow-Partys in Berlin

    Das Land Berlin hatte angekündigt, bei den Konzerten in der Hauptstadt Aftershowpartys zu verbieten. Innensenatorin Spranger erklärte, in den Liegenschaften, die sie verantworte, werde es keine Aftershowpartys der Band Rammstein geben. Es gelte, die Ermittlungen abzuwarten, "aber die Vorwürfe wiegen so schwer, dass Schutz und Sicherheit der Frauen hier absoluten Vorrang haben". In der Hauptstadt will Rammstein am 15., 16. und 18. Juli im Olympiastadion Konzerte geben.