Ähnlich äußerte sich die Religionshistorikerin Claudia Jetter von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Zwar seien viele Menschen nicht mehr bereit, sich regelmäßig in religiösen Gemeinschaften zu engagieren, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst. Es gebe aber eine hohe Bereitschaft, sich eine Zeit lang spirituellen Praktiken zuzuwenden. Da passe ein solches Datum gut hinein.
Deutschlandweit gibt es anlässlich der Raunächte derzeit verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte, Wanderungen oder Lesungen.
Was sind die Raunächte?
Als Raunächte, manchmal auch Rauchnächte oder Rauhnächte, werden die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Tag der Heiligen Drei Könige am 6. Januar bezeichnet. Sie dienen traditionell der Besinnung. Vielfach ist auch von der "Zeit zwischen den Jahren" die Rede. Das bezieht sich darauf, dass der Jahresbeginn je nach Gegend und Zeitalter mal am 25. Dezember, mal am 1. Januar und mal am 6. Januar gefeiert wurde. Manche sehen auch den Tag der Wintersonnenwende am 21. Dezember als Anfangsdatum. In der dieser Zeit sind die Tage kurz, die Nächte lang und oft stürmisch.
Rund um die Raunächte ranken sich Weissagungen und Bräuche, die teilweise viele Jahrhunderte alt sind. Dabei mischen sich christliche und heidnische Rituale. So meinten manche, in dieser windigen und eisigen Zeit übernatürliche Laute zu hören und dachten zum Beispiel an das Lachen der germanischen Gottheit Odin beziehungsweise Wotan, die über das Land reitet. Zudem gibt es viele Mythen wie die, dass sich in diesen Tagen die Tore zur Geisterwelt öffnen. Dahinter stehe die Annahme, wo Alt auf Neu stoße, entstünden Brüche, führte der Theologe Manfred Becker-Huberti in einem Beitrag des Deutschlandfunks aus. An diesen Brüchen könnten Dinge aus anderen Welten ins unsere hineinkommen - zum Beispiel böse Geister.
Keinesfalls Wäsche aufhängen
Ein zentraler Brauch war das Ausräuchern von Haus und Stall, die mit Weihrauch und Weihwasser gegen das Böse gewappnet werden sollten. Laut Becker-Huberti vermied man in den Raunächten beispielsweise das Misten, Spinnen und Nähen und vor allem wurde keine Wäsche aufgehängt, in der Angst, Dämonen könnten sich darin verfangen. Zudem wurde darauf geachtet, welche Träume man hatte, da Träume in den Raunächten als zukunftsweisend galten. Nach wie vor gibt es das Ritual der 13 Wünsche. Sie werden jeweils auf einen Zettel geschrieben. In jeder der zwölf Nächte wird ein Zettel nach dem Zufallsprinzip verbrannt, damit sich übernatürliche Wesen um die Erfüllung der Wünsche kümmern können. Für die Erfüllung des 13. Wunsches ist man dann selbst zuständig.
Die Zeit des Jahreswechsels ist heute nach Einschätzung der Buchautorinnen Christina Denetzky und Meliha Guri die einzige Phase im Jahr, in der die Zeit regelrecht stillzustehen scheint. Sie sagten der Katholischen Nachrichten-Agentur, während die Natur im Winterschlaf liege, verspürten viele ein tiefes Verlangen nach Rückzug und Regeneration. Die "bösen Geister", vor denen sich Menschen heute schützten, seien Stress und Schlafmangel.
Herkunft des Begriffs ist unklar
Unklar ist die Herkunft des Begriffs "Raunacht". Er geht laut Duden vermutlich auf das Wort "rau" in der Bedeutung von "haarig" zurück - in Anspielung auf mit Fell bekleidete Dämonen. Der Begriff könnte sich auch - wie bei der Titelheldin des Grimm'schen Märchen "Allerlei-Rauh" - auf die "Rauchwaren" des Kürschnerhandwerks beziehen. Oder er verweist schlicht auf das Wort "Rauch".
Weiterführende Informationen
Das Interview mit der Brauchtumsforscherin Lisa Maubach zu den Raunächten können Sie hier nachhören.
Diese Nachricht wurde am 02.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.