Der Vormittag beginnt für die Anhänger des Likud in Israel mit der Gewissheit, dass es Regierungschef Netanjahu ein weiteres Mal geschafft hat. Das Umfragen und Journalisten Netanjahu vor der Wahl fast schon abgeschrieben hatten, macht den Erfolg nur umso größer. Minister Juval Steinitz hat für den Likud die Aufgabe, die Ereignisse der Nacht im Radiosender Reshet Bet einzuordnen:
"Ein sehr großer Sieg. Ein enormer persönlicher Sieg von Ministerpräsident Netanjahu – nicht nur gegen die Presse, sondern gegen die ganze Welt, alle und jeden, der gegen uns war. Ein großer Sieg für die israelische Demokratie, für das Volk Israel, das ab einem bestimmten Punkt Nein sagte zur Gehirnwäsche und Likud gewählt hat."
Netanjahu kommt nach Auszählung vorläufig aller Stimmen auf 30 Sitze im Parlament. Sein Herausforderer Herzog liegt mit 24 Sitzen zurück. Herzog räumte seine Niederlage in einem Telefonat mit Regierungschef Netanjahu am Vormittag ein:
"Ich habe Ministerpräsident Netanyahu zu seiner Leistung gratuliert und ihm Erfolg gewünscht. Aber den Bürgern Israels muss klar sein: Die Herausforderungen bleiben dieselben, die Probleme sind dieselben - nichts hat sich geändert. Daher werden ich und Zippi Livni das zionistische Lager weiterführen mit Kraft und Geschick, als Alternative in jeder Hinsicht."
Herausforderer Herzog steht nicht zur Verfügung für eine Koalition
Das heißt, Herzog steht nicht zur Verfügung für eine Koalition mit Netanjahu, eine Regierung der nationalen Einheit, über die in der Nacht spekuliert worden war, die jedoch bei Wählern und Politikern unbeliebt ist. Stattdessen wird das Bündnis Zionistische Union voraussichtlich in der Opposition bleiben, sagt die Abgeordnete der Arbeitspartei, Shelly Yachimovitsch:
"Er hat mir gesagt, dass es selbstverständlich ist, dass wir in die Opposition gehen. Sehen wir der Wahrheit ins Auge - das ist wirklich eine Enttäuschung und eine Seelenpein. Vor allem, weil es wirklich das Gefühl gab, dass wir es schaffen können, die Regierung abzulösen. Nicht aus einem Gefühl der Macht heraus, sondern aus dem echten Wunsch heraus, hier eine Regierung zu bilden, die normal ist. "
Noch eine Wahlliste kann ihren Einzug ins Parlament nicht wirklich genießen: Die arabischen Abgeordneten und Kommunisten der Vereinten Liste sind zwar nicht an der Prozenthürde gescheitert, weil sie sich zusammengetan haben. Das Ziel eines Machtwechsels haben sie aber nicht erreicht. Der Spitzenkandidat Ayman Udeh räumt ein:
"Ich kann einen großen Erfolg für die arabischen Bürger des Staates verzeichnen, gemeinsam mit vielen jüdischen demokratischen Stimmen. Ich denke, dass unsere Bevölkerung trotz aller Ausgrenzung, trotz aller Versuche sie zu de-legitimieren, die Einflussnahme, das Bürgerrecht gewählt hat. Aber zu meinem großen Leidwesen hat die jüdische Öffentlichkeit sich für die Verzweiflung entschieden, und das tut wirklich weh."
Udeh fürchtet, dass palästinensische Wähler fragen, welchen Unterschied ihre Stimmabgabe in Israel macht. Womöglich bleiben sie bei einer nächsten Abstimmung noch stärker den Wahlurnen fern.