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Rappelkisten unterwegs

Technologie.- Werden Waren von A nach B verschickt, kommen sie meist in einen Container. Wird dieser am Zielort geöffnet, überprüft der Empfänger den Zustand der Güter. Doch was zwischen "Klappe zu" und "Klappe auf" passiert ist, darüber erfährt der Empfänger nichts. Das wollen Wissenschaftler nun ändern – mithilfe des Internets.

Von Jan Rähm |
    Martin Fiedler vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML zeigt auf einen großen Tisch vor ihm. Darauf stehen kleine Kistchen. Links sind ein paar Apfelsinen, weiter rechts ist eine Obsttheke angedeutet. Mittendrin liegen viele elektronische Bauteile. Es sieht ein wenig nach Kaufmannsladen aus. Martin Fiedler arbeitet im Projekt DyCoNet und will genau wissen, wie die Apfelsinen von der linken Seite des Tisches nach rechts in die Obsttheke kommen. Dabei will er vor allem wissen, was den Apfelsinen auf dem Weg passiert ist. Dafür haben er und seine Kollegen sogenannte Ladungsträger mit Sensoren ausgestattet. Ladungsträger, das sind zum Beispiel Frachtpaletten oder Luftfrachtcontainer. Und die Sensoren zeichnen alles auf, was mit den Ladungsträgern passiert. Martin Fiedler zeigt auf einen der kleinen Container.

    "Das Produkt ist dort drinnen. Diese Sensorknoten übertragen jetzt über ein Gateway genau - hier neben haben wir noch das Lkw-Modell stehen, das heißt, der Fahrer hat diese ganzen intelligenten Paletten jetzt hinten geladen. Und er sieht jetzt mithilfe seines Smartphones tatsächlich was jetzt hier auch abläuft."

    Der Container kommt auf einen Spielzeug-Lkw und los geht die Reise. Martin Fiedler schlüpft in die Rolle des Lkw-Fahrers.

    "Ich habe jetzt hier ein Smartphone in der Hand. Das heißt, ich bin jetzt der Lkw-Fahrer und fahre jetzt meine Zieldestination an. Und habe hier auf dem Smartphone genau eine Liste der gesamten Paletten stehen. Ich sehe jetzt, hier ist alles im grünen Bereich. Es ist nichts ungewöhnliches passiert. Und wenn ich jetzt zum Beispiel mal eine Palette nehme, die vielleicht hinten im Laderaum verrutscht – ich nehme hier eine Palette, schüttle die mal kurz..."

    Er nimmt den Container mit den Apfelsinen in die Hand und rüttelt ihn ganz kräftig.

    "So, müssen wir ein bisschen warten. Ist eine kleine Verzögerung. Jetzt ist es da. Wir erkennen jetzt, dass ein rotes X erscheint. Hier ist die Palette, das heißt, hier haben wir dann plötzlich ein Rough Handling, was detektiert wird. Er sieht, die Ladung ist verrutscht und kann jetzt anhalten und kann prüfen, woran es jetzt da wirklich liegt, ob sich Sicherung gelöst hat oder sonst wie und dann entsprechend korrigieren."

    Jeden Vorfall merkt sich das System. Ist die Palette verrutscht? War die Temperatur immer im Normbereich? Gab es starke Beschleunigungen oder Verzögerungen, gab es gar einen Unfall? Jede Einzelheit kann der Benutzer auf seinem smarten Mobiltelefon sehen. Nicht nur der Lkw-Fahrer, sonder auch der Empfänger. Martin Fiedlers Lkw ist nämlich gerade am Supermarkt angekommen.

    "Der Empfänger hat jetzt in unserem Fall auch ein Smartphone in unserem Szenario. Das ist dann der Verantwortliche, der diese Lieferung entgegennimmt. Das heißt, in einem ersten Schritt tauschen jetzt die beiden den digitalen Lieferschein per NFC aus. Das heißt, das kann man sich so richtig vorstellen. Der Fahrer hat ein Smartphone in der Hand, der Wareneingangskontrolleur hat ein Smartphone in der Hand und beide halten die Smartphones aneinander dran."

    NFC steht für Near Field Communication und ist eine Kurzstreckenfunktechnik. Darüber tauschen die beiden Handys nun die Daten aus und der Empfänger kann sehen, was während des Transports mit der Ware passiert ist. Ist alles Okay, schickt er die Ware ins Lager. Wenn nicht, wie hier in der Demonstration, kann er die Ware zielgerichtet überprüfen und dann entscheiden, ob er sie annimmt oder nicht. Unser Supermarkt hat die verrutschte Palette angenommen und die Apfelsinen werden nun in die Obsttheke des Ladens feilgeboten. Auch dort taucht ihre Historie wieder auf.

    "Jetzt sind wir also im Laden angekommen. Das heißt, diese ganzen Lebensmittelboxen werden im Lebensmittelgeschäft dann hingestellt. Dort hat man dann üblicherweise Preisschilder. Und hier haben wir eine Besonderheit: Ein elektronisches Preisschild. Das heißt ein kleines Display, auf dem wir jetzt hier sehen: Orange, Herkunft Spanien, zu einem Preis von 99 Cent je Stück. Daneben sogar ein kleiner Barcode. Diese Displays werden per Funk angesteuert. Ein System im Laden kann jetzt dynamisch diesen Preis zum Beispiel ändern."

    Noch befindet sich das gesamte System in der Entwicklung. Martin Fiedler und seine Kollegen müssen noch Wege finden, wie sie beispielsweise die funkenden Sensoren auch in einem Flugzeug weiterarbeiten können. Zu klären ist auch noch die Frage, ob es besser ist, jede Palette einzeln mit den Sensoren zu bestücken oder ob es reicht, wenn jeder Container mit den Datenschreibern ausgestattet wird. Martin Fiedler ist sich aber sicher: Diese Systeme werden bald marktreif sein.