Vor mehr als zehn Jahren ist die Raumsonde Rosetta von der Erde gestartet. Im August hat sie ihr Ziel erreicht, den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko. Morgen (Mittwoch) nun steht der Höhepunkt der gesamten Mission auf dem Programm: Die Tochtersonde Philae soll auf dem eisigen Kometen landen. Ein waghalsiges Manöver, das es nie zuvor in der Raumfahrt gegeben hat. Dirk Lorenzen:
Wie soll die Landung morgen ablaufen?
Um 9.35 h wird die Raumsonde Rosetta die Tochtersonde Philae abstoßen. Philae bekommt rein mechanisch einen kleinen Schubser und bewegt sich dann auf den Kometen zu – anfangs mit nicht einmal einem Kilometer pro Sekunde. Die Landeeinheit fällt dann langsam Richtung Komet. Sie hat keinen Antrieb, sie wird einfach von der Schwerkraft des Kometen angezogen. Der Komet ist nur ein Eis- und Staubklumpen mit – diese ist zwar sehr schwach, aber natürlich vorhanden.
Was passiert während dieser 7 Stunden?
Philae muss wenige Minuten nach dem Abtrennen die Beine und eine Messantenne ausklappen. Die Sonde fällt dann immer schneller auf den Eisbrocken zu und macht schon während des Abstiegs Bilder. Der Komet gibt viele Gas und Staub in den Weltraum frei – und Philae bekommt davon immer mehr zu spüren, je dichter sie dem Kometen ist. Derzeit sieht es allerdings nicht so aus, als ob da regelrechte Fontänen sprudeln, die den Lander komplett aus der Bahn bringen könnten. Wenn alles gut geht, sollte Philae nach sieben Stunden auf dem Kometen aufsetzen – etwa mit Fußgängergeschwindigkeit, knapp 4 Kilometern pro Stunde. Sobald die Sensoren an den Füßen den Kometen spüren, werden Harpunen geschossen, die Philae verankern sollen. Zudem drücken kleine Düsen den Lander auf die Oberfläche. Dieses Signal geht auch direkt über die Muttersonde zur Erde, wo es kurz nach 17 Uhr eintreffen sollte. Allerdings lässt sich der Landezeitpunkt nur auf plus minus 20 Minuten vorausberechnen.
Können die Forscher im Kontrollzentrum bei Problemen korrigierend eingreifen?
Nein. Die Forscher können nur gebannt verfolgen, was Philae macht. Die letzte Chance einzugreifen besteht eine Stunde vor dem Aussetzen. Dann ließe sich die ganze Aktion noch stoppen und auf einen anderen Tag verschieben. Danach aber ist Philae den Kräften der Natur ausgesetzt. Ein schnelles Eingreifen wäre ohnehin nicht möglich: Denn der Komet und die beiden Raumsonden sind so weit entfernt, dass die Funksignale fast eine halbe Stunde brauchen – für eine Strecke.
Gibt es schon während des Abstiegs etwas zu sehen?
Ja, die Kameras arbeiten bereits während des Abstiegs. Diese Bilder werden auch zur Erde übertragen - natürlich kommen auch die mit der halben Stunde Verspätung an. Alle Signale zu und von den Raumsonden müssen gut 500 Millionen Kilometer zurücklegen. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit dauert das seine Zeit.
Wie schnell sind die Bilder und Daten dann auch für die Öffentlichkeit zugänglich?
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die ESA zeigen live, was im Landekontrollzentrum vor sich geht. Auch die Messdaten und Bilder sind praktisch live zu verfolgen. Man inszeniert dies alles mit viel Aufwand im Internet, aber auch in den sozialen Medien. Allein DLR und ESA verbreiten Rosetta- und Philae-Nachrichten über ein gutes Dutzend Twitter-Kanäle, Blogs etc. Anders als die besten Bilder der Muttersonde Rosetta, die die Forscher des Göttinger Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung nur sehr zögerlich zeigen, sitzen wir bei Philae fast mit an Bord.
Zum Schluss: Wie groß sind die Chancen, dass die Landung gelingt?
Der Komet gilt als interessant, aber nicht landefreundlich. Es gibt keine großen ganz flachen Stellen. Der Landeort von Philae lässt sich nur auf gut dreihundert Meter vorausberechnen. Sollte Philae einen Brocken treffen, eine Kante oder eine Spalte, könnte der Lander umfallen und die Mission wäre vorbei. Womöglich ist das Kometenmaterial auch so weich, dass Philae einsinkt oder gar nicht richtig verankern kann. Die Chancen liegen irgendwo bei fünfzig – fünfzig, vielleicht etwas besser. Dem ganzen Philaeteam ist klar, dass es morgen auch Glück braucht.