Weil das algerische Geiseldrama dazwischen kam, sagte David Cameron seine europapolitische Rede in der vergangenen Woche ab – er hätte sie gern auf dem europäischen Festland gehalten, so wie sein Vorbild Maggie Thatcher, die Ikone der britischen Konservativen. Vor 25 Jahren markierte sie im belgischen Brügge ihre Distanz zur EU, als sie ihre Zuhörer wörtlich wissen ließ:
"Wir haben doch nicht in Großbritannien erfolgreich den Staat zurückgedrängt, nur um ihn auf europäischer Ebene wieder aufleben zu sehen, indem ein europäischer Superstaat versucht, von Brüssel aus neue Dominanz auszuüben"
Inzwischen ist die Konservative Partei noch EU-kritischer geworden und viele Parteifreunde erwarten von ihrem Premierminister heute ein klares Bekenntnis zu weit größerer Distanz, als sie Thatcher seinerzeit bekundete. Die meisten Tories dürfte Cameron nicht enttäuschen. Darauf jedenfalls deuten die Äußerungen von Liam Fox hin, der vorab über Camerons Grundsatzrede informiert wurde. Der tat schon einmal vorab kund, dass er recht zufrieden sei, was der Premier zu sagen gedenke, genauer:
"Wenn es dabei bleibt, dann glaube ich, dass viele von uns denken, dass das die Rede ist, die schon längst von einem Regierungschef hätte gehalten werden sollen."
Liam Fox ist Ex-Verteidigungsminister und Wortführer der konservativen EU-Skeptiker und er macht aus seiner persönlichen Ansicht keinen Hehl. Er ist einer jener, die unverhohlen für den britischen Austritt aus der EU plädieren:
"Wenn ich befinden könnte über die momentane Entwicklung in Richtung einer immer engeren Union und damit letztlich eines immer größeren Verlusts britischer Souveränität, dann würde ich es vorziehen, die EU zu verlassen. Ich will keine immer engere EU und will nicht zuerst Europäer und erst an zweiter Stelle Brite sein."
Eine immer engere politische Union will auch Cameron nicht und – darauf deuten alle Umfagen – auch nicht die Mehrheit des britischen Volkes. Der Premierminister wird heute dem Vernehmen nach heftige Kritik am Zustand der EU üben. Sie drohe zu scheitern wegen der Eurokrise, des Mangels an Wettbewerbsfähigkeit und der Distanz zum Bürger. Wenn sich Europa nicht ändere, riskiere es, dass Großbritannien Richtung Austritt getrieben werde.
Deswegen will Regierungschef Cameron Verhandlungen fordern, in denen Großbritannien bereits an Brüssel abgetretene Kompetenzen und Befugnisse zurückgegeben werden sollten. Seine Argumentation lautet etwas gewunden:
"Damit die Gemeinschaftswährung funktioniert, braucht man Elemente einer Bankenunion und einer Fiskalunion – man braucht also Veränderungen. Und weil nicht jeder EU-Staat dem Euro beitritt und wir sicher nicht, muss sich Europa wandeln. Das können wir nutzen und wir sind berechtigt, selbst Änderungen zu verlangen."
Er jedenfalls halte es für völlig plausibel, britische Interessen geltend zu machen, wenn die EU sich verändern wolle:
"Wir wollen Mitglied der EU bleiben, insbesondere des Binnenmarktes, aber wir hätten gern Änderungen."
Unklar ist, ob Cameron die gewünschten Änderungen heute konkret benennt. Derzeit durchforstet das britische Außenministerium die EU-Verträge, um bis zum Ende des Jahres eine Art Wunschliste über die von Brüssel zurückzufordernden Kompetenzen zu erstellen. Dazu gehören nicht nur zahlreiche Vereinbarungen im Bereich der Innen- und Rechtspolitik wie der Europäische Haftbefehl, sondern auch die Arbeitszeitrichtlinie oder die gemeinsame Fischereipolitik.
Das Ergebnis seiner Verhandlungen mit der EU will der konservative Premier dann etwa im Jahr 2018 in einem Referendum zur Abstimmung stellen. Oder - in den unverblümten Worten von Liam Fox:
"Ich glaube letztlich, ein Rein-oder-raus-Referendum bedeutet, dass man drin bleibt, wenn man für das, was die Regierung verhandelt und vorgelegt hat, mit Ja stimmt; und ein Nein bedeutet, auszusteigen."
Doch noch ist völlig offen, ob die anderen EU-Staaten die Büchse der Pandora überhaupt öffnen werden und neuen Vertragsverhandlungen zustimmen, nur um Großbritannien bei der Stange zu halten. Präsident Hollande hat schon wissen lassen, man werde London keine Rosinenpickerei gestatten. Und Berlin hat bereits vor Erpressung gewarnt.
Auch Nick Clegg, der liberaldemokratische Koalitionspartner und Vizepremier, hält Camerons Ansatz für unklug und unrealistisch. Er fürchtet Nachteile durch die ungewisse EU-Zukunft des Landes. Er warnt:
"Wir sollten sehr vorsichtig sein in einer Zeit, in der sich die britische Wirtschaft immer noch zögerlich erholt von dem größten Schock seit einer Generation, ein lang andauerendes und hohes Maß an Unsicherheit zu schaffen, weil Unsicherheit der Feind von Wachstum und Arbeitsplätzen ist."
Unterdessen bekam Cameron auch Gegenwind aus Washington zu spüren. US-Präsident Barack Obama ließ David Cameron vergangene Woche telefonisch wissen, er rate von einem britischen Austritt aus der EU ab. Die USA legten Wert auf ein starkes Vereinigtes Königreich innerhalb einer starken Europäischen Union.
"Wir haben doch nicht in Großbritannien erfolgreich den Staat zurückgedrängt, nur um ihn auf europäischer Ebene wieder aufleben zu sehen, indem ein europäischer Superstaat versucht, von Brüssel aus neue Dominanz auszuüben"
Inzwischen ist die Konservative Partei noch EU-kritischer geworden und viele Parteifreunde erwarten von ihrem Premierminister heute ein klares Bekenntnis zu weit größerer Distanz, als sie Thatcher seinerzeit bekundete. Die meisten Tories dürfte Cameron nicht enttäuschen. Darauf jedenfalls deuten die Äußerungen von Liam Fox hin, der vorab über Camerons Grundsatzrede informiert wurde. Der tat schon einmal vorab kund, dass er recht zufrieden sei, was der Premier zu sagen gedenke, genauer:
"Wenn es dabei bleibt, dann glaube ich, dass viele von uns denken, dass das die Rede ist, die schon längst von einem Regierungschef hätte gehalten werden sollen."
Liam Fox ist Ex-Verteidigungsminister und Wortführer der konservativen EU-Skeptiker und er macht aus seiner persönlichen Ansicht keinen Hehl. Er ist einer jener, die unverhohlen für den britischen Austritt aus der EU plädieren:
"Wenn ich befinden könnte über die momentane Entwicklung in Richtung einer immer engeren Union und damit letztlich eines immer größeren Verlusts britischer Souveränität, dann würde ich es vorziehen, die EU zu verlassen. Ich will keine immer engere EU und will nicht zuerst Europäer und erst an zweiter Stelle Brite sein."
Eine immer engere politische Union will auch Cameron nicht und – darauf deuten alle Umfagen – auch nicht die Mehrheit des britischen Volkes. Der Premierminister wird heute dem Vernehmen nach heftige Kritik am Zustand der EU üben. Sie drohe zu scheitern wegen der Eurokrise, des Mangels an Wettbewerbsfähigkeit und der Distanz zum Bürger. Wenn sich Europa nicht ändere, riskiere es, dass Großbritannien Richtung Austritt getrieben werde.
Deswegen will Regierungschef Cameron Verhandlungen fordern, in denen Großbritannien bereits an Brüssel abgetretene Kompetenzen und Befugnisse zurückgegeben werden sollten. Seine Argumentation lautet etwas gewunden:
"Damit die Gemeinschaftswährung funktioniert, braucht man Elemente einer Bankenunion und einer Fiskalunion – man braucht also Veränderungen. Und weil nicht jeder EU-Staat dem Euro beitritt und wir sicher nicht, muss sich Europa wandeln. Das können wir nutzen und wir sind berechtigt, selbst Änderungen zu verlangen."
Er jedenfalls halte es für völlig plausibel, britische Interessen geltend zu machen, wenn die EU sich verändern wolle:
"Wir wollen Mitglied der EU bleiben, insbesondere des Binnenmarktes, aber wir hätten gern Änderungen."
Unklar ist, ob Cameron die gewünschten Änderungen heute konkret benennt. Derzeit durchforstet das britische Außenministerium die EU-Verträge, um bis zum Ende des Jahres eine Art Wunschliste über die von Brüssel zurückzufordernden Kompetenzen zu erstellen. Dazu gehören nicht nur zahlreiche Vereinbarungen im Bereich der Innen- und Rechtspolitik wie der Europäische Haftbefehl, sondern auch die Arbeitszeitrichtlinie oder die gemeinsame Fischereipolitik.
Das Ergebnis seiner Verhandlungen mit der EU will der konservative Premier dann etwa im Jahr 2018 in einem Referendum zur Abstimmung stellen. Oder - in den unverblümten Worten von Liam Fox:
"Ich glaube letztlich, ein Rein-oder-raus-Referendum bedeutet, dass man drin bleibt, wenn man für das, was die Regierung verhandelt und vorgelegt hat, mit Ja stimmt; und ein Nein bedeutet, auszusteigen."
Doch noch ist völlig offen, ob die anderen EU-Staaten die Büchse der Pandora überhaupt öffnen werden und neuen Vertragsverhandlungen zustimmen, nur um Großbritannien bei der Stange zu halten. Präsident Hollande hat schon wissen lassen, man werde London keine Rosinenpickerei gestatten. Und Berlin hat bereits vor Erpressung gewarnt.
Auch Nick Clegg, der liberaldemokratische Koalitionspartner und Vizepremier, hält Camerons Ansatz für unklug und unrealistisch. Er fürchtet Nachteile durch die ungewisse EU-Zukunft des Landes. Er warnt:
"Wir sollten sehr vorsichtig sein in einer Zeit, in der sich die britische Wirtschaft immer noch zögerlich erholt von dem größten Schock seit einer Generation, ein lang andauerendes und hohes Maß an Unsicherheit zu schaffen, weil Unsicherheit der Feind von Wachstum und Arbeitsplätzen ist."
Unterdessen bekam Cameron auch Gegenwind aus Washington zu spüren. US-Präsident Barack Obama ließ David Cameron vergangene Woche telefonisch wissen, er rate von einem britischen Austritt aus der EU ab. Die USA legten Wert auf ein starkes Vereinigtes Königreich innerhalb einer starken Europäischen Union.