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Reaktion auf Skripal-Affäre
EU zieht Diplomaten in Moskau ab

Datenschutz, die deutsch-französische Reformagenda, die Entwicklung des Binnenmarktes: Zahlreiche der auf dem EU-Gipfel angesprochenen Themen werden verschoben. Eine erste Entscheidung gab es hingegen zum Giftgasattentat in Salisbury. Der EU-Botschafter in Moskau soll für Konsultationen abgezogen werden.

Von Thomas Otto |
    Angela Merkel geht am 22.03.2017 im Europäischen Rat einen mit Flaggen gesäumten Weg entlang. Im Vordergrund sind vier Europaflaggen zu sehen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel (imago / Wiktor Dabkowski)
    Noch kurz vor Beginn des Gipfels hatte Ratspräsident Donald Tusk die Tagesordnung neu sortiert und das Thema Handel mit den USA auf den späteren Abend verschoben - im Wissen, dass es bis dahin Neuigkeiten aus Washington geben könnte. Und tatsächlich: Noch am Nachmittag kündigte US-Präsident Trump Strafzölle für China an und eine Ausnahme davon unter anderem für die EU.
    Donald Tusk am frühen Abend: "I had decided to move the trade discussion to later this evening. We will present EUs approach in detail tomorrow following the leaders debate."
    Man wolle die Reaktion der EU erst am Freitag nach der Debatte der Staats- und Regierungschefs präsentieren. Damit verschaffen die sich etwas Luft, um abzuwarten, ob nach Donald Trumps Ausnahme für die EU nicht doch noch Bedingungen nachgeschoben werden. Im Abschlusspapier des gestrigen Abends blieb es bei einem Bekenntnis zu freiem und gerechtem Handel und ehrgeizigen und ausgewogenen Freihandelsabkommen.
    Zahlreiche Themen verschoben
    Auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schienen die vorerst ausgesetzten US-Zölle auf Aluminium und Stahl positiv gestimmt zu haben. Zu den Plänen einer Besteuerung großer Internetkonzerne, die er den Staats- und Regierungschefs vorgestellt hatte, scherzte er:
    "Wir werden uns damit wieder im Juni beschäftigen. Denn im März entscheiden wir immer, uns mit einem Problem im Juni zu befassen. Und im Juni entscheiden wir, darüber im Oktober zu sprechen. Und dazu kommt es nie."
    In Junckers Scherz steckt allerdings auch ein Funken Wahrheit. Zahlreiche der auf diesem Gipfel angesprochenen Themen werden verschoben: Ein Bericht zur Entwicklung des Binnenmarktes soll im Dezember vorliegen. Mit der Frage des Datenschutzes digitaler Plattformen werde man sich im Mai befassen. Ganz zu schweigen von der deutsch-französischen Reformagenda, die auf diesem Gipfel noch gar keine Rolle spielt und erst im Juni vorliegen soll.
    EU-Botschafter in Moskau soll abgezogen werden
    "We'll come back to the question"; so auch Junckers Reaktion zur Nachfrage nach dem Giftgasattentat in Salisbury.
    Am frühen Morgen dann das Papier der Staats- und Regierungschefs: Man verurteile den Angriff aufs Schärfste. Der Rat stimme mit der Position der britischen Regierung überein, dass Russland höchst wahrscheinlich verantwortlich sei und es keine andere plausible Erklärung gebe. Die EU müsse ihre Abwehrfähigkeit gegen chemische, biologische, radiologische und nukleare Risiken stärken.
    "Wir sind entschlossen hier auch durch diese Sprache, aber gegebenenfalls auch weitere Maßnahmen einheitlich zu reagieren und insofern war das eine sehr gute und sehr wichtige Diskussion", so Bundeskanzlerin Merkel nach dem Treffen.
    Als erste Konsequenz soll nun der EU-Botschafter in Moskau für Konsultationen abgezogen werden. Mehrere EU-Staaten denken derweil darüber nach, russische Diplomaten auszuweisen.
    Brexit am Freitag auf der Agenda
    Nicht verschoben sondern von vorn herein für heute auf die Agenda gesetzt wurde das Thema Brexit. In der 27er-Runde ohne Großbritannien soll unter anderem über die Übergangsphase nach 2019 diskutiert werden. Im 19er-Format der Euro-Staaten soll es anschließend um die Reform der Euro-Zone gehen.
    Oder wie es Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker formulieren würde: "Wir kommen auf die Frage zurück."