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RDGLDGRN
"Wie die Beatles, die über einen Punk-Song von Marley rappen"

Drei Jungs aus Washington DC haben ihre Spitznamen Red, Gold und Green zu ihrem Bandnamen gemacht: RDGLDGRN. Das Trio bezieht sich im erweiterten Sinne auf die panafrikanischen Farben und Bob Marley. Ihre Musik ist ein Gemisch aus Hip-Hop, Pop, Rock und Go-go Music - dabei bleiben sie immer auf der Suche nach spannenden Sounds.

RDGLDGRN im Gespräch mit Anja Buchmann |
    Die US-amerikanische Band RDGLDGRN im Studio.
    Die US-amerikanische Band RDGLDGRN im Studio. (Deutschlandradio/Kerstin Janse)
    Anja Buchmann: Lassen Sie uns über die Farben sprechen. Warum haben Sie sich diese Farben ausgesucht? Sie erzählten mir zwar gerade, dass sogar Ihre Mutter Sie "Green" genannt hat, aber warum rot, gold und grün? Auf wen oder was bezieht sich das?
    Red: Es bezieht sich auf uns als Kinder. Denn, um ehrlich zu sein, als wir hier im Deutschlandfunk angekommen sind, haben Sie sicher gesehen, wie wir rum gerannt sind, alles angefasst, angeschaut und untersucht haben. Wir haben eben immer Spaß, und da rot, gold und grün schon seit der Kindheit unsere Lieblingsfarben sind, haben wir das übernommen. Es ist eine Frage des Geschmacks, ich mag rote Klamotten, laufe viel darin herum, weil ich mich wohlfühle. Es sind einfach Spitznamen, die hängen geblieben sind.
    Buchmann: So einfach ist das?
    Green: Es ist so einfach. Tatsächlich gab es erst die Spitznamen, bevor wir daraus auch einen Bandnamen kreiert haben.
    Buchmann: Und nun, wo sie diesen Bandnamen ausgesucht haben, beziehen sie sich darüber hinaus auf etwas anderes? Zum Beispiel Bob Marley, Rastafaris, die Farben von einigen afrikanischen Flaggen.
    Green: Ja, es sind panafrikanische Farben. In unserer alten Band war noch ein anderer Musiker mit dabei, aber als der gegangen war und wir zu dritt blieben, wussten wir auf einmal: Wir repräsentieren quasi die jamaikanischen Farben. Wir ignorieren diesen Bezug auch nicht, es gehört zu dem Gesamtbild unserer Band. So wie wir mal gesagt haben: Unsere Musik klingt wie die Beatles, die über einen Punk-Song von Bob Marley rappen. Bob Marley war einer der größten Einflüsse für unser Leben, aber es geht bei uns trotzdem nicht in erster Linie um die Reggae-Kultur.
    !!Gold:! Sehr schön gesagt, sehr schön gesagt.
    Buchmann: Und sie haben sogar so etwas wie eine "Corporate Identity", jeder von Ihnen trägt auch ein rotes, goldenes bzw. grünes Smartphone, wie ich gesehen habe?
    Green: (ironisch) Wir kommen aus Washington DC, dem Regierungssitz, also achten wir schon von daher sehr auf unser Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, unsere Corporate Identity. Wo ist eigentlich mein Smartphone?
    Red: Das Schöne an diesen Farben ist doch - man stellt sich einfach Fragen, wie Sie es auch tun: Repräsentieren sie die afrikanischen Farben und so weiter. Und wir haben die Möglichkeit, dem noch Definitionen hinzuzufügen. Viele Menschen denken zum Beispiel, "rot" ist wütend und voller Zorn. Aber ich zum Beispiel werde selten wütend.
    Buchmann: Die Farbe macht Sie eher fröhlich, wie Sie vorhin gesagt haben.
    Red: Ja, das auch. Wir haben eine Zeit lang in der Ganztagsbetreuung gearbeitet, an Montessori-Schulen und dort Workshops nach dem Unterricht gegeben. Und die Kinder, die uns als rot, gold und grün kannten, denken bei den Farben daran, wie sie uns wahrgenommen haben. "Mr. Red" ist für sie einfach ein richtig großer Mann. Also geht es nicht mehr um die traditionelle Definition von Farben.
    Buchmann: Ein Einfluss in ihrer Musik ist die sogenannte Go-go music aus dem Raum Washington DC. Beschreiben Sie mal bitte, was es damit auf sich hat.
    Gold: Washington DC Go-go music ist in erster Linie Funk. Sehr afrikanisch, sehr perkussiv und sehr Groove betont. Das ist ein Einfluss aus unserer Kindheit und Jugend. Jeden Abend ab halb zehn oder so, sind wir ausgegangen und haben diese Musik gehört - und sie immer mehr verstanden. Und als wir uns als Band weiter entwickelt haben, wurde dieser Stil auch ein Bestandteil unseres Sounds.
    Buchmann: Können Sie mal ein kurzes Beispiel improvisieren? Damit sich auch die Hörerinnen und Hörer den Groove besser vorstellen können?
    (Gold und Green Improvisieren Go-go beat mit Gesang.)
    Green: Das ist der Original-Beat, dann gibt es noch Sachen, wie ...
    Red: Meine Kollegen beschrieben gerade die zweite, vielleicht auch die dritte Welle von Go-go Music. So wie beim Punkrock. Das begann auch langsam, mit einer normalen "beats per minute"-Zahl. Und dann wurde es schneller und schneller, bei Hardcore Bands aus Washington DC wie Minor Threat und Bad Brains zum Beispiel. Und deren Zeug hat uns auch wieder beeinflusst. Es geht um eine Energie, die sich besonders in unseren Live-Auftritten zeigt.
    Buchmann: Wie entwickeln Sie ihre Songs? Jammen Sie zum Beispiel zusammen im Proberaum und strukturieren das Ganze dann nachträglich?
    Green: Gold schickt uns immer die Akkorde der einzelnen Songs und dann die Texte und damit arbeite ich dann. Eigentlich macht er alles.
    Buchmann: Er macht alles? Also ist er der Boss bei Ihnen?
    Green: Naja. Wir tragen schon alle zu unserer Musik bei. Die Musik kommt von überall her, es kann aus einem Klopfen auf dem Tisch entstehen, daraus basteln wir dann Beats oder wir komponieren an der Gitarre - vieles ist möglich.
    Gold: Es gibt keine wirkliche Methode, es ist verrückt, kommt einfach aus uns raus, und ist an jedem Tag anders. Wir schicken auch viel Zeug rum und diskutieren dann, was wir mögen und was nicht.
    Green: Es ist auch nicht von Bedeutung, was wir machen, Hauptsache wir haben eine Fanbase, die uns mag. Unsere Musik macht eh keinen Sinn.
    Bachmann: Wieso machen Ihre Songs keinen Sinn?
    Green: Ich meine "sinnlos" unter dem größeren Aspekt der Musikindustrie. Die Musikindustrie ist erst 60, 70 Jahre alt und schon dabei, zu zerfallen. Also für die Musikindustrie ist unsere Musik sinnlos, sie bringt nichts.
    Gold: Wir halten uns nie an irgendwelche Regeln. Wenn wir welche aufstellen, dann brechen wir sie gleich am nächsten Tag.
    Green: Wir hatten so was wie eine Regel - "Red" war der Beauftrage für den Go-go-Sound auf unserem ersten Album und er hat versagt.
    Bachmann: Was heißt das, er hat versagt?
    Green: Wir bleiben einfach nicht bei einem Konzept. Wir haben immer neue Ideen. Wir hatten diesen Gedanken, ein neues Genre zu kreieren, das haben wir auch gemacht mit der Fusion von Go-go music. Und zwei Songs später haben wir schon wieder damit aufgehört. Aber das ist eben auch unsere Stärke: eine Handvoll Sachen zusammenzupacken und daraus etwas zu kreieren. Wir sprechen so oft davon, dass wir neue musikalische Genres entwerfen wollen, aber dann ist es uns wieder zu langweilig, diesen neuen Stil ständig zu wiederholen. Wir suchen einfach nach spannenden Sounds und die Stücke auf LP2 sind so was wie akustische Gemälde.
    Bachmann: Welche Farbe assoziieren Sie mit dem Song "Spiderman"?
    Green: Violett und blau.
    Red: Bei violett stimme ich zu, aber ganz bestimmt kein "blau".
    Bachmann: Ist das ein Stück, das Sie aus einem Groove entwickelt haben?
    Red: Ja, das stimmt. Aber erst mal möchte ich sagen, dass das ein guter und sehr neuartiger Tag für uns ist. Wir haben schon viele Interviews gegeben und wurden meist die gleichen Sachen gefragt. Und heute fragen alle etwas zu "Spiderman". Das ist großartig, dann können wir auch endlich mal was dazu erzählen. Dafür einen kleinen Applaus.
    Bachmann: Also noch mal: Sie haben Spiderman aus einem kleinen Beat heraus entwickelt, der hauptsächlich auf den Toms gespielt wird?
    Red: Ja. Wir hatten viele Drumloops von Funk-Schlagzeugern. Und daraus haben wir einen ganz kleinen Teil genommen, ein sogenanntes Fill, das wir dann wieder über die Takte hinweg geloopt haben. Dadurch bekommt man so ein merkwürdiges Feeling, das mich wieder an die Go-go Music erinnert. Dazu dann noch ein paar knackige Jazz-Akkorde, ich hab den beiden das Material zugeschickt und sie haben noch die Gesangsmelodie und den Text beigesteuert.
    Bachmann: Apropos Schlagzeuger. Sie spielen nicht mehr mit Dave Grohl zusammen, oder? Das war nur für die letzte Platte.
    Red: Nur für die Aufnahme der letzten Platte, unglücklicherweise haben wir mit dem Typen nie live gespielt.
    Green: Wir waren bereit dafür, aber dann hat er sich das Bein gebrochen. Und konnte nicht Schlagzeug spielen für eine Weile. Also wenn er Schlagzeug mit seinem gebrochenen Bein gespielt hätte, das wäre wirklich erstaunlich.