+++ Newsblog zur Parlamentswahl in Frankreich +++
Negative wirtschaftliche Folgen durch mögliche links geprägte Regierung befürchtet

Volkswirte rechnen in Frankreich nun mit weniger Verlässlichkeit. Präsident Macron hat das Rücktrittsgesuch von Premierminister Attal abgelehnt. Das Linksbündnis will zeitnah einen Vorschlag für das Amt des Premierministers machen.

08.07.2024
    Der Palais Bourbon, der Sitz der französischen Nationalversammlung, mit Touristen davor.
    Nach der Parlamentswahl in Frankreich ist die politische Zukunft des Landes ungewiss. (picture alliance / dts-Agentur / -)

    +++ Nach dem überraschenden Wahlsieg des Linksbündnisses bei der Parlamentswahl in Frankreich sehen von der Nachrichtenagenture Reuters befragte Ökonomen die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU vor unruhigen Zeiten.

    Sie befürchten demnach einen wirtschaftlichen Schlingerkurs und eine Abkehr des Landes von einer längerfristig tragfähigen Finanzpolitik. Zudem steht aus ihrer Sicht in den Sternen, wann es überhaupt zur Bildung einer handlungsfähigen Regierung kommt, die in der Nationalversammlung auf die nötige Unterstützung bauen kann.

    +++ Die Historikerin Hélène Miard-Delacroix rechnet mit einem langwierigen Prozess der Regierungsbildung in Frankreich

    Trotz des Erfolgs bei der Parlamentswahl seien die Unterschiede im Linksbündnis groß, sagte Miard-Delacroix im Deutschlandfunk. Zudem seien es die Franzosen nicht gewohnt, Koalitionen zu bilden. Jetzt müssten sie jedoch lernen, Kompromisse zu bilden.

    +++ Frankreichs Wirtschaftsminister Le Maire hat angesichts des unerwarteten Wahlsiegs des Linksbündnisses vor einer "Finanzkrise" und einem "wirtschaftlichen Niedergang" Frankreichs gewarnt

    "Die Umsetzung des Programms der Neuen Volksfront würde die Ergebnisses unserer Politik der vergangenen sieben Jahre zerstören", erklärte Le Maire im Onlinedienst X. Deren Programm sei "exzessiv und ineffizient".

    +++ Präsident Macron hat das Rücktrittsgesuch von Premierminister Attal abgelehnt

    Er bat ihn, vorerst weiter im Amt zu bleiben, um die politische Stabilität des Landes sicherzustellen, wie der Elysée-Palast mitteilte. - Attal hatte seinen Rücktritt angeboten, aber auch seine Bereitschaft erklärt, übergangsweise Premierminister zu bleiben.

    +++ Nach dem Dämpfer für die Rechtspopulisten hat die Bundesregierung erleichtert auf den Ausgang der dortigen Parlamentswahl reagiert

    Es überwiege "eine gewisse Erleichterung, dass Dinge, die befürchtet worden sind, nicht eingetreten sind", sagte Regierungssprecher Hebestreit in Berlin. Es müsse nun abgewartet werden, "wie sich da in dieser doch sehr ungewöhnlichen, auch historischen Konstellation jetzt eine Regierung herausmendelt". Hebestreit betonte zudem den besonderen Stellenwert des deutsch-französischen Verhältnisses für ein friedliches und freies Europa.

    +++ Das Linksbündnis will noch in dieser Woche einen Vorschlag für das Amt des Premierministers machen

    Das teilten die Spitzen mehrerer Parteien mit, die sich vor den Wahlen zu dem Bündnis zusammengeschlossen hatten, darunter die Sozialisten, die Grünen und die linkspopulistische LFI. Die Parteien konnten sich bislang jedoch nicht auf einen Kandidaten einigen.

    +++ Nach seinem Einzug in die Nationalversammlung hat der frühere Präsident Hollande erklärt, er sei "kein Kandidat" für den Posten des Premierministers

    Bei der Parlamentswahl waren auch zwei Dutzend Regierungsmitglieder angetreten. Die meisten von ihnen wurden gewählt, teils auch, weil sich Kandidaten des links-grünen Wahlbündnisses aus taktischen Gründen zurückgezogen hatten, um den Sieg rechtspopulistischer Kandidaten zu verhindern.

    +++ Habeck: Durchmarsch der Rechten hat nicht stattgefunden

    Bundeswirtschaftsminister Habeck hat sich nach der Parlamentswahl in Frankreich erleichtert gezeigt. Ein rechter Durchmarsch habe nicht stattgefunden, sagte der Grünen-Politiker zu Journalisten in Stuttgart. Auch wenn nun eine schwierige Regierungsbildung anstehe, sei das Wahlergebnis ermutigend. Gleichwohl gebe es weiterhin große Herausforderungen für Europa wie auch für das deutsch-französische Verhältnis, betonte der Vizekanzler.

    +++ Die saarländische Ministerpräsidentin Rehlinger sieht in der Wahl einen Rückschlag für Rechtspopulisten in Europa

    Rehlinger sagte im Deutschlandfunk, der Durchmarsch des Rassemblement National sei gestoppt worden. Der Erfolg rechter Kräfte sei kein Automatismus. Die Frage sei jedoch, was daraus entstehe, gab die SPD-Politikern zu bedenken. Sie erwartet eine schwierige Regierungsbildung. Es sei nun notwendig, eine tragfähige Mehrheit zu finden, auch wenn dieser Weg keine übliche Praxis in Frankreich sei, sagte Rehlinger.

    +++ Fußballer aus Frankreichs Nationalelf begrüßen Wahlergebnis

    Spieler der französischen Fußball-Nationalmannschaft haben mit Erleichterung auf den Ausgang der Wahl reagiert. "Ich gratuliere allen, die angesichts der Gefahr, die über unserem schönen Land schwebte, teilgenommen haben", schrieb Stürmer Marcus Thuram auf Instagram. "Es lebe die Vielfalt, es lebe die Republik, es lebe Frankreich. Der Kampf geht weiter." Auf der Plattform X dankte Abwehrspieler Jules Koundé den Wählern, die sich dafür eingesetzt hätten, dass es nicht zu einer Regierung der extremen Rechten komme.

    +++ Michael Roth: "Die Mitte ist so schwach wie nie"

    Nach dem Erfolg des Linksbündnisses bei der französischen Parlamentswahl sieht der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Roth, keinen Grund zur Entwarnung. Zwar sei der "Durchmarsch der Rechts-Nationalisten und Rechtsextremisten" gestoppt worden, sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel". Doch "die nationalistischen Populisten von rechts und links" seien so stark wie nie. Macrons politisches Projekt habe vorgesehen, nicht mehr das linke oder das rechte Lager über die Zukunft des Landes und Europas entscheiden zu lassen, sondern die Mitte. "Faktisch aber hat Macron die politische Mitte geschreddert." Roth forderte die gemäßigten Parteien zu einer Zusammenarbeit auf.
    Der Außenpolitiker warnte zugleich vor einer wichtigen politischen Rolle des Linkspopulisten Mélenchon. Dieser sei "ein Anti-Deutscher durch und durch". Es gebe "keinen Grund, Mélenchon zu vertrauen", erklärte Roth. Der frühere Chef von La France insoumise sei ein "Hasardeur", der sich "in seinen anti-deutschen und anti-europäischen Tiraden" nicht substanziell von der Rechtspopulistin Le Pen unterscheide.

    +++ Jürgen Hardt: Womöglich keine "harte Opposition" gegen Macron

    Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hardt, hält es für denkbar, dass Macron eine "harte Opposition" gegen sich noch abwenden kann. "Vielleicht gelingt es dem politischen Lager des Präsidenten doch noch, zum Beispiel im Bündnis mit Les Républicains, eine starke relative Mehrheit zu sichern, weiterhin den Premier zu stellen und einzelne Kräfte aus dem Linksbündnis einzubeziehen", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
    Die hohe Wahlbeteiligung und der Ausgang der Wahl zeigten, dass die Franzosen mehrheitlich gegen Le Pen stünden, auch wenn diese vorgebe, "von Extrempositionen abzurücken". Eine konstruktive demokratische Mehrheit, die sich auf ein gemeinsames Programm einigen könne, gebe es allerdings auch nicht, beklagte Hardt.

    +++ Michael Link: Gefahr der Extreme nicht gebannt

    Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Link sieht nach dem Erfolg des Linksbündnisses in Frankreich die Gefahr der Extreme von rechts und links keineswegs gebannt. "Die ersten aggressiven Reaktionen Le Pens und Mélenchons sprechen Bände", sagte Link, der auch Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung ist. Die Europawahl und das Ergebnis der ersten Runde in Frankreich seien insgesamt ein großer Warnschuss, dass es in dem Land brodele. Zugleich bekundete Link seinen Respekt für die Franzosen, die in großer Zahl "ihre Demokratie und ihren Rechtsstaat an der Wahlurne verteidigt" hätten.

    +++ Vorläufiges Ergebnis: Linke vor Präsidentenlager und RN

    Laut französischen Medienberichten erhält das links-grüne Bündnis Neue Volksfront 182 Sitze. Das Lager von Präsident Macron, Ensemble, kommt auf 168, der rechtsnationale Rassemblement National auf 143 Sitze. Die Berichte beziehen sich auf das Innenministerium; bei den Angaben gibt es jedoch geringfügige Abweichungen.
    Die französische Nationalversammlung hat 577 Sitze, das bedeutet, dass 289 Sitze für eine absolute Mehrheit notwendig sind.

    +++ Ausschreitungen in mehreren Städten

    Bei Kundgebungen nach der Parlamentswahl in Frankreich ist es in Paris und anderen Städten zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. In Paris versammelten sich Tausende Menschen auf der Place de la République im Zentrum der Hauptstadt, um den Sieg des Linksbündnisses zu feiern. Dabei geriet ein Teil der Demonstranten nach Medienberichten mit den Ordnungskräften aneinander, die daraufhin Tränengas einsetzten. Barrikaden aus Holz wurden in Brand gesetzt.
    Auch aus Lille in Nordfrankreich wurden Zusammenstöße zwischen Antifaschisten und der Polizei gemeldet, ebenso wie im westfranzösischen Rennes. In Nantes wurde ein Polizist nach einem Bericht der örtlichen Zeitung durch den Wurf eines Molotowcocktails verletzt.

    +++ Laschet: Mobilisierung gegen radikale Rechte eine Lehre für Deutschland

    Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet sieht nach der Parlamentswahl in Frankreich Chancen für eine weiter pro-europäische Mehrheit in unserem Nachbarland. Weder die Rechtsextremen um Marine Le Pen noch "die antisemitischen und antideutschen Linksradikalen" um Jean-Luc Mélenchon hätten gewonnen, sagte Laschet der Deutschen Presse-Agentur. Der frühere CDU-Chef fügte hinzu, Präsident Emmanuel Macron habe Recht gehabt: Wenn ein Drittel rechtsradikal wähle, müsse man die anderen zwei Drittel mobilisieren. Dies sei eine Lehre auch für Deutschland bei den ostdeutschen Landtagswahlen, meinte Laschet.

    +++ Nils Schmid: "Das Schlimmste ist verhindert"

    Als einer der ersten deutschen Politiker äußerte sich der SPD-Außenexperte Nils Schmid. Er meinte, in Frankreich sei das Schlimmste verhindert worden. Die Lage bleibe aber kompliziert. Präsident Macron sei geschwächt, sagte Schmid der Funke-Mediengruppe.

    +++ Auschwitz Komitee: "Brandmauer der Demokratie steht weiter"

    Das Internationale Auschwitz Komitee hat die Prognose in Frankreich als ungeheure Erleichterung und ein ermutigendes Signal für Europa bezeichnet. Die Brandmauer der Demokratie gegenüber der extremen Rechten stehe, erklärte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner in Berlin. Die Werte der französischen Republik und ihre Erinnerungen und Erfahrungen aus den dunkelsten Zeiten von Hass, Ausgrenzung und Krieg seien in den Herzen und Köpfen der Menschen weiter gegenwärtig. 

    +++ Donald Tusk: "Moskau enttäuscht, Ukraine erleichtert"

    Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat sich erfreut über den Wahlausgang in Frankreich gezeigt. Auf der Plattform X schrieb Tusk, in Paris gebe es Begeisterung, in Moskau Enttäuschung und in Kiew Erleichterung. Mit all dem sei man in Warschau glücklich.

    +++ Meinungsforscher: Franzosen haben weiter Angst vor dem RN

    Brice Teinturier vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos hat die Prognosen und Teilergebnisse im französischen Fernsehen kommentiert. Es zeige sich, dass viele Franzosen weiter Angst vor dem Rassemblement National hätten. Die Sorge vor einer absoluten Mehrheit des RN habe die Menschen offenbar an die Urnen getrieben, meinte Teinturier unter Hinweis auf die Beteiligung, die so hoch wie seit gut 40 Jahren nicht gelegen haben könnte.

    +++ Marine Le Pen: RN-Sieg nur vertagt

    Die Rechtspopulistin Marine Le Pen sieht den Sieg ihres Rassemblement National nur vertagt. Heute seien die Samen für den Erfolg von morgen gesät worden. Dies wurde als Anspielung auf eine erneute eigene Präsidentschaftskandidatur verstanden. Le Pen meinte, die Situation von Staatschef Macron sei jetzt schon unhaltbar.

    +++ Attal kündigt Rücktrittsangebot an

    Der bisherige Premierminister Attal erklärte, er werde Präsident Macron morgen seinen Rücktritt anbieten. Solange wie nötig werde er im Amt bleiben. Sein Lager, das des Präsidenten, habe keine Mehrheit mehr. Das gelte aber auch für die beiden anderen Lager, die sich alle drei unversöhnlich gegenüber stünden. So könne es in Frankreich nicht weitergehen, meinte Attal. Der scheidende Premierminister sagte voraus, das Machtzentrum des Landes werde sich ab sofort in die Nationalversammlung verlagern und dort müssten Wege der Zusammenarbeit jenseits der Extreme gefunden werden. Wörtlich betonte er, eine neue Ära werde beginnen. Im französischen Fernsehen wurde dies als ein weiteres Abrücken von Macron gedeutet.

    +++ Deutschlandfunk-Korrespondentin sagt schwierige Regierungsbildung voraus

    Deutschlandfunk-Korrespondentin Christiane Kaess sagte, das sich abzeichnende Ergebnis deute auf eine sehr komplizierte Regierungsbildung hin. Kein Lager habe eine Mehrheit. Die Linke müsse dafür auf das Präsidentenlager zugehen. Das aber werde die internen Differenzen zutage treten lassen, die man im Wahlkampf überspielt habe. Christiane Kaess meinte, für Frankreich breche nun eine neue Ära an, die - Stand heute Abend - sehr offen sei.

    +++ Édouard Philippe: "Macron hat Klarheit gewollt und das Gegenteil bekommen"

    Der frühere Premierminister Édouard Philippe hat sich weiter von Präsident Macron abgesetzt. Macron habe mit der Neuwahl des Parlaments Klarheit erreichen wollen. Das Gegenteil sei eingetreten. Eine große Mehrheit der Menschen in Frankreich sei nicht bereit, eine rechtsnationale Regierung zu akzeptieren. Es gebe aber auch keine Mehrheit für das Linksbündnis oder für das Präsidentenlager. Philippe sprach sich für eine Übergangsregierung aus, der aus seiner Sicht aber weder der RN noch die Linkspopulisten von La France insoumise angehören können. Mittelfristig brauche Frankreich aber andere Perspektiven, für die er bereitstehe, meinte er. Im französischen Rundfunk wurde dies als Ankündigung einer Präsidentschaftskandidatur gesehen. Philippe führt derzeit eine kleine Partei namens Horizons, die mit Macrons Bewegung zusammenarbeitet.

    +++ Deutschlandfunk-aktuell um 21.05 Uhr

    Nach den Nachrichten um 21 Uhr hören Sie im Deutschlandfunk ein Analyse-Gespräch mit unserer Frankreich-Korrespondentin.

    +++ Macron will beobachten und abwarten

    Präsident Macron wird vorerst keine Bewertung des Wahlabends vornehmen. Ein Sprecher teilte mit, Macron werde sich sicher heute nicht äußern. Vielmehr wolle der Staatschef abwarten, bis die Mehrheitsverhältnisse im Parlament klar seien, bevor er die notwendigen Entscheidungen treffe.

    +++ Innenminister Darmanin: Niemand hat gewonnen

    Der bisherige Innenminister Gérald Darmanin hat zu einer ruhigen Prüfung des Wahlergebnisses gewonnen. Niemand habe wirklich gewonnen, meinte Darmanin, erst recht nicht der Linkspopulist Mélenchon.

    +++ Bardella sieht RN um den Sieg gebracht

    Der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Rassemblement National, Jordan Bardella, sieht seine Bewegung um den Sieg gebracht. Nach dem Erfolg bei den Europawahlen und in der ersten Runde vor einer Woche habe sich ein widernatürliches Bündnis gegen den RN gebildet. Ergebnis werde nun eine linksradikale Politik sein, die Frankreich schade. Seine Partei werde aber früher oder später das Land regieren, meinte Bardella.

    +++ Ex-Präsident Hollande mit Comeback als Abgeordneter

    Der frühere Präsident François Hollande ist wieder auf die politische Bühne zurückgekehrt. Der Vorgänger Macrons wurde in der Corrèze als Abgeordneter für seine Sozialisten gewählt.

    +++ Auch der Sozialistenchef Olivier Faure und die Grünen-Vorsitzende Marine Tondelier erheben den Anspruch auf eine linke Regierung

    Faure betonte vor Anhängern, der RN habe sich nicht durchgesetzt, aber auch die Politik Macrons sei vorbei. Insbesondere die Rentenreform des Präsidenten müsse zurückgenommen werden.

    +++ Verteilung der Stimmen im linken Lager

    Im linken Lager, für das eine relative Mehrheit prognostiziert wird, dürfte die extrem linke La France insoumise stärkster Partner werden mit zwischen 68 und 74 Mandaten. Kaum weniger, zwischen 63 und 69 Sitze, werden für die Sozialisten vorhergesagt. Auf 32 bis 36 Mandate kommen die Grünen in der Prognose.

    +++ Mélenchon: Präsident muss Linke mit der Regierungsbildung beauftragen.

    Jean-Luc Mélenchon, der Gründer von La France insoumise, hat für das Linksbündnis den Anspruch auf die Regierungsbildung erhoben. Zugleich warnte er seine Partner in der linken Allianz vor Kompromissen mit Macron.

    +++ Prognose in Frankreich: Linksbündnis stärkste Kraft, Rechtspopulisten nur auf Rang drei

    Nach der zweiten Runde der französischen Parlamentswahl zeichnet sich eine relative Mehrheit für die Linksallianz Nouveau front populaire ab. Das Institut IPSOS sieht sie bei 172–192 Mandaten in der Nationalversammlung. Auf Platz zwei käme danach das Lager von Präsident Macron mit 150–170 Sitzen. Für den rechtsnationalen Rassemblement National, der in der ersten Runde am stärksten abgeschnitten hatte, werden 130–152 Mandate vorhergesagt. Die konservativen Republikaner, die sich nicht mit dem umstrittenen Parteivorsitzenden Eric Ciotti dem RN angeschlossen hatten, ziehen laut Prognose mit 60 bis 65 Abgeordneten in die Nationalversammlung ein. Ciotti war im Alleingang einen Wahlpakt mit dem RN eingegangen.

    +++ Macron berät sich im engsten Kreis, will sich heute Abend aber wohl nicht äußern.

    Präsident Macron hat sich im Elysée-Palast mit seinen engsten Vertrauten zu Beratungen zurückgezogen. Ein Sprecher teilte mit, eine öffentliche Äußerung des Staatschefs am heutigen Abend sei "derzeit nicht geplant".

    +++ Medien in Belgien und in der Schweiz mit von einander abweichenden Prognosen.

    Die französischsprachigen Medien in den Nachbarländern Schweiz und Belgien sind mit ihren Prognosen auf der Basis von Nachwahlbefragungen nicht an die Sperrfrist 20 Uhr gebunden. Die verschiedenen Prognosen weichen allerdings deutlich voneinander ab. In dieser unklaren Lage verzichten wir auf eine Veröffentlichung.

    +++ Bei der Parlamentswahl haben die meisten Wahllokale um 18 Uhr geschlossen.

    In den Großstädten bleiben sie noch bis 20 Uhr geöffnet. In Paris werden offenbar Ausschreitungen befürchtet. Auf der berühmten Pariser Einkaufsmeile Champs-Elysées wurden nach Angaben des Senders France Info bereits mehrere Geschäfte vorsorglich verbarrikadiert.

    +++ Aus den Überseegebieten, die bereits gestern gewählt haben, liegen bereits Ergebnisse vor.

    In Guadeloupe, Martinique und Guyana ging das links-grüne Wahlbündnis als Sieger aus der Wahl hervor - was jedoch nicht als nationale Tendenz gewertet werden kann. In Neukaledonien wurde erstmals seit 1986 ein Befürworter der Unabhängigkeit gewählt.

    +++ Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Hofreiter, plädiert unabhängig vom Wahlausgang für eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich.

    Deutschland dürfe nicht den Fehler machen, Frankreich links liegen zu lassen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Das gelte auch bei einem starken Abschneiden des Rassemblement National. Zwar solle man nicht mit Rechtsradikalen zusammenarbeiten. Aber das heiße, auf kommunaler Ebene und mit dem Präsidenten noch mehr zu machen sowie mit den demokratischen Kräften, die es weiter im französischen Parlament geben werde.

    +++ Nicht nur in Frankreich steigt der Zuspruch für populistische Parteien.

    Doch wie kann man Menschen zurückgewinnen, die sich von der Politik nicht gehört oder verstanden fühlen? Das ”Ringen um die Hoheit an den Stammtischen” ist Thema im "Wortwechsel" von Deutschlandradio Kultur.

    +++ Marine Le Pen vom Rassemblement National ist verärgert über Frankreichs Fußball-Star Kylian Mbappé.

    Die Franzosen hätten es satt, belehrt und beraten zu werden, wie sie wählen sollen, sagte die frühere RN-Vorsitzende dem Fernsehsender CNN. Mbappé hatte öffentlich dazu aufgerufen, einen Wahlsieg der rechtsnationalen Partei zu verhindern. Man dürfe nicht erlauben, dass Frankreich in die Hände dieser Leute falle, sagte der 25-Jährige.

    +++ Nach ersten Zahlen aus Frankreich zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab.

    Bis zum Mittag gaben laut offiziellen Angaben gut 26,6 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab - dies ist die höchste Beteiligung zu diesem Zeitpunkt seit 1981.

    +++ Am Mittag gab Frankreichs Präsident Macron seine Stimme ab.

    Für Macron steht viel auf dem Spiel. Sollte der Rassemblement National eine absolute Mehrheit erringen, stünde Macron unter dem politischen Zwang, erstmals einen Premierminister aus den Reihen der Partei - etwa RN-Chef Bardella - zu ernennen. Das wäre ein Einschnitt in der Geschichte des Landes und hätte auch für die europäische Politik große Auswirkungen. Damit gäbe es in Frankreich erstmals seit 1997 wieder eine sogenannte Kohabitation. Das bedeutet, dass Präsident und Premierminister unterschiedliche politische Richtungen vertreten. 

    +++ Der CDU-Außenpolitiker Röttgen sieht die Autorität von Präsident Macron als "massiv beschädigt" an.

    Röttgen sagte im Interview der Woche des Deutschlandfunks, Macron sei bei der Bevölkerung extrem unbeliebt und habe für große Enttäuschung gesorgt. Er sei isoliert und treffe einsame Entscheidungen - so wie jene, auf einmal das Parlament aufzulösen. Das habe zu einer Stärkung der politischen Ränder geführt.

    +++ Mit einem Großaufgebot der Polizei sollen mögliche Ausschreitungen am Wahltag verhindert werden.

    Rund 30.000 Beamte sollen am Wahlabend die Sicherheit im Land gewährleisten. Die Stimmung ist angesichts der Polarisierung des Landes aufgeheizt. Innenminister Darmanin will am Abend allein in Paris und Umgebung 5.000 Polizisten einsetzen. Er wolle damit sicherstellen, dass die radikale Rechte und die radikale Linke die Situation nicht ausnutzten, um Chaos zu verursachen, sagte er.

    +++ Die meisten Wahllokale in Frankreich schließen um 18 Uhr.

    In den Großstädten dürfen die Bürgerinnen und Bürger noch bis 20 Uhr ihre Stimme abgeben. Bald danach dürfte es die ersten Hochrechnungen geben. In mindestens 50 Wahlkreisen wird mit einem sehr knappen Ausgang gerechnet. Gewählt wird nach Mehrheitswahlrecht - das heißt, dass der Gewinner in einem Wahlkreis in die Nationalversammlung einzieht. Die Stimmen des Verlierers werden nicht berücksichtigt.

    +++ Mehr als 200 drittplatzierte Kandidatinnen und Kandidaten haben vor der Stichwahl ihre Bewerbung zurückgezogen.

    Ihr Ziel ist es, einen Sieg von Bewerbern des Rassemblement National zu verhindern. Ob diese Strategie aufgeht, ist offen. Ebenfalls ungewiss ist es, wie nach der Wahl eine Regierung gebildet werden kann. Denn Bündnisse etwa zwischen dem Macron-Lager und dem Linksbündnis sind kaum zu erwarten.

    +++ Die entscheidende Runde der Parlamentswahl in Frankreich hat begonnen.

    Nachdem gestern bereits in den Überseegebieten abgestimmt wurde, wird heute im Kernland über die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung entschieden. Im ersten Wahlgang haben nur in 76 Wahlkreisen Kandidaten ein Mandat erringen können. In 501 von 577 Wahlkreisen gibt es deshalb heute eine Stichwahl, die über die Zusammensetzung des Parlaments entscheidet. In Runde eins war die rechtspopulistische Partei Rassemblement National stärkste Kraft geworden. Dahinter folgten das Linksbündnis sowie das Mitte-Lager von Präsident Macron.
    Diese Nachricht wurde am 08.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.