Das Urteil bescherte der polnischen Regierung gestern einen schwarzen Tag. Denn ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine bis zum Jahresende wäre ein großer Erfolg für die Politiker und Diplomaten in Warschau. Nicht umsonst bekräftigte das Außenministerium auch nach der Urteilsverkündung im Nachbarland: Polen habe die ukrainische Nation in ihrer pro-europäischen Wahl konsequent unterstützt und werde sie weiter unterstützen.
Der Osteuropa-Experte an der Warschauer Universität Andrzej Szeptycki erklärt das so:
"Die Gründe dafür sind die gleichen, aus denen sich früher Deutschland für eine EU-Mitgliedschaft von Polen eingesetzt hat. Wir wollen ein stabiles, möglichst wohlhabendes Partnerland auf der anderen Seite unserer östlichen Grenze. Davon würden wir auch wirtschaftlich profitieren, durch Export und als Transitland. Deshalb will Polen, dass die Ukraine irgendwann der Union angehört, auch wenn das in weite Ferne gerückt ist."
Für viele polnische Politiker und Intellektuelle ist das Nachbarland auch eine Herzenssache. Als es noch zur Sowjetunion gehörte, unterstützten viele von ihnen die Unabhängigkeitsbewegung in der Ukraine. Sie übermittelten das Know-how, das sich die polnische Gewerkschaft "Solidarnosc" im Kampf gegen das kommunistische Regime im eigenen Land erworben hatte. Das damalige Mitglied der Gewerkschaft Marek Rohr-Garztecki erinnert sich.
"Offiziell mischten wir uns nicht ein in die inneren Angelegenheiten der Sowjetunion. Aber wir haben trotzdem geholfen. Ich habe in meinem Kofferraum einen der ersten Vervielfältigungsapparate über die Grenze transportiert, den die Opposition in der Ukraine damals benutzte. Natürlich musste dafür der Zöllner bestochen werden."
2004, bei der orangefarbenen Revolution in der Ukraine, engagierte sich Polen wieder. Der damalige Präsident Aleksander Kwasniewski reiste in das Nachbarland und vermittelte zwischen Regierung und den Demonstranten. Vor zwei Jahren überzeugte Polen schließlich gemeinsam mit Schweden die anderen EU-Mitglieder, die sogenannte "Östliche Partnerschaft" der Europäischen Union zu gründen. Das Programm unterstützt die Nachbarländer im Osten, es sieht Freihandelsabkommen und Visaerleichterungen vor. Erwartet wird jedoch im Gegenzug die Einhaltung von europäischen demokratischen und rechtsstaatlichen Standards.
Deshalb kann auch Polen im Moment nicht viel tun, um die Annäherung an die Ukraine voranzutreiben - die polnische Regierung teilt die EU-weite Kritik am Timoschenko-Urteil. Zugleich gehen Experten aber davon aus, dass Polen auf diplomatischem Weg versuchen wird, das Nachbarland zu einer Freilassung der Oppositionspolitikerin zu bewegen. Erst vor Kurzem war deshalb wieder einmal Ex-Präsident Kwasniewski in der Ukraine.
Die meisten Kommentatoren hoffen, dass diese Bemühungen Erfolg haben werden, so der ehemalige Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz:
"Ich glaube, dass Timoschenko trotz des Urteils nicht viel zu befürchten hat. Das ukrainische Parlament arbeitet ja an einem neuen Gesetz - es soll dazu führen, dass sie in zweiter Instanz freigesprochen wird. Ich nehme an, Präsident Viktor Janukowitsch wird dieses Gesetz unterschreiben. Seine Strategie ist wohl: Er will seine Rivalin Timoschenko zuerst vor Gericht erniedrigt sehen, um sich dann großzügig zu zeigen. Es ist eine Frage von wenigen Wochen oder Monaten, bis Timoschenko wieder frei ist.""
Aber selbst wenn es so kommt: Ob noch während der polnischen Ratspräsidentschaft ein Assoziierungsabkommen unterschrieben wird, ist mehr als fraglich. Der Experte Andrzej Szeptycki:
""Gerade der polnische Präsident Bronislaw Komorowski setzt sich dafür ein, dass sein Amtskollege Janukowitsch den Fall Timoschenko löst. Die Kontakte sind eigentlich gut. Aber wenn das nicht gelingt, dann werden sich die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine abkühlen. Natürlich auch zwischen der EU und der Ukraine."
Zumal die Mitgliedsstaaten, die den EU-Ratsvorsitz als nächste innehaben werden, Dänemark, Zypern und Irland sind. Diese Länder liegen weit weg von der Ukraine - sie werden sich kaum so für das Land im Osten engagieren, wie es derzeit Polen tut.
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Der Osteuropa-Experte an der Warschauer Universität Andrzej Szeptycki erklärt das so:
"Die Gründe dafür sind die gleichen, aus denen sich früher Deutschland für eine EU-Mitgliedschaft von Polen eingesetzt hat. Wir wollen ein stabiles, möglichst wohlhabendes Partnerland auf der anderen Seite unserer östlichen Grenze. Davon würden wir auch wirtschaftlich profitieren, durch Export und als Transitland. Deshalb will Polen, dass die Ukraine irgendwann der Union angehört, auch wenn das in weite Ferne gerückt ist."
Für viele polnische Politiker und Intellektuelle ist das Nachbarland auch eine Herzenssache. Als es noch zur Sowjetunion gehörte, unterstützten viele von ihnen die Unabhängigkeitsbewegung in der Ukraine. Sie übermittelten das Know-how, das sich die polnische Gewerkschaft "Solidarnosc" im Kampf gegen das kommunistische Regime im eigenen Land erworben hatte. Das damalige Mitglied der Gewerkschaft Marek Rohr-Garztecki erinnert sich.
"Offiziell mischten wir uns nicht ein in die inneren Angelegenheiten der Sowjetunion. Aber wir haben trotzdem geholfen. Ich habe in meinem Kofferraum einen der ersten Vervielfältigungsapparate über die Grenze transportiert, den die Opposition in der Ukraine damals benutzte. Natürlich musste dafür der Zöllner bestochen werden."
2004, bei der orangefarbenen Revolution in der Ukraine, engagierte sich Polen wieder. Der damalige Präsident Aleksander Kwasniewski reiste in das Nachbarland und vermittelte zwischen Regierung und den Demonstranten. Vor zwei Jahren überzeugte Polen schließlich gemeinsam mit Schweden die anderen EU-Mitglieder, die sogenannte "Östliche Partnerschaft" der Europäischen Union zu gründen. Das Programm unterstützt die Nachbarländer im Osten, es sieht Freihandelsabkommen und Visaerleichterungen vor. Erwartet wird jedoch im Gegenzug die Einhaltung von europäischen demokratischen und rechtsstaatlichen Standards.
Deshalb kann auch Polen im Moment nicht viel tun, um die Annäherung an die Ukraine voranzutreiben - die polnische Regierung teilt die EU-weite Kritik am Timoschenko-Urteil. Zugleich gehen Experten aber davon aus, dass Polen auf diplomatischem Weg versuchen wird, das Nachbarland zu einer Freilassung der Oppositionspolitikerin zu bewegen. Erst vor Kurzem war deshalb wieder einmal Ex-Präsident Kwasniewski in der Ukraine.
Die meisten Kommentatoren hoffen, dass diese Bemühungen Erfolg haben werden, so der ehemalige Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz:
"Ich glaube, dass Timoschenko trotz des Urteils nicht viel zu befürchten hat. Das ukrainische Parlament arbeitet ja an einem neuen Gesetz - es soll dazu führen, dass sie in zweiter Instanz freigesprochen wird. Ich nehme an, Präsident Viktor Janukowitsch wird dieses Gesetz unterschreiben. Seine Strategie ist wohl: Er will seine Rivalin Timoschenko zuerst vor Gericht erniedrigt sehen, um sich dann großzügig zu zeigen. Es ist eine Frage von wenigen Wochen oder Monaten, bis Timoschenko wieder frei ist.""
Aber selbst wenn es so kommt: Ob noch während der polnischen Ratspräsidentschaft ein Assoziierungsabkommen unterschrieben wird, ist mehr als fraglich. Der Experte Andrzej Szeptycki:
""Gerade der polnische Präsident Bronislaw Komorowski setzt sich dafür ein, dass sein Amtskollege Janukowitsch den Fall Timoschenko löst. Die Kontakte sind eigentlich gut. Aber wenn das nicht gelingt, dann werden sich die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine abkühlen. Natürlich auch zwischen der EU und der Ukraine."
Zumal die Mitgliedsstaaten, die den EU-Ratsvorsitz als nächste innehaben werden, Dänemark, Zypern und Irland sind. Diese Länder liegen weit weg von der Ukraine - sie werden sich kaum so für das Land im Osten engagieren, wie es derzeit Polen tut.
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