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Düstere Aussichten
Das Ende der astronautischen Raumfahrt Russlands

Vor mehr als sechzig Jahren ist Juri Gagarin als erster Mensch ins All geflogen – die russische Raumfahrt ist zu Recht stolz auf ihre große Tradition. Der Ausblick in die Zukunft ist aber alles andere als rosig. Rein technisch dürfte die ISS 2030 am Ende sein – angesichts der Weltlage womöglich auch früher.

Von Dirk Lorenzen |
20220603: Vom russischen Weltraumbahnhof Wostotschny können Soyuz-Kapseln weder die ISS noch die chinesische Raumstation erreichen
Vom russischen Weltraumbahnhof Wostotschny können Soyuz-Kapseln weder die ISS noch die chinesische Raumstation erreichen (Roskosmos)
Vor mehr als sechzig Jahren ist Juri Gagarin als erster Mensch ins All geflogen – die russische Raumfahrt ist zu Recht stolz auf ihre große Tradition. Doch der Ausblick in die Zukunft ist alles andere als rosig. Neun Jahre lang waren die Soyuz-Kapseln das einzige Transportmittel, um Menschen zur Internationalen Raumstation und zurück zu bringen.
Seit zwei Jahren nutzen die USA die Crew-Dragon-Kapsel von SpaceX. Rein technisch dürfte die ISS spätestens 2030 am Ende sein – angesichts der aktuellen Weltlage womöglich auch einige Jahre früher. Eine zweite ISS wird es nicht geben, weder in der Umlaufbahn der Erde noch in der des Mondes. Zwar hat Russland angekündigt, gemeinsam mit China eine Station am Mondsüdpol aufzubauen – aber welche Rolle es neben den dominierenden Chinesen spielen kann, ist unklar.
Dmitri Rogosin, der Chef der russischen Weltraumagentur, hat kürzlich verkündet, sein Land werde eine „Russische Orbitale Dienststation“ ins All schicken, die auch militärisch nutzbar sei. Die neue Station solle nicht dauerhaft, sondern immer nur für bestimmte Phasen besetzt sein. Das mache, so Rogosin, alles viel billiger. In der Theorie mag dies recht einfach durchzuführen sein. Doch viele Beobachter bezweifeln, dass Russland eine eigene Station im All einrichten kann. Das Land wird zwar weiter über extrem zuverlässige Trägerraketen für Satelliten und Weltraummissionen verfügen. Aber womöglich verliert es ein Ziel für seine Kosmonauten – dann geht die Zeit der Nachfolger von Juri Gagarin zu Ende.