Ein Trümmerfeld. Nicht mehr als das ist die somalische Hauptstadt Mogadischu. Täglich gibt es hier Kämpfe, Bombenanschläge, Explosionen. Truppen der Afrikanischen Union gehen gegen radikal-islamische Milizen vor – mal machen die einen Boden gut, mal die anderen. Die Bevölkerung steht immer dazwischen und leidet unter dem Krieg.
In dieser Trümmerstadt lebte bis vor einem Jahr auch Asad. Ein 15-jähriger Junge, eher klein für sein Alter. Im Oktober 2009 wurde er von einem Augenblick auf den nächsten Vollwaise.
"Es gab schwere Auseinandersetzungen. Eine Granate hat unser Haus getroffen. Meine Mutter und mein Vater wurden getötet. Ich hatte gerade draußen gespielt und blieb unverletzt."
Ein Onkel nahm ihn bei sich auf. Anders als Asads Eltern ist er Islamist – sogar ein hochrangiges Mitglied der Al Shabaab, einer der beiden einflussreichsten Milizen in Somalia.
"Er ist kein guter Mann. Er hat mich geschlagen und gezwungen, Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte."
Der Onkel will aus Asad einen Kämpfer machen. Der 15-Jährige soll helfen, Al Shabaab an die Macht zu bringen - er wird in ein Trainingslager in der Nähe von Mogadischu gesteckt.
"Jeden Morgen haben sie uns sehr früh geweckt und dann mussten wir als erstes laufen. Danach haben wir beispielsweise gelernt, wie man über Zäune springt. Außerdem gab es Training an der Waffe: Wie man sie lädt und säubert. Nachts mussten wir uns Filme über den Dschihad ansehen."
Asad ist ein Terrorschüler. Die Lehrer an der Schule sind zum Teil Somalis – zum Teil aber auch "Weiße", wie Asad sagt. Sie seien immer freitags gekommen und hätten den Unterricht in Englisch abgehalten – andere übersetzten.
"Ich kann nicht sagen, aus welchem Land diese Lehrer kamen. Aber sie haben immer ganz besonders auf uns eingeredet, dass wir für unsere Religion kämpfen sollten, dass wir gute Muslime sein sollten. Dann müssten wir vor dem Tod keine Angst haben, weil das Paradies auf uns wartet."
Die Hirnwäsche funktioniert bei Asad nicht. Jeden Tag zittert er davor, dass er als nächstes gezwungen werden könnte, einen Anschlag durchzuführen.
"Manchmal wurden Jungen als Selbstmordattentäter ausgewählt. Sie standen vor der Klasse und wurden von allen verabschiedet. Ich hatte große Angst, dass ich eines Tages auch dazu gehöre. Ich habe immer häufiger darüber nachgedacht, wie ich entkommen könnte."
Die Flucht gelang ihm auf einem Laster, der Feuerholz ins Camp brachte. Asad schlug sich durch – bis zur Grenze und weiter ins Nachbarland Kenia.
"Ich habe in jeder Stadt Leute angefleht, dass sie mir helfen sollen. So bin ich immer weiter vorangekommen und war schließlich in Nairobi."
Doch hier ist er nur kurz in Sicherheit. Die Al Shabaab hat auch in Kenia Unterstützer. Sie spüren Asad auf, werfen ihn in ein Auto und fahren mit ihm wieder Richtung Somalia. Erstaunlicherweise behält Asad die Nerven. Er gaukelt seinen Entführern vor, froh über die bevorstehende Rückkehr zu sein. Als sie sich in Sicherheit wiegen und eine Pause zum Beten einlegen, gelingt Asad zum zweiten Mal die Flucht. Freunde, die er während seiner kurzen Zeit in Nairobi kennengelernt hat, nehmen ihn auf. Asad weiß zu diesem Zeitpunkt nur eins:
"Ich will endlich keine Angst mehr um mein Leben haben. Und ich will nicht zurück nach Somalia."
Es beginnt ein zäher Kampf mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Die zuständigen Mitarbeiter sind zunächst misstrauisch; fragen sich, ob seine Geschichte stimmt. Und sollte sie stimmen: Könnte Asad dann nicht auch ein Spion der Islamisten sein? Doch Recherchen bestätigen seine Aussagen. Asad wird in ein so genanntes "Safe House" – ein sicheres Haus – gebracht. Das bedeutet: Er muss alle Brücken hinter sich abbrechen. Doch ihm ist das recht. Asad lernt die ersten Brocken Englisch – für ein Leben in der Freiheit:
Das Flüchtlingshilfswerk sucht nach einem Land, in dem Asad endgültig mit neuer Identität unterschlüpfen kann. Nach ein paar Monaten ist es so weit: Er bekommt die Nachricht, dass er ausgeflogen wird. Asad spricht inzwischen gut Englisch, das hat er schnell gelernt. Er ist größer geworden, selbstbewusster. Am Tag seiner Abreise kann er nichts essen. Er ist aufgeregt. Seine Hände sind eiskalt.
"Ich bin so glücklich, dass ich Ost-Afrika verlasse. Ich fühle mich gut, weil mich ein neues Leben erwartet, neue Freunde, einfach alles neu sein wird."
Somalia – seine alte Heimat – will er nie wiedersehen. Auch wenn dort eines Tages Frieden herrschen sollte.
"Manchmal habe ich noch Albträume, wegen der Dinge, die ich erlebt habe. Aber jetzt ist es gut, in bin in Sicherheit."
Asads Lebensgeschichte hat nach einem Jahr eine vorerst glückliche Wendung genommen. Er wird alles dazu beitragen, seine neuen Chancen zu nutzen. Viele andere haben nicht diese Möglichkeit. Es gibt Tausende, die wie Asad ihre Familie verloren haben. Hunderte, die zu islamischen Kämpfern ausgebildet werden.
In dieser Trümmerstadt lebte bis vor einem Jahr auch Asad. Ein 15-jähriger Junge, eher klein für sein Alter. Im Oktober 2009 wurde er von einem Augenblick auf den nächsten Vollwaise.
"Es gab schwere Auseinandersetzungen. Eine Granate hat unser Haus getroffen. Meine Mutter und mein Vater wurden getötet. Ich hatte gerade draußen gespielt und blieb unverletzt."
Ein Onkel nahm ihn bei sich auf. Anders als Asads Eltern ist er Islamist – sogar ein hochrangiges Mitglied der Al Shabaab, einer der beiden einflussreichsten Milizen in Somalia.
"Er ist kein guter Mann. Er hat mich geschlagen und gezwungen, Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte."
Der Onkel will aus Asad einen Kämpfer machen. Der 15-Jährige soll helfen, Al Shabaab an die Macht zu bringen - er wird in ein Trainingslager in der Nähe von Mogadischu gesteckt.
"Jeden Morgen haben sie uns sehr früh geweckt und dann mussten wir als erstes laufen. Danach haben wir beispielsweise gelernt, wie man über Zäune springt. Außerdem gab es Training an der Waffe: Wie man sie lädt und säubert. Nachts mussten wir uns Filme über den Dschihad ansehen."
Asad ist ein Terrorschüler. Die Lehrer an der Schule sind zum Teil Somalis – zum Teil aber auch "Weiße", wie Asad sagt. Sie seien immer freitags gekommen und hätten den Unterricht in Englisch abgehalten – andere übersetzten.
"Ich kann nicht sagen, aus welchem Land diese Lehrer kamen. Aber sie haben immer ganz besonders auf uns eingeredet, dass wir für unsere Religion kämpfen sollten, dass wir gute Muslime sein sollten. Dann müssten wir vor dem Tod keine Angst haben, weil das Paradies auf uns wartet."
Die Hirnwäsche funktioniert bei Asad nicht. Jeden Tag zittert er davor, dass er als nächstes gezwungen werden könnte, einen Anschlag durchzuführen.
"Manchmal wurden Jungen als Selbstmordattentäter ausgewählt. Sie standen vor der Klasse und wurden von allen verabschiedet. Ich hatte große Angst, dass ich eines Tages auch dazu gehöre. Ich habe immer häufiger darüber nachgedacht, wie ich entkommen könnte."
Die Flucht gelang ihm auf einem Laster, der Feuerholz ins Camp brachte. Asad schlug sich durch – bis zur Grenze und weiter ins Nachbarland Kenia.
"Ich habe in jeder Stadt Leute angefleht, dass sie mir helfen sollen. So bin ich immer weiter vorangekommen und war schließlich in Nairobi."
Doch hier ist er nur kurz in Sicherheit. Die Al Shabaab hat auch in Kenia Unterstützer. Sie spüren Asad auf, werfen ihn in ein Auto und fahren mit ihm wieder Richtung Somalia. Erstaunlicherweise behält Asad die Nerven. Er gaukelt seinen Entführern vor, froh über die bevorstehende Rückkehr zu sein. Als sie sich in Sicherheit wiegen und eine Pause zum Beten einlegen, gelingt Asad zum zweiten Mal die Flucht. Freunde, die er während seiner kurzen Zeit in Nairobi kennengelernt hat, nehmen ihn auf. Asad weiß zu diesem Zeitpunkt nur eins:
"Ich will endlich keine Angst mehr um mein Leben haben. Und ich will nicht zurück nach Somalia."
Es beginnt ein zäher Kampf mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Die zuständigen Mitarbeiter sind zunächst misstrauisch; fragen sich, ob seine Geschichte stimmt. Und sollte sie stimmen: Könnte Asad dann nicht auch ein Spion der Islamisten sein? Doch Recherchen bestätigen seine Aussagen. Asad wird in ein so genanntes "Safe House" – ein sicheres Haus – gebracht. Das bedeutet: Er muss alle Brücken hinter sich abbrechen. Doch ihm ist das recht. Asad lernt die ersten Brocken Englisch – für ein Leben in der Freiheit:
Das Flüchtlingshilfswerk sucht nach einem Land, in dem Asad endgültig mit neuer Identität unterschlüpfen kann. Nach ein paar Monaten ist es so weit: Er bekommt die Nachricht, dass er ausgeflogen wird. Asad spricht inzwischen gut Englisch, das hat er schnell gelernt. Er ist größer geworden, selbstbewusster. Am Tag seiner Abreise kann er nichts essen. Er ist aufgeregt. Seine Hände sind eiskalt.
"Ich bin so glücklich, dass ich Ost-Afrika verlasse. Ich fühle mich gut, weil mich ein neues Leben erwartet, neue Freunde, einfach alles neu sein wird."
Somalia – seine alte Heimat – will er nie wiedersehen. Auch wenn dort eines Tages Frieden herrschen sollte.
"Manchmal habe ich noch Albträume, wegen der Dinge, die ich erlebt habe. Aber jetzt ist es gut, in bin in Sicherheit."
Asads Lebensgeschichte hat nach einem Jahr eine vorerst glückliche Wendung genommen. Er wird alles dazu beitragen, seine neuen Chancen zu nutzen. Viele andere haben nicht diese Möglichkeit. Es gibt Tausende, die wie Asad ihre Familie verloren haben. Hunderte, die zu islamischen Kämpfern ausgebildet werden.