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Reaktion auf Amoklauf in Florida
Kein Wort zum Waffengesetz

Einen Tag nach dem Amoklauf in einer Schule in Florida mit 17 Toten hat US-Präsident Donald Trump erklärt, sich der psychischen Problematik bei Gewalttaten widmen zu wollen. Die Kaltblütigkeit des Attentäters bleibt für viele unbegreiflich - eine Verschärfung der Waffengesetze ist dennoch nicht in Sicht.

Von Thilo Kößler |
    US-Präsident Donald Trump spricht nach dem Amoklauf an einer Schule in Florida.
    Eine Reaktion von US-Präsident Donald Trump ließ auf sich warten - in einer Fernsehansprache sagte er schließlich, kein Lehrer und kein Schüler dürfe in einer amerikanischen Schule in Gefahr sein (AFP / Mandel NGAN)
    Am Tag danach befindet sich eine ganze Stadt im Schockzustand und ein ganzes Land unter dem Eindruck eines tödlichen Amoklaufs, der als einer der folgenreichsten in die lange amerikanische Geschichte des tödlichen Waffenmissbrauchs eingehen wird: 17 Tote, 15 Verletzte, unter ihnen noch etliche in einem labilen Zustand – das ist die vorläufige Bilanz dieser Wahnsinnstat eines 19-Jährigen, der sich offenbar dafür rächen wollte, dass er wegen disziplinarischer Probleme unter anderem wegen seiner Affinität zu Waffen der Schule verwiesen worden war.
    Während das Land versucht, die Geschehnisse zu rekonstruieren, übte sich der Präsident zunächst in Sprachlosigkeit. Er sei bis in den späten Abend hinein von Mitarbeitern gedrängt worden, sich öffentlich zu äußern, berichtete die "New York Times". Trump habe es jedoch vorgezogen zu schweigen. Am Donnerstagmorgen twitterte Trump, es spreche alles dafür, dass der Täter psychisch gestört gewesen sei – so etwas müsse den Behörden gemeldet werden. Erst um 17.30 mitteleuropäischer Zeit versicherte der Präsident in einer Fernsehansprache, sich der psychischen Problematik bei Gewalttaten besonders widmen zu wollen. Kein Lehrer und kein Schüler dürfe in einer amerikanischen Schule in Gefahr sein.
    Republikaner geschlossen gegen Verschärfung der Waffengesetze
    Von einer Verschärfung der Waffengesetze war in der Ansprache des Präsidenten ebenso wenig die Rede wie bei seinem Justizminister Jeff Sessions, der ebenfalls als Verfechter laxer Waffengesetze gilt. Man werde natürlich auf das Problem reagieren, sagte Sessions vage.
    So wird sich politisch vermutlich auch nach diesem Attentat nichts ändern – nicht nur Präsident Trump selbst, sondern auch die Republikaner insgesamt sperren sich geschlossen gegen jede Form verschärfter Waffenkontrollen. Die mächtige Waffenlobby der NRA, der National Rifle Association, hat das konservative politische Washington fest im Griff. Während die Demokraten erneut nach einer Verschärfung der Waffengesetze rufen, gehen die Republikaner auch gegenüber Medien auf Tauchstation.
    So bleibt der entsetzten Öffentlichkeit nur, den Berichten der Augenzeugen zu folgen, die noch unter Schock stehen. Wer war dieser Attentäter, wer hat ihn gekannt, werden sie gefragt. Er sei ein seltsamer Typ, der von zwei Privatschulen geflogen sei, der Jäger war, der zum Militär wollte, der mit seinen Waffen prahlte, sagt ein junger Mann.
    Das FBI teilte mit, dass der Attentäter im letzten Jahr bereits über YouTube seine Tat angekündigt habe, ohne identifiziert werden zu können. Was sich in den Klassenräumen abspielte, wollen die Reporter wissen. Eine Schülerin erzählt, sie sei von ihrem Geografielehrer noch in einen abgesperrten Klassenraum geschoben worden. Dann wurde er von dem Amokläufer erschossen.
    Ex-FBI-Ermittler bricht Interview unter Tränen ab
    Für viele bleibt unbegreiflich, mit welcher Kaltblütigkeit der 19-jährige Attentäter vorging: Er löste einen Feueralarm aus, damit die Schüler aus den Klassenräumen drängten und er freies Schussfeld hatte. Selbst gewalterfahrene Experten wie der ehemalige FBI-Ermittler Philipp Mudd verloren angesichts dieses unfassbaren Aggressionspotenzials die Nerven – unter Tränen brach er ein CNN-Interview ab. "Kann denn dieses Land niemals begreifen, dass wir so etwas nicht akzeptieren dürfen", fragte er.
    Doch der Druck wird vermutlich auch dieses Mal nicht reichen, um die waffenverliebte Öffentlichkeit und ihre politischen Vertreter im Kongress zur Vernunft zu bringen. Es sei denn, der verzweifelte Appell eines überlebenden Schülers gibt den Anstoß für eine längst überfällige breite Protestbewegung: Hier läuft etwas schief in diesem Land, sagte der Schüler David Hogg. Die Politiker sollten sich in den Spiegel schauen und endlich etwas tun.