Januar 2006 - Altbundespräsident Johannes Rau stirbt, das Jahr der Informatik beginnt, und in den USA schießt die Raumfahrtbehörde NASA eine Sonde ins All...
Pluto ist noch ein Planet, als New Horizons ihre – so der NASA-Sprecher - "jahrzehntelange Reise" beginnt, die sie zum wenig später zum Zwergplaneten degradierten Pluto "und darüber hinaus" führen soll.
"Die wissenschaftlichen Instrumente an Bord sind in einem fantastischen Zustand. Technische Geräte altern auf der Erde schneller als im Vakuum des Weltraums. Deswegen geht's der Sonde heute noch so gut."
Alice Bowman arbeitet am Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University im US-Bundesstaat Maryland. Sie ist die Operationsmanagerin von New Horizons. Und als solche kam ihr vor wenigen Wochen die Idee, die Sonde doch einfach mal umzudrehen.
"Ich würde nicht sagen, dass das Routine ist, denn im All ist alles möglich. Aber wir haben solche Drehungen schon öfter vorgenommen. Wir wissen, worauf wir achten und wonach wir Ausschau halten müssen."
Der neue Blick zurück
Statt also, wie bisher, den Blick nach vorne, in den Kuiper-Gürtel voller Asteroiden, Klein- und Zwergplaneten zu richten, hat die Sonde sich mit Hilfe ihrer Triebwerke umgedreht und zurückgeschaut – dorthin, wo sie einst herkam, erklärt Hal Weaver, Projektwissenschaftler für die Mission, ebenfalls von der Johns Hopkins University.
"New Horizons hat zurückgeblickt auf Uranus, Neptun und Triton, weil sie sich an einer einzigartigen Position im Sonnensystem befindet. Den Blick von außen zurück können wir auf der Erde nicht simulieren. Hier sehen wir immer die von der Sonne beschienene Seite dieser Himmelskörper. New Horizons konnte aber auf deren Nachtseite blicken. Außerdem fliegt sie 90 bis 100 Grad geneigt gegenüber der Ebene des Sonnensystems, auf der alle Planeten liegen, hat also sozusagen einen schiefen Blick von oben auf diese drei Objekte."
Blick auf Nachtseite lässt andere Untersuchungen zu
Der Blick auf die Nachtseite ermöglicht es den Instrumenten an Bord von New Horizons, die Zusammensetzung der Atmosphären von Uranus, Neptun und Triton zu untersuchen, die beim Blick von der Erde aus ständig von der Sonne überstrahlt werden.
"Die Eisgiganten Uranus und Neptun haben eine sehr dicke Atmosphäre. Sie besteht vor allem aus Wasserstoff. Wir wollen wissen, wie diese Atmosphäre das Sonnenlicht streut."
Denn aus der Streuung des Sonnenlichts in der Atmosphäre lassen sich Rückschlüsse auf die Landschaften darunter ziehen, ob die Oberfläche beispielsweise flach oder gebirgig ist.
"Solche Beobachtungen sind nicht einfach. Denn die Sonde ist von dem Planeten ganz schön weit weg. Sie ist weiter von Uranus entfernt als Uranus von der Erde. Und trotzdem können wir ihn mit den empfindlichen Instrumenten von New Horizons noch aus der Ferne untersuchen."
Sonde hat schon wieder neue Objekte im Blick
Wenige Wochen nach der ersten Drehung haben die Ingenieure die Sonde wieder in eine andere Richtung schauen lassen. Der Kleinplanet Quaoar war im September Ziel von Beobachtungen. Seine Umlaufbahn liegt ungefähr auf der Höhe der derzeitigen Position von New Horizons, aber seitlich versetzt. - Die Ergebnisse all dieser Messungen sind noch nicht auf der Erde eingetroffen. Und die nächste Beobachtungsrunde beginnt bereits im Dezember.
"2011 JX31 ist ein besonderes Objekt, das erst vor acht Jahren entdeckt wurde. Es umrundet die Sonne alle 300 Jahre einmal. Und es dürfte eines der ältesten Himmelskörper im Kuiper-Gürtel sein. Im Juni wird New Horizons in nur 60 Millionen Kilometer Entfernung an diesem Kleinplaneten vorbeifliegen. Wir hoffen auf hochaufgelöste Aufnahmen. Vielleicht entdecken wir sogar, dass dieses Objekt von Monden umkreist wird."
Die "jahrzehntelange Reise" dieser Raumsonde ist also noch lange nicht zu Ende – und dürfte sich noch bis weit in die 2020er-Jahre hinein erstrecken.