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Razzia
Steuerfahnder bei der Commerzbank

Überraschend erhielt die Commerzbank in ihrer Zentrale in Frankfurt und in mehreren Filialen Besuch von der Steuerfahndung. Nicht sie selbst aber stand auf der Fahndungsliste, sondern der italienische Generali-Konzern. Er soll deutschen Anlegern bei der Steuerhinterziehung geholfen haben.

Von Michael Braun | 03.12.2013
    270 Beamte waren heute im Einsatz. Sie durchsuchten die Commerzbank, die Zentrale in Frankfurt und 39 weitere Filialen. Den Marschbefehl hatte die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität in Bochum erteilt, zusammen mit der Steuerfahndung Düsseldorf. Es ging also um den Verdacht von Steuerbetrug, dies aber nicht durch die Commerzbank. Darauf legte die großen Wert, als zuerst herauskam, eine Großbank werde durchsucht und dann, dass es die Commerzbank sei. Die Bank teilte mit:
    "Im Rahmen einer Untersuchung gegen Einzelpersonen im Zusammenhang mit mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung sind heute Geschäftsräume der Commerzbank untersucht worden. Die Ermittlungen richten sich nicht gegen die Bank, sondern gegen einzelne Mitarbeiter eines anderen Finanzdienstleisters."
    Dieser andere Finanzdienstleister soll ein bevorzugter Vertriebspartner der Commerzbank sein, die Generali-Versicherung, früher auch ein großer Aktionär der Bank. Die Generali kann sich aber zu dem Verdacht noch nicht äußern. Man recherchiere, hieß es in der Deutschlandzentrale in Köln. Denn konkret richte sich der Vorwurf gegen eine irische Tochtergesellschaft der Generali Deutschland, heißt es. Sicher ist nur der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Bochum. Die berichtet von einem Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche und Mitarbeiter einer ausländischen Lebensversicherungsgesellschaft und ließ in einer schriftlichen Mitteilung wissen, was sie denen vorhält:
    "Gegen sie besteht der Verdacht, deutschen Anlegern seit 2006 in mehr als 200 Fällen Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer geleistet zu haben. Sie sollen mit inländischen Kunden Lebensversicherungsverträge abgeschlossen haben, die nach außen hin als steuerprivilegierte Lebensversicherungen aufgemacht waren, in Wirklichkeit aber verschleierte Vermögensverwaltungsverträge darstellten. Auf diese Weise sollte den betreffenden Kunden ermöglicht werden, daraus erwirtschaftete Kapitalerträge nicht zu versteuern."
    Herausgekommen sein soll der Verdacht durch Unregelmäßigkeiten in einer Steuererklärung, die Prüfern in Nordrhein-Westfalen im September aufgefallen war. Die Kunden sollen mindestens eine halbe Million Euro in die Lebensversicherung eingebracht haben.
    Wie das beanstandete Geschäft konkret funktionierte, war nicht zu erfahren. Branchenkenner berichten aber, schon häufiger davon gehört zu haben, dass Lebensversicherungen für die Vermögensverwaltung genutzt wurden. Dazu wurde der Vertrag sozusagen zweigeteilt: Der eine Teil war die Prämienzahlung, auch gegen Einmalbeitrag, und die Zusage des Versicherers im Todesfall. Der andere Teil war, was mit dem eingezahlten Geld innerhalb des Versicherungsmantels geschah. Ein Verdacht lautet, man habe die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge umgehen wollen. Die Commerzbank hatte die Depots geführt, die zu den monierten Lebensversicherungsverträgen gehörten. Deshalb wurde die Bank durchsucht. Die Staatsanwaltschaft berief sich auf Paragraf 103 der Strafprozessordnung. Der regelt die Durchsuchung bei einem Zeugen.