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Rassistische Krawalle in Heidenau
Polizei errichtet Sicherheitszone um Asylbewerberheim

Nach neuerlichen rechtsradikalen und rassistischen Krawallen im sächsischen Heidenau richtet die Polizei einen besondern Sicherheitsbereich rund um die betroffene Asylunterkunft ein. Bundes- und Landespolitiker zeigen sich entsetzt über das Wüten des rechten Mobs. Die Polizei rechnet mit neuer Gewalt.

    Polizisten bei einer Kontrollen auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen Baumarkt in Heidenau.
    Polizisten bei einer Kontrollen auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen Baumarkt in Heidenau. (Picture Alliance / dpa / Oliver Killig)
    Wie schon in der Nacht zuvor ist es am späten Samstagabend vor dem Asylbewerberheim in Heidenau zu Szenen gekommen, die an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen 1992 erinnern: Rechtsradikale und Rassisten haben vor einer Notunterkunft für Flüchtlinge randaliert und Polizisten angegriffen. Zwei Beamte wurden verletzt.
    Am Samstagabend standen rund 150 Unterstützer aus dem linken Spektrum rund 100 Rechtsextremen gegenüber. Am späten Abend warfen plötzlich Rechte Bierflaschen und Böller auf die Polizisten. Es gab laut Polizei eine vorläufige Festnahme. Zudem wurden 65 Platzverweise erteilt und von 23 Verdächtigen Personalien aufgenommen. Ermittelt wird unter anderem wegen schwerem Landfriedensbruch. Am Freitag waren gut 130 Beamte im Einsatz, am Samstag rund 170.
    Sachsen Innenminister Markus Ulbig (CDU) kündigte an, eine Sicherheitszone rund um die Unterkunft zu errichten. In diesem Bereich kann die Polizei anlasslos Personalien kontrollieren sowie Platzverweise und Aufenthaltsverbote aussprechen. Man richte sich darauf ein, dass die Gewalttäter am Sonntagabend oder in den kommenden Tagen zurückkehrten.
    Tillich: "Mich erschüttern die Ereignisse zutiefst"
    Quer durch die Parteien zeigten sich Politiker erschüttert. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich besuchte die Flüchtlingsunterkunft in Heidenau am Sonntagnachmittag unter anderem gemeinsam mit Innenminister Ulbig. Der CDU-Politiker erklärte anschließend, in Gesprächen mit Vertretern von Polizei, der Stadt und dem Heimbetreiber hätten sie sich davon überzeugt, dass alles nur Mögliche getan werde, den Flüchtlingen eine menschenwürdige Aufnahme und Unterbringung zu ermöglichen. Tillich hatte zuvor die Randale als menschenverachtend bezeichnet und gesagt, hier verstoße eine Minderheit "brutal gegen Werte und Gesetze Deutschlands".
    Sachsens Innenminister Markus Ulbig (r.) und Ministerpräsident Stanislaw Tillich am Sonntag in Heidenau
    Sachsens Innenminister Markus Ulbig (r.) und Ministerpräsident Stanislaw Tillich am Sonntag in Heidenau (Picture Alliance / dpa / Oliver Killig)
    Bundesjustizminister Heiko Maas und Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) forderten, Polizei und Justiz in müssten "mit aller Härte" gegen rechtsradikale Gewalttäter vorgehen. Gabriel kündigte an, an diesem Montag die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft zu besuchen. Der Wirtschaftsminister wäre das erste Mitglied der Bundesregierung, das sich vor Ort ein Bild macht.
    Innenminister Thomas de Maizière sagte im ZDF: "Alle Asylbewerber und Flüchtlinge, ganz gleich ob sie später bleiben werden, haben das Recht auf eine anständige Unterbringung und Aufnahme, auf ein faires Verfahren". Wer das verhindern wolle, "der verlässt den Konsens der Demokraten", so der Unionspolitiker weiter.
    Ein Bus mit Flüchtlingen trifft in der Notunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt in Heidenau ein.
    Ein Bus mit Flüchtlingenbei der Ankunft im ehemaligen Baumarkt in Heidenau. (Picture Alliance / dpa / Arno Burgi)
    Opposition kritisiert "Zögerlichkeit Merkels"
    Die Grünen forderten ein Eingreifen der Kanzlerin. "Ich warne vor einem neuen rechten Terrorismus à la NSU. Die Zögerlichkeit von Angela Merkel, hier die richtigen Worte zu finden, kann ich nicht mehr verstehen", sagte die Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt.
    Die Deutsche Polizeigewerkschaft bescheinigte der Politik Konzeptionslosigkeit, während der Zuzug von Flüchtlingen steige. "Im Ergebnis werden Gewalt, Extremismus und auch Rechtsterrorismus folgen."
    Auch in Suhl in Thüringen gingen am Samstag nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in einem Asylbewerberheim erneut rund 40 rechtsgerichtete Demonstranten auf die Straße. Ihnen standen etwa gleich viele Gegendemonstranten gegenüber.
    (tön/fes)