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Reaktionen
Brüssel und Berlin suchen Umgang mit Türkei

Die Entwicklungen in der Türkei haben zu unterschiedlichen Reaktionen deutscher Politiker geführt. Elmar Brok (CDU) mahnte zu Zurückhaltung gegenüber Ankara. Verschiedene Koalitionspolitiker äußerten sich hingegen besorgt über den Kurs der Bundesregierung, und einige gehen auf größere Distanz zu Ankara.

Von Gudula Geuther |
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan während einer Rede im Präsidentenpalast in Ankara am 4.5.2016.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitag klargemacht, dass er keine Änderungen bei den türkischen Anti-Terror-Gesetzen will. (afp / Adem Altan)
    Besorgt äußern sich verschiedene Politiker der Koalition über die Entwicklung in der Türkei. Johannes Kahrs, der Chef des Seeheimer Kreises in der SPD, geht einen Schritt weiter. Er kritisiert den Kurs der Bundesregierung. "Erdogan kann machen was er will, Merkel macht mit – schade", so zitiert ihn die Welt am Sonntag.
    Andere Koalitionspolitiker gehen auf größere Distanz zu Ankara. Wir sollten nicht mehr davon sprechen, dass die Türkei der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise sei, sagt Norbert Röttgen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag präzisiert, das maßgeblich von Ahmet Davutoglu gestaltete EU-Türkei-Abkommen könne ein Baustein für eine Lösung werden. Das funktioniere aber nur, wenn sich die Türkei auch nach Davutoglus Abgang an das Vereinbarte halte.
    Einreiseerleichterungen in die EU und türkische Anti-Terror-Gesetze
    Das Vereinbarte – das ist ein Paket gegenseitiger Zugeständnisse. Für die von der Türkei bisher als besonders wichtig bewerteten Einreiseerleichterungen in die EU gelten zusätzliche Bedingungen, unter anderem Änderungen bei den türkischen Anti-Terror-Gesetzen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitag klargemacht, dass er die nicht will. "Wir gehen unseren Weg, geh Du Deinen Weg", hatte er an die Adresse der EU gesagt. Seitdem hält sich die Bundesregierung bedeckt.
    Seit Freitag verweist sie lediglich auf die EU-Kommission als Verhandlungspartner der Türkei. Die habe klar kommuniziert, welche Voraussetzungen für die Visa-Liberalisierung noch zu erfüllen seien, heißt es in dem kurzen Zitat einer Sprecherin. Die Kommission werde die notwendigen Gespräche führen. Allerdings setzen Koalitionspolitiker unterschiedliche Akzente bei der Frage, unter welchen Vorzeichen solche Gespräche geführt werden sollen.
    Der CDU-Politiker Norbert Röttgen hatte bereits gestern gegenüber dem Deutschlandradio betont, ohne Änderung bei den Anti-Terror-Gesetzen gebe es keine Liberalisierung. Auch Gerda Hasselfeldt dringt darauf, dass die Bedingungen eins zu eins erfüllt werden. Die Kriterien der Visa-Freiheit seien weder verhandelbar noch beliebig interpretierbar.
    Brok mahnt zur Zurückhaltung gegenüber Ankara
    Einen deutlich anderen Ton schlägt Elmar Brok an. Der CDU-Politiker, Leiter des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlaments, mahnt zu Zurückhaltung gegenüber Ankara.
    "Wir sollten sehen, dass wir nicht in diesen ersten Tagen nach diesem entschiedenen Machtkampf jedes Wort auf die Waagschale legen sollen."
    Die EU dringe in Zusammenhang mit den Einreiseerleichterungen in eigenem Interesse auf Änderung der Anti-Terror-Gesetze. Das Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung dürfe nicht dazu führen, dass es neue Fluchtbewegungen aus der Türkei selbst gebe. Die EU müsse deshalb genau untersuchen, was gerade dafür wichtig sei.
    "Bei der Visa-Gesetzgebung geht es darum, dass nichts passieren darf, das für uns Schwierigkeiten bringt. Das ist die Frage, nicht die Frage der inneren Situation der Türkei, die in vielen Punkten erheblich kritikwürdig ist. Aber die Situation ist auch in vielen Ländern kritikwürdig, mit denen wir auch Verhandlungen führen und Zusammenarbeit machen. Von China bis zu anderen Ländern hin."
    Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Sicherheit der EU nicht leide und dass die Vereinbarung nicht dazu genutzt werden, gegen Journalisten in der Türkei vorzugehen. Auch der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament warnt in der "FAZ" davor, die Backen gegenüber Ankara zu weit aufzublasen. Knut Fleckenstein warnt aber – auch er mit Blick auf mögliche neue Flüchtlinge – die innere Verfasstheit der Türkei dürfe nicht ausgeblendet werden. Wenn die Türkei ihre Gesetze nicht ändere, wenn Journalisten weiter verhaftet und kurdische Abgeordnete ihrer Immunität beraubt würden, würden die Sozialdemokraten der Visa-Liberalisierung nicht zustimmen.
    Aus der Kommission selbst will die Zeitung offenbar von Bereitschaft zu Zugeständnissen gehört haben. Die Türkei werde nicht zu weitreichenden Gesetzesänderungen bereit sein, mutmaßt eine nicht näher genannte Quelle. Die fortfährt: Darüber solle man im Zuge der Beitrittsverhandlungen reden, nicht im Rahmen der Visa-Liberalisierung.