Erleichterung, Genugtuung, Triumph – dies sind die ersten Reaktionen der Frauen, die Weinstein monatelang medienstark angeprangert hatten. Die Gruppe, die sich die "Silence Breakers" nennt, also, die Frauen, die das Schweigen gebrochen haben, äußerten sich in einer Telefonschalte gegenüber der Presse: Dies ist der Tag, an dem die Wahrheit gewonnen hat. Heute hat gezeigt: Geld und Macht machen dich nicht unantastbar. Weinstein hat uns zu lange verfolgt auch in unseren Albträumen – jetzt bekommen wir unsere Macht zurück."
"Die Frauen haben ein Monster zu Fall gebracht"
Zu der Gruppe gehören Schauspielerinnen wie Rosanna Arquette, Mira Sorvino und Rose McGowan. Diese äußerste sich auf über den Kurznachrichtendienst Twitter und schrieb: "Ich bin stolz auf die tapferen Frauen, die ausgesagt haben. Sie haben ein Monster zu Fall gebracht. Vielen Dank an den Staatsanwalt und die Jury, die gesagt haben: nicht noch ein Mal. Vielen Dank an die Öffentlichkeit, die auch das genauer angeschaut hat. Ich kann endlich ausatmen."
In zwei von fünf Anklagepunkten wurde Weinstein nun schuldig gesprochen. Am 11. März soll das Strafmaß verkündet werden. So viel ist aber schon mal klar: es läuft auf eine Gefängnisstrafe hinaus, zwischen 5 und 25 Jahren. Viele Frauen werteten positiv, dass Weinstein bis zur Verkündung des Strafmaßes in Haft muss. Die Moderatorin Padma Lakshmi schrieb auf Twitter: "Harvey Weinstein ist jetzt ein verurteilter Vergewaltiger. Wenn es einen Mann gibt, der keine Kaution verdient, dann ist er es."
"Sexuelle Gewalt lebt von unkontrollierter Macht und Privilegien"
Der Fall Weinstein ist unmittelbar mit der so genannten #MeToo Bewegung verknüpft, bei der vor allem Frauen ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt in sozialen Netzwerken teilten. Die Bewegung, an deren Spitze Tarana Burke steht, begrüßte das Urteil. Gleichzeitig wurde an die Frauen erinnert, die nicht die Gelegenheit bekämen, ihre Peiniger vor Gericht zu bringen. Weiter heißt es: "Dieser Fall erinnert uns daran, dass sexuelle Gewalt von unkontrollierter Macht und Privilegien lebt. Die Auswirkungen strahlen weit über Hollywood bis auf das tägliche Leben von uns allen im Rest der Welt aus."
Ronan Farrow, der Journalist, der die Vorwürfe gegenüber Weinstein publik gemacht hatte, meldetet sich ebenfalls zu Wort. Auf Twitter schrieb er: "Das heutige Ergebnis des New Yorker Prozesses gegen Harvey Weinstein ist das Ergebnis der Entscheidung mehrerer Frauen, sich mit hohen persönlichen Kosten und Risiken an Journalisten und Staatsanwälte zu wenden. Bitte behalten Sie diese Frauen heute in Ihren Gedanken."
"Der Kampf ist noch nicht vorüber"
Auch wenn viele Beobachter des Prozesses gutheißen, dass Harvey Weinstein in zwei Anklagepunkten für schuldig befunden wurde, gibt es auch Enttäuschung über das Jury-Urteil. Vor allem die Gruppe der "Silence Breakers" hätte sich gewünscht, dass Weinstein in allen Anklagepunkte verurteilt wird. Statt der schweren Vergewaltigung wurde er lediglich im Fall einer minder schweren Vergewaltigung schuldig gesprochen. "Der Kampf ist noch nicht vorüber", hieß es in einer Erklärung der Frauen.
Der Regisseur und Drehbuchautor Judd Apatow erinnerte in einem Tweet daran, dass der Weinstein Fall sowieso noch nicht ganz zu Ende sei:"Vergessen Sie nicht - Harvey Weinstein steht in Los Angeles vor vier weiteren Anklagen. Dies ist nur der Anfang, ihn zur Rechenschaft zu ziehen." Tatsächlich soll Harvey Weinstein sich schon bald auch vor einem Gericht in Los Angeles verantworten – wann genau ist noch unklar.