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Raus aus dem Schuldensumpf

2009 verzeichnete das Opernhaus in Rom elf Millionen Euro Schulden. Die Abonnements gingen zurück, die Sponsoren kehrten dem Haus den Rücken zu und alle halbe Jahre wechselte die musikalische Direktion. Inzwischen schreiben die Kassen keine roten Zahlen mehr und auch ein Sonderstatus hilft aus der Krise.

Von Thomas Migge |
    "Moise et Pharaon" von Gioacchino Rossini, zweiter Akt. Es dirigierte Riccardo Muti. Vor einem vollen Haus.

    Aber auch wenn Maestro Muti nicht im Haus ist und Kollegen dirigieren: Die Veranstaltungen der römischen Staatsoper sind fast immer ausverkauft. Im Fall des einst arg heruntergekommenen Musiktheaters spricht man in Italien von einem "miracolo". Ein Wunder, das drei Männern zu verdanken sei, erklärt Alessio Vlad, musikalischer Direktor des Hauses:
    "Dieses Theater verfügt über eine Gruppe von entscheidenden Personen, die eng miteinander zusammenarbeiten: der Intendant, die künstlerische Leitung und natürlich Maestro Muti, der sicherlich der Hauptauslöser dieser Veränderungen ist. Das ist doch wie bei unserer neuen Regierung: So bald sich die entscheidenden Personen einig sind, funktionieren die Dinge."

    2009 verzeichnete das Opernhaus elf Millionen Euro Schulden. Die Abonnements gingen ständig zurück, die Sponsoren kehrten dem Haus den Rücken zu und alle halbe Jahre wechselte die musikalische Direktion. Nicola Sani, einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten Italiens, versuchte 2008 das Ruder herumzureißen. Doch die von ihm favorisierten Regietheater-Inszenierungen stießen beim römischen Publikum auf Desinteresse und sorgten in der Theaterkasse für noch höhere Schulden. Die Regierung stellte das Theater schließlich unter kommissarische Verwaltung. Generalüberholung war angesagt. Mit dem Komponisten Alessio Vlad als künstlerischem Leiter, mit dem Industriemanager Catello de Martino als Intendant und mit dem Dirigentenstar Riccardo Muti wurde das Opernhaus komplett umgekrempelt. Muti dirigiert pro Saison zwar nur zwei Opern, doch wacht er als graue Eminenz über allem, was mit musikalischer oder stimmlicher Qualität zu tun hat. Egal ob er sich in Chicago oder Salzburg befindet: Mutis Rat wird für alle Belange eingeholt. Mit Muti ist man sich darin einig, dass sich das römische Opernhaus ganz auf die Tradition konzentrieren muss. Alesso Vlad:

    "Tradition heißt oftmals ‚etwas Altes’. Was wir darunter verstehen, ist aber etwas anderes. Tradition heißt für uns die Bewahrung von etwas, was für Italien typisch ist. Die Tradition also in einer ganz bestimmten Weise Oper zu machen."

    Ganz im Sinn von Maestro Muti, einem entschiedenen Gegner des Regietheaters. Tradition im Sinne gut gemachter klassischer Opern und einer klaren Ablehnung allzu moderner Regieinterpretationen. Außerdem stammen von den neun Opern der laufenden Saison nur zwei aus dem 20. Jahrhundert, von Prokofjew und Britten. Auch der Tanz sowie die Sinfonie- und Kammerkonzerte mit Musikern des Opernorchesters bieten ein eher traditionelles Programm. Das römische Publikum ist begeistert und die Kassen des Hauses schreiben keine roten Zahlen mehr.
    Intendant de Martino:

    "Unser Budget liegt bei 56 Millionen Euro. Das Kulturministerium gibt rund 22 Millionen Euro zu dieser Summe. Drei Millionen kommen von der Region Latium und 17 Millionen von der Stadt. Der Rest stammt aus Einnahmen und von privaten Sponsoren."

    14 Millionen Euro erwirtschaftet die Staatsoper also selbst. Obwohl sie erst im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr einen konsolidierten Haushalt vorlegen kann, anstatt der drei gesetzlich vorgeschriebenen, kommt sie in den Genuss eines Sonderstatus für langjährig schuldenfreie Musiktheater. Dem Trio Muti-De Martino und Vlad ist es gelungen, die Regierung davon zu überzeugen, dass die Staatsoper, Zitat, "besondere Repräsentationsverpflichtungen" übernehmen müsse - zum Beispiel wenn italienische Staatsgäste zum Publikum gehören. Dank dieser Klausel wird auf den Nachweis eines weiteren konsolidierten Haushalts verzichtet. Jetzt fließen öffentliche Gelder problemlos, garantiert und großzügig. Für das römische Opernhaus ist damit die immer noch landesweit existierende Finanzkrise der Musiktheater beendet.