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Frankreich
Randalierer attackieren Haus eines Kommunalpolitikers

In Frankreich hat es während der fortgesetzten Unruhen weitere 700 Festnahmen gegeben. Gestern waren es mehr als 1.300. Der Bürgermeister von L'Haÿ-les-Roses, Jeanbrun, teilte mit, Randalierer hätten sein Haus mit einem Auto gerammt und anschließend Feuer gelegt. Seine Frau und eines seiner beiden Kinder hätten Verletzungen erlitten.

    Ein Polizeiauto vor dem Haus des Bürgermeisters von L'Haÿ-les-Roses. Der Zaun ist angekokelt.
    Das Haus des Bürgermeisters von L'Haÿ-les-Roses wurde angegriffen. (AFP / NASSIM GOMRI)
    Der Bürgermeister selbst befand sich zum Tatzeitpunkt im Rathaus. Laut France Info floh die Familie durch den Garten, während die Angreifer sie mit Feuerwerkskörpern beschossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes.
    Die französische Premierministerin Borne verurteilte den Angriff. In einer Mitteilung heißt es, die Verantwortlichen würden mit größter Entschlossenheit verfolgt und zur Rechenschaft gezogen.

    "Ruhigere Nacht"

    Zu Krawallen, Plünderungen und Sachbeschädigungen kam es unter anderem in Paris, Marseille und Lyon. Innenminister Darmanin schrieb beim Online-Dienst Twitter dennoch von einer ruhigeren Nacht dank des entschlossenen Vorgehens der Polizei. Nach Regierungsangaben waren erneut rund 45.000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Premierministerin Borne lobte die Einsatzkräfte: Angesichts der Gewalt zeigten sie beispielhaften Mut, schrieb sie auf Twitter.
    Vier Tage nach dem Tod eines Jugendlichen im Zuge einer Polizeikontrolle im französischen Nanterre hatten Freunde und Verwandte Abschied genommen. In der Stadt nahe Paris fanden zunächst eine Trauerfeier in einer Moschee und anschließend die Beisetzung statt. Der Tod des 17-Jährigen hatte landesweit Unruhen ausgelöst.

    "Aufgeladene Stimmung"

    Unter dem Eindruck der Geschehnisse sagte Präsident Macron einen ab heute geplanten Staatsbesuch in Deutschland ab. Der Präsident müsse wegen der innenpolitischen Situation in den nächsten Tagen in Frankreich bleiben, teilten der Elysee-Palast und das Bundespräsidialamt mit. Macron wollte bis Dienstag unter anderem Berlin und Dresden besuchen. In Ludwigsburg sollte er beim Deutsch-französischen Institut sprechen.
    Der ehemalige stellvertretende Direktor des Instituts, Henrik Uterwedde, beobachtet eine schwierige Situation für die französische Regierung. Zwar gebe es schon seit 40 Jahren Ausbrüche von Gewalt nach Polizeieinsätzen in den Vororten, sagte der Politikwissenschaftler im Deutschlandfunk. Neu aber sei die aufgeladene Stimmung in Frankreich seit der letzten Wahl 2017. Seitdem sei eine Polarisierung und Radikalisierung linkspopulistischer und rechtsextremer Kräfte zu beobachten. Diese Kräfte tragen Uterwedde zufolge dazu bei, die Unruhen zu befeuern.
    Der Frankreich-Experte Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
    Diese Nachricht wurde am 02.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.