Vor dem Hintergrund der weltweiten Anti-Rassismus-Demos ist in Deutschland die Debatte um den Begriff "Rasse" im Grundgesetz wieder aufgeflammt. Ein Vorstoß der Grünen, das Wort aus der Verfassungzu streichen, hat viel Zustimmung hervorgerufen - aber auch Kritik.
Der Rechtsphilosoph Uwe Volkmann findet die Debatte richtig, bezweifelte aber im Deutschlandfunk, dass man auf die umstrittene Kategorie "Rasse" im Grundgesetz verzichten kann:
"Wir können den Begriff hier streichen, damit verschwindet aber nicht das Problem, das der Begriff lösen soll. Die zentrale Aussage ist, dass diese Kategorie in unserer Gesellschaft keinen Platz hat."
"Rasse" kommt in vielen Rechtstexten vor
Volkmann ist deshalb überzeugt, dass die Verwendung des Wortes "Rasse" im Grundgesetz juristisch Sinn ergibt. Dass der Begriff nicht so leicht zu streichen oder zu ersetzen wäre, zeige sich zudem daran, dass er auch in vielen anderen Rechtstexten verwendet wird - national und international.
Der Rechtsphilosoph nennt als Beispiel das Asylrecht, in dem von einer "Verfolgung aus rassistischen Gründen" die Rede ist. Selbst die Antirassissmus-Konvention verwende den Begriff, auch wenn sie ihn gleichzeitig stigmatisiere. "Das ist ein Zeichen dafür, dass wir ohne diese Kategorie im Recht nicht auskommen - gerade wenn wir sie für unerwünscht halten."
Andere Begriffe, die statt "Rasse" verwendet werden könnten, weisen laut Volkmann spezifische Probleme auf. So seien "Heimat" und "Herkunft" bereits im Artikel 3 genannt. Wenn "Rasse" durch "Ethnie" oder "ethnische Herkunft" ersetzt würde, so könne man damit den Antisemitismus juristisch nicht fassen, der als eine Form rassistischer Diskriminierung gelte.
Die Debatte über den Begriff "Rasse" im Grundgesetz zu führen, hält Uwe Volkmann allerdings grundsätzlich für gut und richtig. Verfassungsdebatten wie diese spielen seiner Ansicht nach eine wichtige Rolle für die Selbstverständigung innerhalb einer Gesellschaft. In die Verfassung projizierten ihre Mitglieder die Vorstellung einer guten und gerechten Ordnung ihres Gemeinwesens hinein:
"Die Gesellschaft entwirft darin ein besseres Bild von sich selbst."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.