Eine Vogelmaske, ein tätowierter Kopf, ein geschnitztes Raubtier und der Kopf einer Vishnu-Statue - an diesen vier ganz unterschiedlichen Stücken belegt das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum ausführlich und exemplarisch, wie die eigene Sammlung zustande kam. Die Maske stammt aus dem heutigen Kanada und wurde wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für Exotik-Ausstellungen nach Deutschland gebracht. Konkrete Herkunft: unbekannt.
Der tätowierte Maori-Schädel
Der tätowierte Kopf kommt aus der Kultur der Maori im heutigen Neuseeland. Er wurde vor zwei Jahren dorthin zurückgegeben und wird in der aktuellen Ausstellung also nicht nur nicht gezeigt, sondern auch nicht mehr abgebildet: Menschliche sterbliche Überreste - diese Erkenntnis hat sich glücklicherweise in den vergangenen Jahrzehnten durchgesetzt - sind keine Ausstellungsobjekte; sie waren einmal Subjekte, denen durch das Zurschaustellen auf voyeuristische Weise die Würde genommen wurde.
Blutige Racheaktion
Aus einer so genannten "Strafexpedition" der britischen Kolonialmacht im ehemaligen Königreich Benin stammt der Anhänger in Form eines Leoparden. Tatsächlich handelte es sich um eine blutige Racheaktion an der indigenen Bevölkerung. Mehrere Tausend Kulturgüter wurden damals gestohlen und in London versteigert - eines fand später nach Köln. Und der Kopf des Gottes Vishnu stammt aus einer Tempelanlage in Angkor, wo er im Laufe des Zweiten Indochina-Krieges geraubt wurde. Trotz seiner damals unklaren Herkunft kaufte ihn die Stadt Köln noch in den 1980er-Jahren an.
Die Schattenseiten dieser - bis auf den tätowierten Kopf - sehr ästhetisch präsentierten und theatralisch ausgeleuchteten Objekte treten nicht unmittelbar in der Ausstellung hervor. Auf sie verweisen zum einen künstlerische Interventionen - Fotogramme an den Wänden zum Beispiel, die daran erinnern, dass viele in deutschen Depots gelagerte Dinge für ihre Ursprungskulturen eine viel tiefere Bedeutung als den reinen Schauwert haben.
Mögliche Rückgaben oder gemeinsame Nutzung
Die Schattenseiten zeigen vor allem aber die Aussagen von Vertreterinnen und Vertretern dieser Kulturen, die im Vorraum der Ausstellung auf Monitoren abgerufen werden können. Hier liegen auch Kopien der vollständigen Objekt- und Erwerbsakten aus: Dokumente, die andere Museen nach wie vor nur äußerst ungern der Öffentlichkeit zugänglich machen. Im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum geht das Verständnis von Transparenz und Offenheit noch einen Schritt weiter. Zu vielen betroffenen Objekten - weitere "Schatten der Dinge"-Ausstellungen werden folgen - ist Museumsdirektorin Nanette Snoep mit den Herkunftsländern im Gespräch über mögliche Rückgaben oder gemeinsame Nutzung.